Netzwerk-Musiksystem
Multiroom-System Bluesound im Test
Freunde hochwertiger Streaming-Musik wittern Morgenluft: Aus dem Haus von NAD und PSB kommt Bluesound - ein Multiroom-System mit audiophilem Anspruch. Droht Anbietern wie Raumfeld oder Sonos nun die Götterdämmerung? Wir haben die Kompaktanlage im Test.

Komfort und Klang paaren sich nur selten. Besonders, wenn es um Multiroom-Audiostreaming geht. Da gibt es High-End-Lösungen a la Linn, Naim und Meridian, die zum Preis eines Automobils das ganze Haus mit Musik versorgen - so profane Dinge wie einen Funklautsprecher für Küche oder Bad aber gar nicht im Programm haben.
Und es gibt Rundum-Sorglos-Pakete wie das von Sonos: kinderleicht zu installieren, einfach zu bedienen, problemlos zu erweitern - aber leider unfähig, eine hochauflösende Audio-Datei abzuspielen. FLAC- und WAV-Files mit 24 Bit / 96 kHz oder mehr? Fehlanzeige.
Wer Musik gerne verlustfrei hört, muss zu einem eher offenen System wie Raumfeld greifen. Das CD-Rippen und die Pflege der Musiksammlung nimmt einem das aber auch nicht ab, und eine etwas schickere Design-Alternative würde ebenfalls nicht schaden.
Die Lücke könnte Bluesound füllen, ein neues Multiroom-System der kanadischen Lenbrook-Group. Dahinter stecken Ingenieure von NAD und Lautsprecher-Entwickler der Marke PSB, die alle zum selben Konzern gehören. Vor sechs Jahren bekamen sie vom Management den Auftrag, zusammen mit Software-Spezialisten eine Lösung zu entwickeln, die guten Klang und drahtlosen Komfort unter einen Hut bringt. Das Ergebnis dieser intensiven Bemühungen konnte AUDIO nun erstmals begutachten.

Bluesound-Komponenten
Zu Bluesound gehören drei Netzwerk-Player und ein Funklautsprecher sowie das 2.1-Boxenset "Duo". Auf den Test des Sub/Sat-Systems für 800 Euro hat AUDIO verzichtet, weil es keine Streaming-Funktion besitzt. Es wird einfach - wie beliebige andere Lautsprecher auch - an die Boxenklemmen des "Powernode" angeschlossen.
Der Powernode mit seinem integrierten Verstärker ist gewissermaßen die Stereoanlage des 21. Jahrhunderts. Über eine Ethernet-Buchse oder drahtlos per WLAN empfängt er Musik aus dem heimischen Netzwerk und zapft via Router das Internet an. Von dort strömt dann Webradio ins Wohnzimmer oder die Musik diverser Abodienste. Aktuell im Angebot: Deezer, Juke, Rdio, Spotify, Qobuz und WiMP, weitere sollen folgen.
Die beiden Letztgenannten sind mit ihren HiFi-Abos geradezu Musik in den Ohren verwöhnter Hörer: Für 20 Euro im Monat bringen Qobuz und WiMP alle Titel ihres Katalogs im verlustfreien FLAC oder ALAC-Codec nach Hause. Bluesound spielt diese CD-Qualität dann ab - wahlweise auf einem oder auf allen Playern des Systems, und wenn gewünscht auch in jedem Raum der Wohnung einen anderen Song.
Das reicht noch nicht? Kein Problem: High-Resolution-Audiowiedergabe bis 24 Bit/192 kHz geht mit den schwarzen oder weißen Kunststoffwürfeln im Aluminium-Korsett auch. Wer Musik-Downloads von Highresaudio.com, Linn Records und anderen Anbietern sammelt, kann die Dateien ohne Umwandlung direkt übers Netzwerk streamen.
Die Bluesound-Komponenten sind dabei nach Belieben kombinierbar: Wer eine Stereoanlage besitzt, kann sie mit dem Stream-Player "Node" multiroomfähig machen. Der "Pulse" bietet sich als Komplettlösung für Räume an, in denen es noch keine Lautsprecher gibt. Und der "Vault" hilft mit seinem CD-Ripper sogar beim Aufbau der digitalen Plattensammlung. Doch dazu später mehr.

Steuerung per App
Damit die Kontrolle über so viel Musik nicht verloren geht, gibt es Apps für iOS- und Android-Geräte. Sie steuern das gesamte System. Am Computer lassen sich zwar Grundeinstellungen via Browser vornehmen, ein Kontroll-Programm für PC oder Mac fehlt aber noch.
Die Bluesound-Player erscheinen von alleine in der App, sobald sie mit demselben Netzwerk verbunden sind wie das Smartphone oder Tablet. Am einfachsten geht das per Ethernet-Kabel. Pulse, Node und Powernode nehmen alternativ auch drahtlos Kontakt zum Router auf. Sie starten dazu beim ersten Einschalten einen lokalen Hotspot. Darin kann das iOS- oder Android-Gerät sich anmelden, um dem Player die Zugangsdaten für das heimische WLAN (802.11 b/g/n mit 2,4 GHz) mitzuteilen.
Danach ist die App spielbereit. Ihre Touch-Oberfläche besteht aus einem Hauptbildschirm und zwei Untermenüs, die sich von rechts und links ins Bild schieben - wie gemacht für das große iPad-Display. Am iPhone und in der für Tablets noch nicht optimierten Android-Version geht das Schubladenprinzip allerdings ein wenig auf Kosten der Übersichtlichkeit.
Der großzügige Hauptbildschirm zeigt die aktuelle Musikauswahl: was gerade läuft, welche Titel als nächstes in der Playliste anstehen und welche Alben die Bibliothek sonst noch zu bieten hat.
Jeder ausgewählte Song rutscht automatisch in die Wiedergabeliste, die sich leicht umsortieren und zur späteren Verwendung speichern lässt. Weil die Player ihre Abspielreihenfolge im Gedächtnis behalten, läuft die Musik auch dann weiter, wenn das Steuergerät mit der App in den Ruhezustand geht.
Bei der Suche nach Titeln, Alben, Interpreten oder Genres helfen umfangreiche Filterfunktionen. Nur die Selektion nach Verzeichnissen hat AUDIO vermisst. Wer daran gewöhnt ist, seine Musik in guter alter Windows-Manier aus Ordnern auszuwählen, muss umlernen.

Player verwalten
Ein Fingertipp oben rechts am Bildschirm öffnet die Schublade mit sämtlichen Bluesound-Playern im Netzwerk. Sie lassen sich hier einzeln auswählen, für den Party-Einsatz gruppieren oder - im Falle des Pulse - auch paarweise zu drahtlosen Stereokombis ergänzen. Mit der Auswahl ändert sich automatisch der Hauptbildschirm, der stets die Wiedergabeoptionen des gewählten Geräts oder der aktiven Gruppe zeigt.
Genauso geschmeidig geht es zu den Einstellungen der verschiedenen Player - und zwar nach links. In der zweiten Schublade erscheint zuoberst die Bibliothek. So nennt Bluesound alle Netzwerkfreigaben von Computern oder NAS-Systemen, die der Nutzer in den Grundeinstellungen festlegen kann. Der Player durchsucht vollautomatisch die Ordner und legt aus allen gefundenen Dateien einen Musikkatalog an, den er übers Netzwerk an seine Kollegen weiterreicht. So sind die Bluesound-Player immer auf demselben Stand.
Steckt ein USB-Speicher mit Musik im Gerät, taucht dieser ebenfalls unter den lokalen Quellen auf. Die Bezeichnung "lokal" ist dabei wörtlich zu nehmen: Anders als die Bibliothek erscheinen USB-Speicher nur dort, wo sie angeschlossen sind. Um die Musik in andere Räume zu übertragen gibt es einen Trick: Einfach den USB-Player mit einem anderen gruppieren und sofort spielt das Programm auf beiden Geräten.

Bluesound Vault: Musikarchiv
Sie möchten sich gar nicht mit Dateien, Speichern und Netzwerkfreigaben herumschlagen? Dann ist der Vault das ideale Musikarchiv. Als Ripper speichert er Tausende von CDs auf seiner Festplatte, spielt die Dateien bei Bedarf wieder ab und stellt sie den anderen Bluesound-Playern zur Verfügung.
Hochauflösende Musikdownloads von Highresaudio.com gelangen direkt aus dem Internet auf den Vault: Der Käufer muss dazu nur die Zugangsdaten seines Shop-Kontos in den Grundeinstellungen eintragen. Musik aus anderen Quellen lässt sich am Computer per Drag-and-Drop in den Tresor verschieben: Der Vault erscheint ohne weiteres Zutun als (SMB-)Ordner am PC oder Mac.
Das macht Backups so einfach wie Dateien kopieren - und erlaubt jederzeit den Zugriff auf Alben oder Tracks, etwa um Metadaten mit einem Programm wie MP3-Tag zu bearbeiten. Solche Korrekturen sind nach den Erfahrungen von AUDIO aber selten nötig. Von mehr als 60 wahllos herausgegriffenen Alben aus den letzten drei Jahrzehnten hat der Vault nur zwei nicht korrekt verschlagwortet: Michael Jacksons "HIStory" (1995) und das längst vergessene Zweitwerk von Power-of-Love-Stimme Jennifer Rush aus dem Jahr 1985 ("Movin").

Bluesound Vault: Praxis-Check
Der automatische Musikspeicher des Bluesound-Systems schaufelt Audio-CDs, die man seinem schlitzförmigen Slot-In-Laufwerk anvertraut, auf eine interne Festplatte. Das Einlesen dauert etwa acht bis zehn Minuten pro Disc. Anschließend nimmt die Konvertierung ins Wunschformat noch einmal zwischen 15 Minuten (FLAC) und deutlich mehr als einer Stunde (FLAC+ MP3 Lame) in Anspruch. Währenddessen lässt sich der Vault als Stream-Player aber ganz normal weiterbenutzen. Selbst Warteschlangen mit mehr als 100 Titeln arbeitete er im AUDIO-Test zuverlässig ab.
Metadaten zu den Titeln holt sich der Vault von zwei Datenbanken im Internet (FreeDB, GD3), wobei die CD-Cover etwas klein ausfallen (400 x 400 Pixel). Er nimmt damit Rücksicht auf die Anzeigefähigkeiten des Systems, das Bilddateien über 600 KB nicht zuverlässig darstellt. Die integrierte 1TB-Festplatte bietet Platz für rund 3.000 gerippte CDs im FLAC-Format und ist von außen nicht zugänglich. Dank Backup-Funktion lassen sich die gesammelten Schätze aber leicht auf eine externe USB-Festplatte sichern. Alternativ kommt auch ein Backup über das heimische Netzwerk in Frage: Der Vault taucht als freigegebener Ordner am Windows-PC und Mac auf.

Bluesound Pulse: Klang
Und wie klingt nun Bluesound im Vergleich mit anderen Multiroom-Systemen? Im Hörtest ließ AUDIO zunächst den Funklautsprecher Pulse gegen sein Sonos-Pendant antreten: Der Play:5 ist günstiger (400 Euro), etwas kompakter und bringt zwei Kilo weniger auf die Waage. Trotzdem war der akustische Unterschied größer als erwartet: Cake schienen in ihrem "You Turn the Screws" (CD "Prolonging the Magic") die Schrauben fester anzudrehen. Gabe Nelsons Bassläufe hatten mehr Drive, klangen satter und tiefer, so als würde kein One-Box-System sondern ein richtiger HiFi-Lautsprecher im Hörraum aufspielen.
Mit doppelter Kraft als Stereopaar verstärkt sich dieser Effekt noch, weil die zwei Mittel- und Hochtöner sowie der Subwoofer dann pro Kanal zur Verfügung stehen. Nur die räumliche Abbildung lässt so noch zu wünschen übrig - vor allem im drahtlosen Stereobetrieb.
Der Klang löst sich zwar schöner von den Boxen als bei Sonos, es gelingt aber auch Bluesound nicht, Instrumente und Stimmen so präzise zu verorten wie es gute kabelgebundene Lautsprecher tun. Die WLAN-Verbindung ist eben nicht so sicher und störfest wie ein paar Kupferstrippen. Trotzdem gebührt den PSB-Entwicklern Lob: Der Bluesound Pulse ist wahrscheinlich der beste drahtlose Multiroom-Lautsprecher, den AUDIO bis dato gehört hat.
Bluesound Node: Klang
Und für noch besseren Klang an der Anlage gibt es ja den Node. Der konnte im Test zwar nicht mit der mehrfach teureren AUDIO-Referenz Linn Sneaky Music DS (1500 Euro) mithalten - es fehlte ihm etwas an Luftigkeit und Raumeindruck, Frauenstimmen artikulierte er mit einem leichten Hang zu verzischelten S-Lauten - aber das Gesamtpaket stimmt. Zum moderaten Preis von knapp 450 Euro bekommen Käufer des Node einen komfortablen Stream-Player, der alle gängigen Audio-Formate und Auflösungen wiedergibt, problemlos in den Tracks navigiert und auch die unterbrechungsfreie Gapless-Wiedergabe beherrscht. Was will man mehr?

Bluesound Powernode: Klang
Vielleicht den Powernode. Der Geheimtipp im Bluesound-Sortiment sorgte für Überraschung im Hörraum. Zwar fragte sich das AUDIO-Team, ob die platzsparenden DDFA-Verstärker (Direct Digital Feedback Amplifier Technology) von NAD wirklich so ein voluminöses Gehäuse benötigen - aber alles Grübeln war vergessen, als David Crosby "What's Broken" vom Comeback-Album "Croz" (Warner Music, 2014) anstimmte.
Die Digitalendstufen vollbrachten mit maximal 35 Watt pro Kanal an 4 Ohm keine Leistungswunder, doch sie spielten sehr sauber, räumlich und geschmeidig. Die Bassdrum in Crosbys Band hatte ordentlich Punch ("Time I Have"), Frauenstimmen schmeichelten dem Ohr (Diana Panton, CD "To Brazil With Love") und bekamen nur bei höheren Pegeln ein etwas spitzeres Timbre.
Wie für alle Schaltverstärker gilt: Die Hochtonbalance hängt auch vom Lastverhalten der Lautsprecher ab. Für seine Preisklasse gab der Powernode aber eine rundum überragende Vorstellung.
Fazit
Musik im ganzen Haus, am besten drahtlos und als High-Resolution-Audiostream. Das alles geht mit Bluesound - und damit schon mehr als in den meisten Multiroom- Systemen. Raumfeld und Sonos haben an anderer Stelle ein paar Funktionen mehr, aber für Bluesound bricht der Tag ja gerade erst an. Einen Musikspeicher wie den Vault haben andere gar nicht zu bieten. Das macht die Lösung perfekt für Streaming-Einsteiger und Sammler mit CD-Archiv.