Interview mit Dr. Gerd Thiedemann
- Wer funkt auf 6 GHz? Kampf ums 6-GHz-Band
- Interview mit Dr. Gerd Thiedemann
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Die Wi-Fi-Alliance hat die Ergebnisse der World Radio Conference insgesamt begrüßt – so wie im Übrigen auch die GSMA. Wie schätzt AVM die Ergebnisse aus Dubai zur künftigen Frequenznutzung speziell in Deutschland, aber auch unseren europäischen Nachbarländern ein?Auf der World Radio Confere...

Die Wi-Fi-Alliance hat die Ergebnisse der World Radio Conference insgesamt begrüßt – so wie im Übrigen auch die GSMA. Wie schätzt AVM die Ergebnisse aus Dubai zur künftigen Frequenznutzung speziell in Deutschland, aber auch unseren europäischen Nachbarländern ein?
Auf der World Radio Conference in Dubai wurden positive Signale für die Nutzung des 6-GHz-Bands für die Allgemeinheit gesetzt. Zusätzlich zu den unteren Frequenzblöcken ist jetzt auch eine Öffnung für den oberen Bereich im 6-GHz-Spektrum für WLAN und RLAN, also lokale Funknetze, explizit genannt und somit auch in Deutschland und Europa umsetzbar. Durch die Ergebnisse in Dubai ist außerdem sichergestellt, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine lizenzfreie drahtlose Technologie zur Verfügung stehen kann, bei der sie die lokale Hoheit über ihre Daten behalten.
Der größte Teil des von Europäern erzeugten Datenverkehrs wird über WLAN und Festnetz abgewickelt, während Mobilfunknetze nur einen Anteil von fünf Prozent haben. Auch die Mehrzahl der digitalen Anwendungen bei Bildung, Arbeit und Unterhaltung findet in Innenräumen und in drahtlosen lokalen Netzwerken, also WLANs, statt, die unter der Hoheit der Nutzerinnen und Nutzer stehen. Und der Bedarf an Datenverkehr steigt von Jahr zu Jahr exponentiell. Daher ist zusätzliche Bandbreite im 6-GHz-Band für WLAN dringend geboten. Nur so steht im nächsten Jahrzehnt genügend Bandbreite für Privat- und Firmenanwendungen zur Verfügung.
Bestätigt das Ergebnis der WRC23 nicht letztlich den Status quo in Deutschland? Oder sind aus Ihrer Sicht in der Alltagspraxis Änderungen bei der Nutzung des 6-GHz-Bands zu erwarten? Und falls ja, welche?
Dadurch, dass Regulierungsbehörden nun den oberen Frequenzbereich im 6-GHz-Band für WLAN und Mobilfunk freigeben können, eröffnen sich mehr Möglichkeiten. Gerade WLAN spielt eine entscheidende Rolle als Innovationsmotor für neue Dienste und Anwendungen.
Was würden Sie sich in diesem Zusammenhang insbesondere von der Bundesnetzagentur wünschen?
Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung steigen die Bedarfe der Verbraucherinnen und Verbraucher und der gewerblichen Anwendungen an die Übertragungskapazität und damit der Bedarf an Frequenz-Bandbreite für die drahtlose Kommunikation. Die Regulierungsbehörden sollten daher rasch die neuen Frequenzen der Allgemeinheit zugänglich machen und eine tatsächliche Ausnutzung der Frequenzen fördern – das schließt die Koexistenz von WLAN und Mobilfunk ein.
Fast alle netzwerkfähigen Geräte einschließlich der Mobilfunkgeräte unterstützen WLAN, weshalb mit dieser Technologie schnell ein hoher Nutzungsgrad für die Frequenzen zu erwarten ist. Allein 2023 waren laut der Organisation „Wi-Fi Now“ 19,5 Milliarden WLAN-Geräte im Einsatz, geringer war die Anzahl der Mobilfunkgeräte mit 13,1 Milliarden. Der Markt für WLAN-Geräte unterliegt einem sehr hohen Wettbewerbsdruck, weshalb den Anwendenden eine große Auswahl innovativer Produkte zu geringen Kosten bereitstehen. Anders als wenige Mobilfunkanbieter gibt es Millionen private und gewerbliche „WLAN-Betreiber“. Diese können mit geringen Investitionen von der zusätzlichen Bandbreite im 6 GHz-Band profitieren.
Sie befürworten also eine schnelle europäische beziehungsweise nationale Regulierung?
Die durch die World Radio Conference 23 gestellten Weichen für eine Nutzung des gesamten Spektrums gilt es, zeitnah auch in Deutschland beziehungsweise Europa zu regeln. Denn je schneller hier eine europäische beziehungsweise nationale Regulierung erfolgt, desto mehr Planungssicherheit hat die europäische WLAN-Industrie. Es geht hier um globale Wettbewerbsfähigkeit, um am europäischen Standort weiterhin zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und den Verbraucherinnen und Verbrauchern anbieten zu können.