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GSM/2G-Abschaltung: Das Ende naht

Immer wieder wurde spekuliert, wie lange GSM/2G noch in den Mobilfunknetzen erhalten bleiben wird. Mittlerweile haben Telekom und Vodafone konkrete Abschaltdaten genannt. Auch andere Netzbetreiber planen das Ende von 2G.

Autor: Hannes Rügheimer • 29.1.2025 • ca. 5:40 Min

Branche: 2G-Abschaltung
GSM: Das Ende naht
© oliverdelahaye / shutterstock.com

Die Ankündigung erfolgte 2019, im Laufe des Jahres 2021 war in Deutschland Schluss – mit UMTS. Alle drei deutschen Mobilfunknetzbetreiber haben ihre 3G-Netze abgeschaltet und die frei gewordenen Frequenzen den neueren und leistungsfähigeren Mobilfunkstandards 4G/LTE und 5G zugewiesen. Schon dama...

Die Ankündigung erfolgte 2019, im Laufe des Jahres 2021 war in Deutschland Schluss – mit UMTS. Alle drei deutschen Mobilfunknetzbetreiber haben ihre 3G-Netze abgeschaltet und die frei gewordenen Frequenzen den neueren und leistungsfähigeren Mobilfunkstandards 4G/LTE und 5G zugewiesen. Schon damals wurde spekuliert, wann wohl das letzte Stündchen für den noch älteren 2G-Standard GSM schlagen würde.

Nun wiederholt sich die Mobilfunkgeschichte ein Stück weit: Im Oktober 2024 gab die Telekom den Startschuss und kündigte bereits ein voraussichtliches Abschaltdatum für 2G an: Nach aktueller Planung zum 30. Juni 2028 wollen die Bonner 2G/GSM in ihrem Netz abschalten.

Vodafone vermeldete wenig später, dass man sich zwar etwas mehr Zeit als die Telekom lassen wolle, aber Ende 2030 sei auch im Netz der Düsseldorfer Schluss mit dem ältesten, in Deutschland noch eingesetzten Mobilfunkstandard. Auf dem Weg dahin wolle Vodafone die für 2G genutzten Frequenzbereiche „schrittweise“ für 4G und 5G umwidmen. Im Vodafone-Netz dürfte GSM also im Laufe der Zeit immer weiter ausgedünnt werden.

Ähnlich sehen auch die Pläne von O2/Telefónica aus. Aus München ist zwar noch kein konkretes Enddatum zu hören – aber dafür schon seit längerem der Plan, die für 2G genutzten Bandbreiten Zug um Zug zu reduzieren. Auch im O2-Netz sollen sie den leistungsfähigeren und sowohl in der Frequenznutzung als auch in puncto Energieverbrauch effizienteren Nachfolgern 4G und 5G zugeschlagen werden.

Gründe für das GSM-Aus

Die Erklärungen für diesen Schritt klingen denn auch recht ähnlich: „Mit dem frei werdenden 2G-Frequenzspektrum können wir unser Netz weiter verbessern“, sagt Abdu Mudesir, Geschäftsführer Technik der Telekom Deutschland. „Wir nutzen die Frequenzen in unserem Netz zukünftig für 4G und 5G, um besonders in ländlichen Bereichen das mobile Surfen noch besser zu machen.“ Tanja Richter, Geschäftsführerin Technik bei Vodafone, geht davon aus, „dass die auf dem GSM-Netz basierenden Geräte bis Ende 2030 größtenteils ausgedient haben und von den Anbietern nicht mehr unterstützt werden“. Man werde deshalb eine reibungslose Migration von 2G zu anderen Netzen gewährleisten – für Handys und das Internet der Dinge.

Alexander Seitz, Director Regional Planning, Delivery & Optimization von O2 Telefónica, wiederum sagt: „Während O2 Telefónica ihr leistungsstarkes 4Gund 5G-Netz weiter ausbaut, bleibt 2G als Basisnetz für mobile Telefonie und SMS vorerst bestehen. Bei etwaigen Änderungen würden wir unsere Kundinnen und Kunden rechtzeitig vorab informieren.“ Nichtsdestotrotz empfehle man allen Kundinnen und Kunden grundsätzlich schon heute den Umstieg auf zukunftssichere Endgeräte mit 4G und 5G

GMS/2G-Abschaltung: IoT-Lösungen
IoT-Lösungen: Sie stellen für die Netzbetreiber die wohl größte Herausforderung dar, weil sie oft im Stillen funken oder auf gelegentliche Notrufeinsätze warten. Doch wo eine SIM-Karte steckt, zahlt auch jemand dafür – diese Kontakte sollen angeschrieben werden.
© SOS Electronic

GSM dürfte vermisst werden

Bei allen Effizienzgewinnen haben die Betreiber den Schritt, GSM abzuschalten, lange gescheut. Denn das seit 1990 eingesetzte „Global System for Mobile Communications“ ist der kleinste gemeinsame Nenner beim Mobilfunk. Er wird von so gut wie allen Mobilfunk-Endgeräten unterstützt und funkte fast weltweit auf relativ einheitlichen Frequenzen (800, 850 oder 900 sowie 1800 oder 1900 MHz).

So sorgte GSM über Jahrzehnte im Ausland dafür, auch bei aus unserer Sicht ungewöhnlicher 4G/5G-Frequenzbelegung zumindest via Telefonie und SMS erreichbar zu bleiben. Mit der Abschaltung von 2G/GSM wird eine große Zahl von Endgeräten reif für den Wertstoffhof.

Das gilt nicht nur für all die Uralt-Mobiltelefone, die noch in vielen Schränken und Schubladen schlummern – und deren Besitzer nach zum Teil zehn und mehr Jahren derzeit noch erstaunt und erfreut feststellen, dass sich diese nach Aufladen ihrer Akkus immer noch im Netz anmelden.

Sondern zum Beispiel auch für gar nicht wenige Seniorenhandys und andere Altgeräte, die als Notfall- oder Zweittelefone noch eine nützliche Verwendung gefunden haben. Besonders problematisch: Betroffen sind hiervon nicht die Technikkenner, die sich ohnehin aus eigenem Antrieb modernere Hardware zugelegt haben, sondern jene Nutzer, denen „gelegentlich telefonieren und vielleicht mal eine SMS empfangen“ gereicht hat.

GMS/2G-Abschaltung: Älteres Auto-Infotainment
Älteres Auto-Infotainment: Ob Navi mit integriertem Autotelefon oder Notruftaste mit GSM-Anbindung – viele ältere Autos gehen ohne 2G-Netz offline. Ihre Besitzer sind verständlicherweise sauer – aber Werkssysteme lassen sich kaum nachrüsten. Nur ein kompletter Gerätetausch könnte infrage kommen.
© Mercedes-Benz

connect-Leser sollten daher bei Eltern, Großeltern und anderen Verwandten rechtzeitig klären, wie sich deren Mobilfunknutzung auch ohne GSM-Netz aufrechterhalten lässt. In der Regel wird das auf einen Geräteneukauf hinauslaufen – zumindest bieten Hersteller wie Doro, Emporia, HMD Global (die bis vor kurzem Endgeräte unter der Marke Nokia lieferten), Panasonic und einige andere immer noch sogenannte Feature Phones (also „unsmarte“ Phones) mit 4G und zum Teil 5G an.

Doch die Konsequenzen gehen noch weiter: Auf deutschen Straßen und in den Nachbarländern fahren noch jede Menge Autos herum, deren Onboard-Connectivity sich auf 2G (und gegebenenfalls das bereits abgeschaltete 3G) beschränkt. Ohne GSM-Netz werden sie offline sein. Nachrüstungen der alten Werkssysteme werden so gut wie nie angeboten, weil sie schlicht zu teuer für die betroffene Zielgruppe wären. Allenfalls ein kompletter Ersatz des Infotainment-Systems durch eine 4G/5G-kompatible „Aftermarket“-Lösung steht betroffenen Autobesitzern eventuell offen.

GMS/2G-Abschaltung: Feature Phones und Seniorenhandys
Feature Phones und Seniorenhandys: Die klassischen Notfalltelefone, die nur 2G und ggf. 3G unterstützen, sind mit der GSM-Abschaltung offline. Technikkenner sollten deren Nutzern beim Umstieg helfen.
© Emporia

Problemkandidaten von Aufzugnotruf bis Wasserversorgung

Mindestens ebenso problematisch sind die wohl unzähligen, auf 2G basierenden IoT-Lösungen. Sie funken mit veralteten Standards wie GPRS oder EDGE – und dies möglicherweise so diskret, dass manche von ihnen von ihren Betreibern vielleicht schon vergessen wurden.

Nichtsdestotrotz können auf der Uralt-Technik sicherheitskritische Funktionen basieren – die Steuerung von Umspannwerken, Pumpstellen der Wasserversorgung, die Anbindung von Aufzugnotrufen und Ähnliches mehr.

Gerade solche Beispiele dürften ein wesentlicher Grund dafür sein, warum die Netzbetreiber sich nur mit langem Vorlauf von GSM verabschieden. Schließlich möchte keiner von ihnen durch den Ausfall der beschriebenen Systeme dafür verantwortlich sein, dass Menschen zu Schaden kommen oder andere potenziell schwerwiegende Folgen eintreten.

Bis zu den anvisierten Abschaltdaten werden die Netzbetreiber daher viel Aufwand in die Marktkommunikation stecken, um zu erreichen, dass vor allem ihre Unternehmenskunden betroffene Systeme rechtzeitig identifizieren und ersetzen.

Präzedenzfall Schweiz

Zumindest gibt es in unserer unmittelbaren Nachbarschaft bereits einen Präzedenzfall: In der Schweiz haben Swisscom, Sunrise und Salt ihre 2G-Netze schon Ende 2020 abgeschaltet. Die lautesten Klagen darüber waren dort von betroffenen Autobesitzern zu hören (darunter auch Transit-Touristen). Folgenreiche IoT-Ausfälle scheint es dagegen kaum gegeben zu haben.

Dazu trug vielleicht auch die kluge Kommunikationspolitik der Schweizer Betreiber bei: Angekündigt haben sie die Abschaltung bereits 2018. Ab Anfang 2020 galt dann: Wann immer noch GSM-Sprach- oder Datenverkehr im Netz festgestellt wurde, haben die Netzbetreiber ihre entsprechenden Kunden angeschrieben und ihnen konkrete Umstiegsangebote für die genutzten Endgeräte beziehungsweise Anwendungen gemacht. Davon sollten die deutschen Anbieter lernen.

Und wie sieht es in anderen Nachbarländern aus? In Österreich hat Magenta Telekom bekannt gegeben, 2G/GSM bis mindestens 2030 zu erhalten. A1 und Hutchison Drei nannten bislang keinen konkreten Abschaltzeitpunkt – allerdings auch keine Restlaufzeiten.

In den Niederlanden bietet Odido gar kein 2G an, KPN will GSM bis Ende 2025 laufen lassen, Vodafone Ziggo bis Ende 2026. In Frankreich planen Orange und SFR eine GSM-Abschaltung Ende 2025, Bouygues im Laufe von 2026. Alle Anbieter in UK wollen sich wohl bis 2033 Zeit lassen. Früher oder später dürfte aber überall in Europa gelten: Danke GSM, es war eine gute Zeit. Vermissen werden wir Dich – aber jetzt ruft dann doch die Zukunft.

Telekom - Sommer 2028

Im Oktober 2024 kündigte die Deutsche Telekom als erster der deutschen Mobilfunkbetreiber an, 2G/GSM komplett abzuschalten – voraussichtlich zum 30. Juni 2028. Die frei werdenden Frequenzen (vor allem 2x 15 MHz Bandbreite im 900-MHz-Band) sollen dann konsequent für 4G und 5G genutzt werden.

Vodafone - Ende 2030

Im Spätsommer 2024 präzisierte auch Vodafone seine Pläne: Man wolle sich mehr Zeit lassen als die Telekom, aber 2G/GSM schrittweise bis Ende 2030 abschalten. Schon heute nutzt Vodafone das infrage kommende Spektrum (2x 10 MHz um 900 MHz, 2x 25 MHz um 1800 MHz) zum Teil für 4G und 5G – dies dürfte sich beschleunigen.

O2/Telefónica - Temin noch offen

Anders als die beiden Mitbewerber hat O2/Telefónica noch kein konkretes Datum für die Abschaltung von 2G/ GSM angekündigt. Klar ist aber, dass die dafür genutzten Frequenzbereiche (2x 10 MHz um 900 MHz und 2x 20 MHz um 1800 MHz) zunehmend für 4G/5G eingesetzt werden sollen. Irgendwann wird dann auch hier 2G/GSM deaktiviert.

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