Testbericht

Palm Treo 750v

19.10.2006 von Redaktion connect und Bernd Theiss

Wenn Konkurrenten zu Kooperationspartnern werden, ist ein kritischer Blick wichtiger denn je. Bringt Windows Mobile auf dem Palm Treo 750v dem PDA-Phone-Markt Impulse oder geht da ein Stück Abwechslung verloren?

ca. 4:30 Min
Testbericht
Palm Treo 750v
Palm Treo 750v
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Palm-Treo-750v - Seite
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Liegen der alte Treo 650 und sein neuer Bruder Treo 750v nebeneinander, so sind ihre Familienbande klar zu erkennen. Und doch wirkt der Vorgänger deutlich globiger, kantiger, schlicht altmodischer. Klar, der Verzicht auf den Antennenstummel, der sich gerne mal im Futteral der Jacket-Tasche verhakte, ist schon der erste Schritt in die optische Moderne. Obwohl er auch Befürchtungen weckt, schließlich hat Palm mit dem Stummel-Gerät eines der empfangsstärksten PDA-Phones auf den Markt gebracht, doch dazu später mehr.

Optisch jedenfalls wirkt der Treo 750v deutlich schlanker, was einen Kollegen sogar vermuten ließ, er habe eine kleinere Tastatur. Doch die Kontrolle der Maße zeigt, dass hier dem Auge weniger vorgegaukelt wird als wirklich vorhanden ist. Von der Antenne und kleinen Abrundungen oben und unten abgesehen sind die Gehäuse auf den Millimeter gleich groß.

Das geht in Ordnung, schließlich gehörte schon der Treo 650 zu den vergleichsweise handlichen PDA-Phones, da war keine Schlankheitskur nötig. Wobei der Treo 750v beim Gewicht sogar fast 20 Gramm abgespeckt hat, ohne dadurch auch nur eine Spur unsolider zu wirken. Ganz im Gegenteil, die neue dunkelblaue Oberfläche macht einen griffigeren, angenehmeren Eindruck, die Haptik ist deutlich besser. Auch die Tastatur kann die hohen, an Palm gestellten Anforderungen erfüllen, die nach vorn gewölbten Tasten lassen sich auch mit dickeren Fingern gut bedienen, das Keyboard sollte anderen Herstellern ein Vorbild sein.

Guter Kompromiss zwischen Handy und PDA

Heute-Bildschirm
Auf einen Schlag: Der von Palm-OS-Geräten übernommene Heute-Bildschirm bietet die am häufigsten genutzten Features im direkten Zugriff.
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Nicht gar zu lange Texte lassen sich mit dem Treo 750v also recht mühelos tippen - egal ob sie in einem Word-Dokument, einer E-Mail, einer MMS oder einer SMS landen. Sonderzeichen und Zahlen sind als Zweitbelegung auf das kontraststarke und klar beschriftete Keyboard gedruckt, das bei Bedienung sogar hinterleuchtet ist. Der Zahlenblock ist dabei mit silbernen Tasten und schwarzer Beschriftung gegenüber den anderen Buttons mit Silber auf Schwarz abgesetzt, was zusammen mit Annahme- und Auflegeknopf die Handybedienung in die gewohnten Bahnen lenkt. Hier fühlt sich der PDA-Phone-Einsteiger sofort zu Hause, der Routinier zollt dem durchdachten Konzept Respekt.

Ebenfalls vorbildlich: Die Lautstärke lässt sich getrennt nach Telefon und PDA durch zwei Buttons seitlich am Gerät einstellen, die schnelle Stummschaltung inklusive Aktivierung des Vibrationsalarms übernimmt ein Schiebeschalter.

Zur Navigation durch die Menüs dienen zwei Softkeys, eine Windows- und eine OK-Taste sowie die obligatorische Fünf-Wege-Navi-Taste. Mit dieser Kombination ist unter Windows Mobile zwar nicht jede Bedienoption ansteuerbar, im alltäglichen Gebrauch kann man auf den Touchscreen mit Stylus jedoch gut verzichten. So verlieren Situationen, in denen man nur eine Hand frei hat, den Schrecken, den sie für manch anderen PDA-Phone-Nutzer haben.

Für Microsoft dürfte sich die Zusammenarbeit mit dem Ex-Konkurrenten auszahlen, Palms Integration von Windows Mobile in ein handliches und dennoch gut zu bedienendes PDA-Phone dürfte auf lange Sicht anderen Herstellern wichtige Anregungen bieten.

Licht und Schatten beim Funk

Rückseite
Feeling Blue: Die blaue Oberflächen-Beschichtung des Palm Treo 750v fühlt sich samtig gummiert an und macht einen deutlich wertigeren Eindruck als das Silber des Vorgängers.
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Doch vom Treo 650 ist dieser Bedienkomfort seit langem bekannt, was also sollte Nutzer des alten Smartphones zum Umstieg bewegen? Ganz oben auf der Liste der Neuerungen beim Treo 750v steht der schnelle Datenübertragungsstandard UMTS, den das Quadband-GSM-Phone zusätzlich bietet. Schnellem E-Mail und Webseiten-Transfer sind damit Tür und Tor geöffnet, wenngleich HSDPA noch bis zu einem von Palm in der nicht genauer spezifizierten Zukunft versprochenen Update außen vor bleibt. Doch der Einstieg in die Moderne hat seinen Preis - ob es mehr am Einsatz eines UMTS-fähigen Mobilfunkteils oder am Verzicht auf den Antennenstummel liegt, enzieht sich unserer Kenntnis.

Unser Labor jedenfalls attestierte dem Treo 750v in allen Bereichen eher mäßige Sende- und Empfangseigenschaften, während der Treo 650 im D- und E-Netz noch glänzen konnte. Das führt zu herbem Punktverlust, der auch durch die etwas verbesserten und insgesamt guten Akustikeigenschaften nicht ausgeglichen werden kann.

Während Bluetooth zur Kopplung mit PCs, anderen Handys, Freisprecheinrichtungen und sogar Stereo-Kopfhörern unterstützt wird, verzichtet Palm auch beim Treo 750v auf WLAN; wobei dies bei einem UMTS-Phone natürlich weit weniger schmerzt als bei dem GSM-Vorgänger. Palm begründet diesen Verzicht mit dem Hinweis, dass mit WLAN-Nutzung keine angemessenen Betriebszeiten zu  erreichen sind - was viele engagierte PDA-Phone-Nutzer, die sich von einem kostenfreien WLAN-Zugang zu einer ausgedehnten Surf-Session verleiten ließen, nur bestätigen können. Beim Treo 750v besteht diese Gefahr nicht, in der im fest definierten Anwendungs-Mix aus Telefon und PDA-Nutzung erzielten Ausdauer von knapp elf Stunden liegt er fast auf dem Niveau seines Vorgängers.

Weniger Speed, aber mehr Speicher

Beim Synchronisieren und mehr noch beim Suchen in großen Datenbeständen macht sich der Unterschied Windows Mobile 5.0 versus Palm OS 5.4 jedoch deutlich bemerkbar, hier ist der Neuling spürbar langsamer. Den Hauptkritikpunkt seines Vorgängers hat er dagegen gründlich ausgemerzt: Mit rund 60 Megabyte nutzbarem Arbeitssspeicher bietet er eine solide Basis, die bei Bedarf über Mini-SD-Cards erweitert werden kann. Abstriche muss der Käufer hingegen beim Display machen. Während Helligkeit und Kontrast auf höchstem Niveau liegen, ist die Auflösung von 240 x 240 Pixeln für Web und Office dürftig.

Gute Anpassung der Software

Heute-Bildschirm
Unpassende Gelegenheit: Wer gerade nicht sprechen kann und trotzdem von sich hören lassen möchte, antwortet direkt per persönlicher SMS-Textnachricht.
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Praktisch ist das Heute-Menü, das Palm Windows Mobile in Eigenregie verpasst hat. Neben der Anzeige von Geräte-Statusinformationen und dem Wichtigsten aus dem persönlichen Informationsmanagement finden sich hier Suchzeilen zum schnellen Auffinden von Kontaktdaten und zur Internet-Recherche über Googles Suchmaschine für PDAs. Ergänzen lässt sich das Ganze mit einer Bilderliste, über die sich oft geforderte Gesprächspartner per Knopfdruck erreichen lassen. Damit bietet das Heute-Menü die am häufigsten benötigten Funktionen im direkten Zugriff, der Treo wird dem Anspruch, persönlicher Assistent zu sein, bestens gerecht.

Dazu gehört natürlich auch, dass sich gängige Push-E-Mail-Lösungen mit dem Treo 750v im Vodafone-Netz nutzen lassen. Für kleine Firmen und Privatleute interesssant ist der Blackberry-Push-Mail-Dienst, bei dem der Server-Dienst von Vodafone gegen Gebühr zur Verfügung gestellt wird. Firmen, die Microsoft-Exchange-2003-Server betreiben,  können selbst E-Mails pushen, die übertragenen Daten lassen sich dabei bis 100 MB per Flatrate abrechnen.

Fazit

Wer auf exzellente Funkeigenschaften weniger Wert legt als auf problemlose und bei häufig genutzten Features schnelle Bedienung, bekommt mit dem Palm Treo 750v ein PDA-Phone, das PDA und Phone gekonnt verknüpft. Hier zeigt Palm trotz vom ehemaligen Konkurrenten Microsoft übernommenem Betriebssystem Eigenständigkeit, die sich in durchdachten, praxisgerechten Lösungen äußert.

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