Festnetz- und DSL-Test 2015
Fazit
Fazit
Die connect-Redaktion hat die Auswertung der vierwöchigen Messungen ebenso gespannt wie die Netzbetreiber selbst erwartet - und war dieses Jahr ebenso überrascht. Bemerkenswert, dass sich 1&1 vor die etablierten Netzbetreiber setzen konnte. Doch auch Telekom und O2/Telefonica liefern erfreuliche Ergebnisse.

Vodafone und der zum gleichen Konzern gehörende Kabelanbieter Kabel Deutschland landen im Mittelfeld - offenbar sind Ausbau und Verbindung dieser beiden Netze immer noch nicht unter Dach und Fach. Etwas enttäuschend ist das Abschneiden von Unitymedia - im Vorjahr noch Platz zwei, dieses Mal auf den letzten Rang der bundesweiten Anbieter zurückgefallen. Bei den regionalen Anbietern erfreut vor allem das Ergebnis von EWE, auch die Leistungen von M-Net gehen in Ordnung.
Durchaus ausbaufähig ist die Performance von Net Cologne. Insgesamt scheinen die laufenden Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen bei vielen Anbietern Sand ins Getriebe zu bringen. Doch wirklich fertig ist ein Telekommunikationsnetz gemäß einer alten Branchenweisheit nie. Somit bleibt zu hoffen, dass die Festnetzleistungen im kommenden Jahr dennoch wieder anziehen werden.
So testen Connect und Zafaco
Den großen Festnetztest führt connect mit der langjährig bewährten Unterstützung der zafaco GmbH mit Sitz in Ismaning aus. Die zafaco GmbH hat jüngst auch den Zuschlag der Bundesnetzagentur für die Entwicklung und den dreijährigen Betrieb eines Endkundenmesssystems erhalten. Sie betreibt Testanschlüsse an insgesamt 36 Standorten - wobei nicht an jedem Standort jeder Provider oder jede Anschlusstechnik verfügbar ist. Dort nahmen automatisierte Testsysteme im Zeitraum vom 18. Mai bis zum 14. Juni 2015 insgesamt rund 1,7 Millionen Messungen vor und analysierten Sprachqualität, Datenraten und vieles mehr.

Dabei kamen jeweils die Original-Endgeräte der Anbieter mit aktueller Firmware zum Einsatz. Automatisiert wurden rund um die Uhr Messungen von Telefonie und Datenübertragungen durchgeführt. Um Einflüsse außerhalb ihrer eigenen Netze auszuschließen, konnten die Netzbetreiber den Referenzserver für einige Datenmessungen in ihrem eigenen Netz aufstellen - wovon jedoch nicht alle Testkandidaten Gebrauch machten. Damit unaufschiebbare Wartungsarbeiten nicht zu unfairen Nachteilen führen, berücksichtigte zafaco zudem eine nächtliche "Wartungspause" und erfasste in der Zeit von 2 bis 5 Uhr morgens keine Messwerte. Zur Bestimmung der Sprachqualität wurden POLQA-Werte (Perceptual Objective Listening Quality Assessment) ermittelt.
Was ist "Annex J"?
Bislang wurden DSL-Leitungen in Europa nach der Spezifikation "Annex B" (deutsch: Anhang B) belegt: Der Frequenzbereich von 0 bis 120 Kilohertz war für analoge oder digitale (ISDN-) Telefonsignale reserviert. Bei All-IP-Anschlüssen fallen diese Signale weg - somit kann der gesamte Frequenzumfang der Leitung für DSL beziehungsweise VDSL genutzt werden. Die Frequenzaufteilung erfolgt dann gemäß der Spezifikation "Annex J". Wie die nebenstehenden Abbildungen zeigen, bringt dies in der Praxis vor allem mehr Bandbreite im Upload-Kanal. Bei ihren Umstellungen auf All-IP setzen die Deutsche Telekom und 1&1 bereits Annex-J ein. Dies ist im Übrigen auch der Grund, warum an All-IP-Anschlüssen kein Splitter mehr benötigt wird: Die bislang abzutrennenden Telefonsignale sind auf der Leitung schlicht nicht mehr vorhanden.

Kurz vor Beginn des diesjährigen Festnetztests begann auch Vodafone mit der kostenlosen Umstellung geeigneter Anschlüsse auf Annex J. Dazu müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss sich um einen All-IP-Anschluss handeln, und das installierte Endgerät muss den Standard Annex J unterstützen. Die Umstellung soll Zug um Zug erfolgen - die von zafaco genutzten Testanschlüsse waren gleich bei der ersten Umstellungswelle dabei. Vodafone-Kunden, die möglichst schnell von den Vorteilen von Annex J profitieren wollen, können sich unter www.vodafone.de/dslboost informieren, ob und wann ihr Anschluss für die Umstellung vorgesehen ist.
Neu im Test: Web-TV
Die höchsten Anforderungen an Breitbandanschlüsse stellt das immer populärere Video-streaming übers Internet. Der connect-Festnetztest trägt diesem Trend Rechnung, indem wir nun auch ganz gezielt die Leistung der Anschlüsse beim Empfang von Videostreaming-Angeboten wie Youtube, Videoload, Amazon Prime oder Apple TV (HLS) prüfen und bewerten. Dabei steht die Bild- und Tonqualität an erster Stelle.
Die Anbieter von Web-TV-Diensten setzen in der Regel auf "adaptives Streaming": Sie passen Datenrate und Auflösung an die aktuell auf der Übertragungsstrecke verfügbare Bandbreite an. Denn beim Videoschauen stören Ruckler oder gar einfrierende Bilder weit mehr als eine vorübergehende Reduktion von Bildqualität und/oder Auflösung, sofern Videobild und -ton trotzdem ununterbrochen weiterlaufen.

Um diese Effekte bewerten zu können, nutzt zafaco bei seinen Web-TV-Tests das von der Firma Opticom in Erlangen entwickelte Messprinzip PEVQ-S (Perceptual Evaluation of Video Quality for Streaming).
Der eingesetzte Algorithmus analysiert Auflösung und Codierqualität der Videoquelle auf dem Server beziehungsweise aus dem "Content Delivery Network" (CDN). Zur Messung läuft ein weiteres Softwaremodul auf Empfangsseite, das Inhalt und zeitlichen Verlauf des vom Player empfangenen Datenstroms misst. Durch Vergleich der ermittelten Werte lässt sich die subjektive Verschlechterung berechnen (MOS - Mean Opinion Score). Die so erfassten Qualitätswerte sowie die Videoantwortzeit, die Pufferzeit am Anfang der Wiedergabe und ein eventuelles "Rebuffering" fließen in unsere neue Teildisziplin "Web-TV" ein.