Branche: Netzausbau

5G Netzausbau: Wo steht Deutschland digital?

5.6.2023 von Josefine Milosevic

5G und Glasfaser sind das Rückgrat des neuen Industriezeitalters. Wie kommt Deutschland beim Ausbau voran? Was sagen die Netzbetreiber?

ca. 4:10 Min
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  1. 5G Netzausbau: Wo steht Deutschland digital?
  2. Telekom: Interview mit Srini Gopalan
  3. Vodafone: Interview mit Tanja Richter
  4. Telefónica: Interview mit Valentina Daiber
5G Netzausbau: Wo steht Deutschland digital?
Im Mobilfunk lassen sich deutlich effizientere Netze gestalten und viel Energie sparen. Doch die Regulierungsbehörden machen den Netzbetreibern einen Strich durch die Rechnung.
© chalermphon_tiam / shutterstock.de

Wer kennt das nicht: Man setzt sich Ziele und scheitert oft an der Umsetzung. Woran liegt‘s? Im Privaten ist es meist der harte Alltag, im Fall der schleppenden Digitalisierung schieben sich Politik und Industrie den schwarzen Peter zu.

Regulierer droht mit Strafen

Fakt ist: Im aktuellen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), den die Europäische Kommission jährlich veröffentlicht, belegt Deutschland von 27 Ländern den 13. Platz. Das mäßige Ergebnis, das die EU ihrer wichtigsten Volkswirtschaft attestiert, sorgt bei der Regierung sicher nicht für Freudentänze, da sie für die Legislaturperiode neben dem Klimaschutz auch den digitalen Aufbruch ausgerufen hat.

Voraussetzung sind leistungsfähige Netze. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, drückt aufs Tempo und gibt einen genauen Zeitplan vor: Bis 2030 soll Deutschland flächendeckend mit Breitband versorgt sein. Der Fokus liegt auf dem Ausbau von Glasfaser und 5G. Dazu heißt es im Arbeitspapier der Bundesbehörde: „Sollen viel mehr Züge unterwegs sein, braucht es mehr Gleise, sollen mehr Daten übertragen werden, braucht es mehr Leitungen und Mobilfunkantennen.“

Die Parallele, die die Bundesbehörde zur Bahn zieht, ist nicht weit hergeholt: Beim Schienen- sowie beim bundesweiten Mobilfunkausbau besteht Nachholbedarf. So haben die Netzbetreiber sich bei der Frequenzauktion 2019 unter anderem dazu verpflichtet, 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Mbit/s zu versorgen. Zusätzliche Auflage: jeweils 1000 5G-Basisstationen und 500 Mobilfunkstandorte in den sogenannten „weißen Flecken“ zu errichten.

Anfang des Jahres legten die Netzbetreiber ihre Versorgungsberichte der Bundesnetzagentur vor. Laut eigenen Angaben haben alle drei die zentralen Auflagen erfüllt und versorgen 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Mbit/s. Auch seien vielerorts Autobahnen und der Schienenverkehr mit schnellem Internet versorgt.

Doch bei der Schließung der 500 Funklöcher sieht‘s mau aus: Bis Ende 2022 sollten die drei Netzriesen jeweils ein Drittel der weißen Flecken ausmerzen. Die im Januar 2023 gemeldeten Zahlen hinken deutlich hinterher: Vodafone hat 86, Telefónica 61 und die Telekom nur 38 der unterversorgten Gebiete angeschlossen. Damit erfüllt keiner die Versorgungsauflagen zu 100 Prozent. Die Bundesnetzagentur, die derzeit die Angaben prüft, droht mit Sanktionen, falls die Netzbetreiber ihre Ausbaupflichten selbst verschuldet verfehlt haben.

Noch stärker nimmt der Regulierer 1&1 ins Visier: Die Montabaurer, die vor vier Jahren 5G-Frequenzen für ein eigenes Netz ersteigert haben, verletzen die Auflagen gravierend: Bis Ende 2022 waren gerade einmal fünf statt der geforderten 1000 Antennen in Betrieb. Seit Ende April hat der Netzbetreiber in spe ein Bußgeldverfahren am Hals: Die Bundesnetzagentur droht 1&1 mit bis zu 50 000 Euro je fehlendem Funkmasten.

Preisverlgleich: Kosten für 1 GB Datenvolumen in 2022
Im internationalen Preisvergleich liegt Deutschland im unteren Mittelfeld.
© statista

Bürokratie als Bremsklotz

Doch allein den Netzbetreibern den verschleppten Netzausbau auf dem Land in die Schuhe zu schieben, trifft‘s nicht: Oft genug fehlt es an Eigentümern, die ihr Grundstück für einen Sendemast vermieten wollen. Auch Natur- oder Denkmalschutz können den Aufbau von Funktürmen behindern. Noch dazu kämpfen die Mobilfunker mit erheblichen bürokratischen Hürden: Bis eine Baugenehmigung für einen neuen Sendemast oder eine Leitung erteilt wird, können laut Achim Berg, Präsident des Branchenverbands Bitkom, bis zu 14 Monate vergehen.

Michael Opitz, Partner bei Arthur D. Little, sieht die Versäumnisse ebenfalls nicht allein bei den Netzbetreibern: „Es kann mehrere Gründe dafür geben. Die wichtigsten sind sicherlich die Verfügbarkeit von geeigneten Standorten, die manchmal sehr lange Dauer der Genehmigungsverfahren und natürlich auch die Kosten der Errichtung eines Standortes, die in ländlichen Regionen mit relativ weniger Mobilfunkverkehr pro Zelle eine nicht unwichtige Rolle spielen.“

Pressebild DR. MICHAEL OPITZ Partner bei Arthur D. Little
DR. MICHAEL OPITZ Partner bei Arthur D. Little: "„Hiesige Wettbewerber haben beim Thema 5G in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.“
© dl

5G auf dem Vormarsch

Der 5G-Ausbau schreitet schneller voran. Telekom deckt mittlerweile über 95 Prozent der Haushalte ab. Vodafone versorgt 80 Prozent, Telefónica über 82 Prozent der Bevölkerung mit dem Datenturbo. Bis 2025 soll die 5G-Abdeckung mit 99 Prozent nahezu flächendeckend sein. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass der Vorgänger LTE seit 2010 ausgebaut wird. Im internationalen 5G-Vergleich liegen dennoch die USA, Südkorea, Japan und China weit vor Europa. Droht auch Deutschland, abgehängt zu werden?

Geschäzte Anzahl der 5G-Mobilfunkanschlüsse (in Mio.)
Geschätzte Anzahl der 5G-Mobilfunkanschlüsse (in Mio.)
© statista

Nach Ansicht von Unternehmensberater Opitz hinkt dieser Vergleich: „Die deutschen TK-Konzerne lassen sich nur bedingt mit anderen Ländern vergleichen, da die Ausgangsbedingungen einfach zu unterschiedlich sind. Hier greifen zum Beispiel die bereits genannten – oft preistreibenden – Gründe und auch die Kosten für die Lizenzen. Hiesige Wettbewerber haben beim Thema 5G aber bereits große Fortschritte gemacht.“

Campusnetze für Firmen

Fragt man die Industrie, dürfte die Digitalisierung deutlich schneller vonstattengehen, zumal 5G und künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologien gelten. Laut Dr. Bernd Schröder, Geschäftsführer von brown-iposs, die offene Systeme für Campusnetze entwickeln, gibt es wohl kaum ein Unternehmen in Deutschland, das sich nicht mit der Digitalisierung seiner Geschäftsprozesse befasst. „Dazu trägt auch der derzeitige KI-Hype bei. Das gilt aber nicht speziell für Deutschland, es ist eher ein weltweites Phänomen.

Pressebild DR. BERND SCHRÖDER Gründer und Geschäftsführer brown-iposs
DR. BERND SCHRÖDER Gründer und Geschäftsführer brown-iposs: „Der Ausbau der Breitbandversorgung vor Ort ist zunächst kabelgebunden, und sie ist kompromisslos. Wir können nur effektive 5G-Netze aufbauen, wo eine ausreichende Anbindung gegeben ist.“
© brown-iposs

Es gibt ja auch sehr viel zu tun, doch da ist Deutschland nicht führend, und Aufholen ist schwierig, weil auch überall sonst Gas gegeben wird.“ Die privaten Mobilfunkfrequenzen seien ein wichtiges Signal in den Markt, aber bisher noch wenig nachgefragt: „Das hat zwei Gründe: Die Reife privater 5G-Netze ist noch nicht da, wo sie sein sollte, zudem sind die Preispunkte noch zu hoch. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen haben dafür in der Regel nicht die Ressourcen. Es ist daher wichtig, dass die Politik einen langen Atem hat und den Ausbau eines europäischen 5G-Ökosystems auch in den nächsten Jahren fördert – damit die kleinen und mittleren Unternehmen einfach an Informationen, Beispiele und Erprobungsmöglichkeiten kommen.“

5G Campusnetze Infografik
Campusnetze sind maßgeschneiderte Mobilfunknetze für die Industrie. Hier bekommen die Netzbetreiber allerdings Konkurrenz, da bei der 5G-Auktion auch Frequenzen für private Anbieter reserviert wurden.
© dl

Auch die Netzbetreiber wollen sich beim Thema Campusnetze nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, schließlich winken hier lukrative und langfristige Verträge.

Mit unserem 5G-Vergleich verschaffen Sie sich einen Überblick über die aktuelle Marktlage. Was die deutschen Betreiber generell zur aktuellen Situation sagen, lesen Sie in den folgenden Interviews.

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