Sennheiser Momentum Sport im Test

Preise und Marktüberblick

Die Sennheiser Momentum Sport sind im April 2024 mit einer UPV von 330 Euro auf den Markt gekommen, aktuell verkauft der Hersteller sie für270 Euro. Damit gehören sie immer noch zu den teuersten Sportkopfhörern auf dem Markt, die sogar das Flaggschiff von Sennheiser, die Momentum True Wireless 4 (MTW4) übertreffen (245 Euro, 455 Punkte im connect-Test). Jabras Elite 8 Gen 2 (454 Punkte im connect-Test) gibt es bereits für 230 Euro, allerdings haben diese keinen Puls- oder Temperatursensor. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal der Momentum Sport, genauso wie der hohe Preis. Die meisten Sportkopfhörer sind deutlich günstiger (etwa die Sennheiser Sport True Wireless für 105 Euro) und/oder kommen mit Ohrenbügeln (JLAB Epic Air Sport ANC für 100 Euro), die zwar für einen festen Halt sorgen, aber unpraktisch sind und optisch auffallen.

Flaches Case und fester Sitz

Bei den Momentum Sport ist es Sennheiser gelungen, einen unauffällig-dezenten Look und einen absolut festen Halt im Ohr zu kombinieren. Die gerundeten, fast kugelförmigen Earbuds sitzen genauso fest wie Ohrenbügel-In-Ears. Dafür sorgt das Design mit Finnen aus Kunststoff, die über ein umlaufendes Gummiband am Earbud fixiert werden. Sennheiser liefert 3 unterschiedliche Größen mit, sodass man den Sitz gut anpassen kann. Ein vierter Satz besteht nur aus den Gummibändern - man kann die Momentum Sport also auch ohne Finnen tragen, wie normale In-Ears.

Die Earbuds sind mit jeweils 6,5 Gramm minimal schwerer als der Durchschnitt (Sennheiser MTW4: 6 Gramm, Samsung Galaxy Buds 3 Pro: 11 Gramm). Den Tragekomfort empfanden wir anfangs als sehr gut, für eine Joggingrunde oder den Workout im Fitnessstudio sind sie optimal geeignet. Allerdings hatten wir bei längerem Tragen (> 2 Stunden) Druckgefühle im Bereich der Ohrmuschel, sodass wir die Earbuds nicht für längere Musiksessions empfehlen möchten. Ein weiterer Kritikpunkt ist die IP-Zertifizierung von IP55, die die Earbuds als schweißresistent ausweist. Damit sind die Earbuds nicht so robust wie andere Modelle: Sowohl Jabras Elite 8 Gen 2 als auch Samsungs Top-Modell Galaxy Buds 3 Pro (445 Punkte im connect-Test) sind wasserfest nach IP68 und vertragen somit auch einen Untertaucher.

Auch das Case hinterlässt einen durchwachsenen Eindruck. Die flache Bauform ist viel praktischer als beim Flaggschiff Momentum True Wireless 4, anstandslos gleiten die Momentum Sport in Hemd- oder Hosentaschen, der glatte Kunststoff ist haptisch gelungen und vor allem zweckmäßig, genauso wie die Zertifizierung IP54, die das Case als spritzwasserfest ausweist. Es lässt sich per Qi kabellos aufladen, was ein weiterer Pluspunkt ist. Aber Abzüge gibt es für den Deckel, der nicht per Scharnier mit dem Case verbunden ist, sondern über ein labberiges Kunststoffband. Er hat viel Spiel und wackelt gerne, was nicht zum hohen Preis passt.

Puls- und Temperaturmessung

Die Sensoren für die Puls- und Temperaturmessung sind im linken Earbud untergebracht. Sobald man ihn anlegt, werden Temperatur und Puls in der Sennheiser-App angezeigt, allerdings erfolgt keine Auswertung oder weitergehende Analyse.

Dafür arbeitet Sennheiser vielmehr mit dem Fitness-Spezialisten Polar zusammen, eine Verknüpfung zur App "Polar Flow" ist hinterlegt. Hier wird der Momentum Sport als externer Sensor erkannt und die Daten fließen in die App ein. Dabei handelt es sich um eine vollwertige Trainings-App mit Leistungsverfolgung, Trainingsanalysen, intelligentem Coaching und Sprachführung.

Man kann die Daten auch auf anderen Apps oder Sportgeräten ausgeben, wer etwa beim Training kein Smartphone trägt, kann sie auf einem stationären Fitnessgerät ausgeben (Sennheiser nennt Apple Watch/Health, Garmin Watch/Connect, Strava und Peloton). Die Präzision ist nicht mit einem Brustgurt vergleichbar, aber auf dem Niveau einer guten Smartwatch. Die Temperaturmessung war ebenfalls sehr genau - die Momentum Sport können also als Ersatz für ein Fieberthermometer herhalten.

Bedienung und App sind sind gelungen

Die Bedienung über die touch-sensitiven Außenflächen ist komfortabel und präzise - wenn man frühe Tests liest, gab es hier anfangs Probleme, die aber mit einem frühen Firmware-Upgrade offensichtlich ausgeräumt wurden. Wir haben jedenfalls nichts zu beanstanden, zumal sich die Touch-Empfindlichkeit in drei Stufen spürbar anpassen lässt. Fehleingaben treten zwar auf, aber diese sind der Bauform geschuldet: Wenn man den Sitz im Ohr korrigieren möchte, berührt man schnell die Touchfläche und produziert eine Fehleingabe. Stielförmige Earbuds haben hier einen Vorteil.

Auch Dreifachtipper werden gut erkannt. Über die Sennheiser Smart Control App kann man die Shortcuts neu zuordnen. Die moderne und sehr klare Optik der Oberfläche gefällt - Sennheiser hat hier einen wirklich guten Job gemacht. Ein Lob verdienen auch die umfangreichen Equalizer-Einstellungen: Mit dem Feature "Sound Check" kann man spielerisch, über das Anhören der eigenen Musik, individuell abgestimmte Equalizer-Presets finden, mit dem Feature "Soundzonen" kann man diese Presets mit bestimmten Orten verknüpfen. Für beide Funktionen ist allerdings ein Benutzerkonto bei Sennheiser erforderlich.

Connectivity mit vielen Lücken

Bei der Connectivity gibt es viele Leerstellen, was angesichts der UVP und des Schwestermodells MTW4 eine Überraschung ist. Kein Bluetooth 5.4, sondern nur 5.2, kein LE, kein Auracast und kein 3D Audio. Es gibt aber Lichtblicke: Weil Sennheiser eng mit Qualcomm zusammenarbeitet und auf deren Sound-Plattform Snapdragon Sound setzt, wird aptX Adaptive (und damit auch aptX HD) unterstützt. Auch Multipoint ist mit an Bord, das heißt, man kann die In-Ears mit mehreren Geräten gleichzeitig verbinden. Trotzdem: Für 300-Euro-In-Ears bietet Sennheiser zu wenig.

Soundqualität: Nicht typisch Sennheiser

Auch bei der Soundqualität liefert Sennheiser nicht so, wie wir es erwartet haben. In der Grundeinstellung ist der Klang zu dick und mittenbetont, es fehlt Bass und auch die Klarheit in den Höhen, was eigentlich ein Markenzeichen von Sennheiser ist. Über den Equalizer lässt sich einiges korrigieren, wenn man hier die unteren Mitten und die Mitten reduziert, lässt sich ein sauberer, kraftvoller und musikalischer Klang bewerkstelligen. Aber die Präzision der Momentum True Wireless 4 wird nicht erreicht. Liegt es daran, dass Sennheiser auf neu entwickelte 10-Millimeter-Treiber setzt? Wir sehen hier jedenfalls noch Justierungsbedarf.

ANC und Transparenz

Die Geräuschunterdrückung arbeitet dreistufig adaptiv, zudem kann man die Intensität manuell über die App regeln. In der Spitze werden fast 40 dB neutralisiert, der gemittelte Wert beträgt 21 dB - das ist sehr gutes Niveau, aber nicht die absolute Spitzenklasse, die Top-Modelle von Sony und Jabra schaffen noch ein bisschen mehr. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Transparenzmodus, weil er niedrigfrequente Geräusche (30 Hz - 1,5 kHz) nicht nur durchleitet sondern breitbandig verstärkt und damit wie ein Hörgerät arbeitet - im Alltag klingt das zunächst befremdlich. Wer sich damit nicht anfreunden kann, kann die Stärke der Transparenz in der App stufenlos runterregeln.

Akustik beim Telefonieren für In-Ears sehr gut

Die Akustik beim Telefonieren hat uns positiv überrascht, die eigene Stimme wird mit den Momentum Sport klar und natürlich übertragen, der Gesprächspartner kommt mit einer ähnlichen Qualität im eigenen Ohr an. Dabei arbeitet die Geräuschunterdrückung auf einem für In-Ears guten Niveau. Hier zeigen sich die In-Ears von ihrer besten Seite und überflügeln sogar die MTW4.

Akkulaufzeit geht in Ordnung

Die Akkulaufzeit reicht mit 6:30 Stunden (mit aktiviertem ANC) locker für einen Marathon. Aber: Jabras Sport-Kopfhörer Elite 8 Gen 2 schaffen mit 8 Stunden anderthalb Stunden mehr. Sennheiser bewegt sich mit der Akkulaufzeit nur im guten Mittelfeld. Zur weiteren Einordung: 6:30h sind eine halbe Stunde weniger als die MTW 4 und eine Stunde weniger als Sonys XM5.

Über das Case kann man fünf bis sechs mal nachladen.

Fazit: Premium-Sport-Kopfhörer mit klarem Fokus

Sennheisers Momentum Sport sind teure In-Ears für eine eng umrissene Zielgruppe. Für Sportbegeisterte ist der feste Sitz im Ohr elementar und hier gehören sie klar zum besten, was der Markt hergibt. Die Puls- und Temperaturmessung ist ebenfalls ein starkes Alleinstellungsmerkmal, zumal über Polar eine Auswertung auf Profi-Niveau gesichert ist. Für den Alltag sind die Momentum Sport dagegen nicht optimal geeignet: Nach längerem Tragen entstehen Druckgefühle im Ohr und auch klanglich wird nicht die gleiche Feinkost geboten, die andere Sennheiser-Produkte auszeichnet. Die Momentum True Wireless 4 sind das alltagstauglichere Modell und noch dazu günstiger.