Gaming-Smartphones im Test

Lenovo Legion Duel 2 vs. Asus ROG Phone 5

29.6.2021 von Andreas Seeger

Asus und Lenovo haben mit ROG Phone 5 und Legion Duel 2 spezielle Gaming-Smartphones im Programm. Die spielen auf dem Markt eine Nischenrolle, werfen aber ein Schlaglicht auf einen Trend: Mobile Gaming boomt.

ca. 7:25 Min
Vergleich
VG Wort Pixel
Aufmacher-Gaming-Handys
Kleiner Bildschirm, fummelige Touchscreen-Steuerung: Gegenüber Konsole oder PC ist das Smartphone im Nachteil.
© Asus

Pro

  • besonderes Design, völlig auf das Thema Gaming ausgerichtet
  • spezielle Gaming-Tasten und zweiter USB-C-Anschluss
  • schnelles Display mit 144 Hertz
  • herausragende Performance bei geringer Überhitzungsgefahr
  • besondere Systemoberfläche mit Gaming-Extras
  • herausragende Akkulaufzeit
  • 65-Watt-Netzteil mitgeliefert

Contra

  • außerordentlich groß und schwer
  • kein kabelloses Aufladen
  • keine microSD
  • kein IP-Schutz
  • Funkeigenschaften durchwachsen
  • Lüftergeräusch nervt (Lenovo Legion Phone Duel 2)

Fazit

Das connect-Testurteil des Asus ROG Phone 5: gut (407 von 500 Punkten); Das connect-Testurteil des Lenovo Legion Phone Duel 2: gut (405 von 500 Punkten)

Der Hype um die neue Podcasting-App Clubhouse ist längst wieder abgeflaut, aber eine Episode ist in Erinnerung geblieben: Wie der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow sich Ende Januar 2021 in einem Clubhouse-Talk um Kopf und Kragen redete, Merkel als „Merkelchen“ bezeichnete und freimütig zugab, während der Corona-Ministerpräsidentenkonferenzen auch mal Candy Crush zu spielen und dabei bis zu zehn Level zu schaffen. Diese Anekdote hat viele Facetten, von denen im Kontext dieses Artikels aber nur eine interessiert: Ja, sogar ein vielbeschäftigter Ministerpräsident vertreibt sich die Zeit mit einem Smartphone-Spiel.

Auch wenn kaum jemand darüber spricht: Gaming ist ein Massenphänomen und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom vom August 2020 spielt jeder zweite Deutsche (46 Prozent) mindestens gelegentlich, und von diesen Gamern zockt die überwältigende Mehrheit (81 Prozent) auch mit dem Smartphone. Das Smartphone, so ein weiterer Befund der Umfrage, wird besonders oft zum Spielen verwendet. Zwei Drittel (65 Prozent) spielen täglich damit, jeder Fünfte (21 Prozent) sogar länger als zwei Stunden pro Tag. Am meisten werden Casual Games gespielt, Gelegenheitsspiele für Zwischendurch.

Neben Candy Crush gehören Angry Birds und Solitaire zu den berühmtesten. Diese Spiele haben auch den Vorteil, dass sie grafisch nicht anspruchsvoll sind und somit keine hohen Anforderungen an die Hardware stellen – selbst ein 200-Euro-Einsteigermodell kommt dabei nicht ins Schwitzen. Ganz anders sieht es bei Actionspielen und Ego-Shootern aus, die laut Bitkom auf dem zweiten Platz der meistgespielten Spiele liegen, bei den 16-29-Jährigen sogar mit Abstand an der Spitze stehen.

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Das Legion 2 hat auch einen Turbo Charger.
© Lenovo

Wer hier mit den besten Grafikeinstellungen spielen möchte, benötigt ein Highend-Smartphone, das nicht älter als zwei Jahre sein sollte. Und selbst auf diesem Highend-Niveau hinkt das Smartphone einer Konsole oder dem hochgezüchteten PC meilenweit hinterher. Aber in dem Maße, in dem die Phones technisch besser werden, schrumpft auch der Abstand. Mobile Gaming boomt, und immer mehr Hersteller springen mit extra darauf zugeschnittenen Smartphones auf den Zug auf.

Zu den Trendsettern gehören mit Asus und Lenovo zwei Unternehmen, die mit ihren Submarken ROG (Republic of Gamers) und Legion im PC-Gaming-Segment breit und klangvoll vertreten sind, im Smartphone-Markt (in Deutschland) aber nur Nischenrollen spielen. Das ist kein Zufall. Beide sind tief in der Gaming-Kultur verwurzelt und stehen nicht unter dem Zwang, mit ihren Phones den Massengeschmack bedienen zu müssen.

Sie haben die Erfahrung und gleichzeitig den Luxus der Freiheit, innovative Konzepte kompromisslos ausprobieren zu können. Die erste Generation des ROG Phone kam 2018 auf den Markt, die erste Generation des Legion Phone ist 2020 gestartet. Aber wenn so viele Menschen spielen: Warum stecken Gaming-Smartphones dann überhaupt noch in der Nische fest?

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Asus baut das Display nicht so eng an die Kante wie Samsung oder Oppo. Entschädigt wird der Nutzer mit frontseitig abstrahlenden Stereolautsprechern.
© Asus

Richtig dicke Brummer

Die Antwort hat man nach dem Erstkontakt sofort auf der Zunge, denn Smartphones, die so groß und schwer sind, können keine Kassenschlager werden. Die exzellente Haptik mit Glas und Aluminiumrahmen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Modelle so unhandlich sind, dass sie nur für eingefleischte Hardcore-Gamer als Daily Driver infrage kommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Gaming-Fokus mit zusätzlichen Tasten und Schnittstellen die IP-Zertifizierung erschwert – sowohl das ROG Phone 5 als auch das Legion 2 sind nicht wasserfest und sollten im Umgang mit Flüssigkeiten mit besonderer Vorsicht behandelt werden. Doch zurück zur Größe und zum Gewicht: Das Legion Phone 2 liegt mit 13 Millimetern an der dicksten Stelle in der Mitte und einem Gewicht, das in Richtung 300 Gramm tendiert, jenseits von Gut und Böse.

Es ist auch von beiden Modellen dasjenige, das gar kein klassisches Smartphone mehr sein will. Auf der Rückseite pulsiert das „Y“-Logo der Marke Legion, das sich über die Systemeinstellungen vielfältig mit Farben und Effekten anpassen lässt, darüber glänzt der Schriftzug metallisch, beides im Querformat ausgerichtet. Die Popup-Frontkamera fährt nicht auf der kurzen Seite „oben“ aus dem Rahmen, sondern mittig auf der linken Seite – der Oberseite, wenn man das Phone quer hält.

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Obwohl Lenovo die Frontkamera als Popup-Konstruktion seitlich im Rahmen einbaut, bleibt ein ähnlich breiter Rahmen wie bei Asus.
© Lenovo

Das Smartphone, eigentlich konzipiert als ein Gerät, das man hochkant in einer Hand hält, erfährt hier eine Neuausrichtung um 90 Grad. In beiden Modellen sind mehrere touchsensitive Buttons in Rahmen und Rückseite eingelassen (bei Asus vier, bei Lenovo sogar acht), die sich, an die Schultertasten eines Game Controllers angelehnt, nur mit den Zeigefingern vernünftig ansteuern lassen, wenn man das Smartphone quer hält.

Das Tüpfelchen auf dem i ist aber der zweite USB-C-Anschluss auf der langen linken Seite, also „oben“. Das hier eingesteckte Ladekabel stört die Hand nicht beim Spielen. Diese zweite Schnittstelle ist auch nützlich beim Anschluss an einen TV via USB-C-auf HDMI (DisplayPort wird unterstützt), beim Anschluss von USB-C-Kopfhörern oder von Zubehör.

Performance-Monster

Die Displays bieten eine gute Darstellungsqualität, ohne herauszuragen – Asus und Lenovo liegen hier im guten Mittelfeld. Beeindruckend ist aber die schiere Größe von 6,8 bzw. 6,9 Zoll, gepaart mit der hohen Wiederholrate von 144 Hertz – man hat das Gefühl, der Daumen würde am Bildschirm kleben, wenn man in Apps oder auf Webseiten scrollt. Genauso bombastisch ist die Soundkulisse. Beide Displays werden von frontseitig abstrahlenden Stereolautsprechern flankiert, die zum Besten gehören, was der Markt derzeit hergibt.

So voluminös und druckvoll haben wir bisher kaum ein Smartphone erlebt, dabei ist das Legion 2 sogar noch etwas lauter als das ROG Phone 5. Asus und Lenovo verkaufen ihre Gaming-Boliden in unterschiedlichen Konfigurationen. Das Legion 2 wird in zwei Speichergrößen angeboten: mit 12/256 GB für 799 Euro und mit 16/512 GB für 999 Euro – letztere Variante haben wir getestet. Bei Asus wird es schnell unübersichtlich, auf der Website sind sechs verschiedene Speichervarianten gelistet, zu Preisen zwischen 799 und 999 Euro.

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Ein performanter Chipsatz ist die Voraussetzung für ausgedehnte Gaming-Sessions. Dank raffinierter Fertigungstechnologien werden die Rechenkerne immer kleiner, effizienter und leistungsfähiger.
© Lenovo

Für den Test stand ein Modell mit 16/256 GB zur Verfügung, das 999 Euro kostet. In dieser Aufzählung noch gar nicht erwähnt haben wir das Spitzenmodell ROG Phone 5 Ultimate (1300 Euro), das zusätzlich ein kleines OLED in der Rückseite integriert hat und im Bundle mit einem ansteckbaren Lüfter (ROG Aero Active Cooler) verkauft wird. Neben dem Lüfter hat Asus eine überraschende Vielzahl an weiterem Zubehör für das Gaming-Phone im Portfolio, die Spanne reicht von diversen Backcovern im Cyberpunk-Stil über einen Ständer (ROG Clip) bis hin zu einem GamePad (ROG Kunai Gamepad 3).

So viel Zubehör können viele Hersteller nicht einmal für ihre Flaggschiffe aufbieten. Lenovo kann da nicht mithalten, mit dem Legion Game Dock wird lediglich eine HDMI-Docking Station mit Standfuß verkauft. Einen externen Lüfter hat Lenovo aber auch gar nicht nötig, denn das Legion 2 gehört zu jener Handvoll Smartphones auf diesem Planeten mit aktiver Kühlung.

Der Lüfter sitzt im dicken Mittelteil und fängt im Automatikmodus zu surren an, sobald eine bestimmte Temperatur überschritten wurde oder der Prozessor gefordert ist – wenn man einen Benchmark startet, startet er sofort, im Alltag dagegen bleibt es in der Regel still. Dass man den Lüfter im manuellen Modus auch deaktivieren kann, ist ein Segen, denn auf voller Leistung erreicht er eine Lautstärke, die man als störend bezeichnen kann.

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Das Asus ROG Phone 5 ist mit 239 Gramm nur etwas leichter als sein Konkurrent.
© Asus

Daher muss die Frage lauten: Ist der Nutzen so groß, dass man das Surren in Kauf nimmt? Es kommt darauf an, wie lange man spielt. Im direkten Vergleich mit dem Asus ROG Phone 5 und seiner passiven Kühlung lassen sich zumindest nach einem halbstündigen Benchmark-Belastungstest keine Vorteile erkennen. Weder bei Asus noch bei Lenovo kommt es zu einem Leistungsabfall aufgrund zu hoher thermischer Belastung, beide Smartphones laufen stabil auf hoher Leistung durch.

Die aktive Kühlung spielt ihre Vorteile erst aus, wenn die Umgebungstemperatur hoch ist, etwa an einem heißen Sommertag, oder wenn man mehrere Stunden durchzockt. Unabhängig von den thermischen Eigenschaften ist festzuhalten, dass beide Modelle aus Qualcomms Top-SoC Snapdragon 888 die höchste Leistung herauskitzeln – in Benchmarks wird praktisch jedes andere Smartphone übertroffen. Antutu meldetet beim Legion 2: „Dein Smartphone ist besser als 99 Prozent der Benutzer“, eine Bewertung, die wir bisher noch nicht gesehen haben.

Bombastische Akkulaufzeit

Auf beiden Smartphones findet man eine angepasste Oberfläche im Gaming-Stil und Android 11 als Unterbau. Herzstück der Software sind Gaming-Hubs (Legion Realm und Asus Armoury Crate), die mit ihrer Informations- und Einstellungstiefe weit über das hinausgehen, was man von normalen Smartphones kennt. Hier kann man die Gaming-Tasten konfigurieren, bekommt Infos zu Systemauslastung und Temperatur und kann diverse Hardware-Leistungsprofile aktivieren.

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Einzigartiges Smartphone-Design: Lenovo teilt den Akku und baut mittig einen aktiven Lüfter ein. Wenn der anspringt, wird es (zu) laut.
© Lenovo

Die Ähnlichkeiten sind nicht überraschend, wenn man den Gaming-Hintergrund der beiden Unternehmen kennt. Auch in puncto Ausstattung schenken sich die zwei Smartphones nichts, Connectivitiy und Performance lassen keine Wünsche offen. Wichtige Punkte der connect-Wertung bleiben jedoch auf der Strecke aufgrund des relativ schwachen Kamerasystems und einer niedrigen Ausgangsspannung am Audioausgang, bei Lenovo schlägt noch das Fehlen einer Klinkenbuchse ins Kontor. Hinzu kommt, dass das Legion 2 noch größer und schwerer ist als das Asus und daher in Sachen Handlichkeit mehr Federn lassen muss.

Asus enttäuscht mit durchwachsenen Funkeigenschaften – im LTE-Netz werden nur befriedigende Messwerte erreicht. Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen die Akkulaufzeit: rund 12 Stunden bei (dynamischen) 144 Hertz sind ebenso rekordverdächtig wie die Netzteile im Lieferkarton: Die 65-Watt-Stecker pumpen die riesigen Akkus in unter einer Stunde wieder voll auf. Bei Lenovo hat der Stecker sogar zwei Buchsen, sodass man weitere Geräte parallel aufladen kann. Das reicht aber nicht, um die Defizite auszugleichen, die die Ausrichtung auf Performance und Gaming mit sich bringen. Beide Phones sind zu groß und schwer für den Mainstream. Noch.

Fazit

Einen Sieger kennt dieser Vergleich nicht. Die Phones bewegen sich auf ähnlichem Niveau, wobei das Legion noch kompromissloser auf Gaming getrimmt ist. Mit den beiden Boliden ist es ein bisschen wie mit der Formel 1: Man schaut fasziniert zu, kann sich so etwas aber nicht im Straßenverkehr vorstellen.

Und aufseiten der Industrie nutzen die Ingenieure die extremen Rahmenbedingungen, um sich auszutoben und Innovationen zu entwickeln, die irgendwann in das Auto um die Ecke wandern. So geben Lenovo und Asus einen Ausblick auf das, was uns in den nächsten Jahren technisch erwarten wird: mehr Leistung, mehr Zubehör, höhere Bildwiederholraten und vor allem: mehr Gaming-Fokus. Ich bin mir sicher, dass wir ähnliche Phones künftig auch von Samsung oder Oppo sehen werden.

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