Testbericht
Vollverstärker Octave V 40 SE
Hat Octave mit dem V 40 SE (4100 Euro) den legendären V 40 von Heft 12/02 nur verbessert, oder steuern die Badener ganz neue Klangsphären an?
- Vollverstärker Octave V 40 SE
- stereoplay Interview mit Andreas Hofmann
- Datenblatt


Normaler Weise neigt der Octave-Chef Andreas Hofmann zu Ernst und Zurückhaltung. Doch bei der Übergabe des V 40 SE huschte dem Karlsbader doch ein stolzes Lächeln übers Gesicht. Und er gesteht: "Es hat mich selbst überrascht, was ich aus dem eigentlich minimalistischen Konzept des V 40 noch alles herauskitzeln konnte."
Konzept bedeutet, dass die Eingangssignale nach wie vor erst einmal auf das Lautstärkepotentiometer und dann auf ICs stoßen, die zum einen schon etwas Verstärkung übernehmen und zum anderen den folgenden Dreipol-Röhren (ECC 83 mit zwei Systemen in einem Glaskolben) konstante Arbeitsbedingungen gewähren. Nach der weiteren Anhebung strömt die Musik schon zu einer Doppeltriode ECC 82 (etwas stromkräftiger als die 83). Sie stellt bereits die passende Gegentakt-Ansteuerung für die entsprechend aufgestellten Endröhren her, indem sie jeweils über ihre Minus- und Plus-Elektrode (Kathode und Anode) gleiche Spannungen mit umgekehrter Auslenkung entlässt.

Liefert Octave den V 40 SE für 4100 Euro wie das Testmuster mit vier edlen 6550 von Svetlana aus, gibt es für 300 Euro weniger auch eine Sparversion mit den nicht ganz so kräftigen EL 34. Der Hersteller erlaubt ausdrücklich auch Experimente mit anderen sockelgleichen Leistungsröhren, etwa mit 6L6, KT 88, KT 90, KT100 und anderen. Extra deshalb bringt der V 40 SE nicht nur die Möglichkeit mit, die Ruheströme über rote, gelbe und grüne Leuchtdioden auf eher diesen oder jenen Farbwechsel einzustellen.
Der Wechseloption zu Liebe laufen die Ausgangsstufen auch mit reiner relativ geringen, stabilisierten Schirmgitterspannung von 250 Volt. Mit dem relativ geringen Potential (andere Hersteller gehen bis zu 400 Volt) beschleunigt diese Zusatzelektrode den Umsatz der negativ geladenen Elektronen nicht so sehr, was weniger Verstärkung bedingt. Andererseits besteht Gewähr, dass es nach dem Einstecken dieser oder jener Röhren nicht plötzlich blitzt und kracht.

Wie schon der V 40 besitzt auch der SE edle Trafos mit PMZ-Kern, der die Bewicklung fast vollständig umfasst (10/07), und eine besonders sichere Aufbereitung der Anoden-Hochspannung in zwei Hälften. Zu deren Säuberung nahm Hofmann nun aber keine fernöstliche Ware, sondern Siemens/Epcos-Elkos, mithin das Feinste vom Feinen her. Auch bei den direkt an den Röhren fungierenden Kondensatoren baute er deutlich höherkapazitive und verlustärmere, unter anderem (bei den Kathoden der Treiber) auch sündhaft teure Profi-Tantaltypen ein. Zu alledem knobelte er ein neues Platinen-Layout aus. Summa summarum führte dies im Vergleich zum V 40 zu weniger Klirr, was Hofmann gestattete, beim SE jetzt noch weniger Über-alles-Gegenkopplung einzusetzen. Das führt nach seiner Meinung (siehe Interview) zu noch günstigeren Klangeigenschaften.

Im Hörraum klang der neue Octave in der Tat klarer. So erschien etwa Sandra Wollaschs Stimme von der CD "So Together" (Herzog Records) über den prall-wogenden Bässen deutlich feiner nuanciert, beseelter und lebendiger. Die Befürchtung, dass bei so gnadenloser Offenheit Schärfen auftreten könnten, erwies sich bald als unbegründet.
Ganz im Gegenteil, vor allem bei "Let Me Out" formte Sandra S-Laute noch behutsamer, das englische "th" eher sanfter, das "d" mit noch weicherem, echterem Zungenschlag. Beim Oldie lag vergleichsweise immer ein Schleier über all diesen Feinheiten - ein hauchdünner zwar, aber eben ein Schleier.
Der V 40 SE wirkte nicht nur bei Stimmen feiner, er packte auch die einzelnen E-Piano-Töne zartfühlender, quasi mit Samthandschuhen an - sodass sie wie kleine leuchtende Sterne noch intensiver und schöner funkeln durften.

Bei Klassik, etwa beim zweiten Klavierkonzert von Johannes Brahms (Royal Philharmonic Orchestra, Telarc-CD) stellte der SE die zarten Geigen behutsam und nicht zu weit im Hintergrund auf, während der Altgediente sie fast gewaltsam in den Hintergrund drückte.
Bei welcher Musik auch immer, der V 40 und auch der stärkere V 70 (Test 1/04) versuchten dem Hörer eher ein angenehmes Gesamtpaket zu servieren; der neue kümmerte sich dafür viel mehr um die einzelnen Klangkomponenten. Insofern hat der V 40 SE klar einen Sprung um stolze zwei Punkte nach oben geschafft.