Wer funkt auf 6 GHz? Kampf ums 6-GHz-Band
Sowohl WLAN als auch Mobilfunk wollen den Frequenzbereich um 6 GHz nutzen. Die World Radio Conference hat dazu ein salomonisches Urteil gesprochen – für Deutschland steht eine konkrete Regelung aber weiterhin aus.

- Wer funkt auf 6 GHz? Kampf ums 6-GHz-Band
- Interview mit Dr. Gerd Thiedemann
- Interview mit Valentina Daiber
Etwa alle vier Jahre treffen sich Vertreter der unter der ITU (International Telecommunications Union) organisierten weltweiten Post- und Telekommunikations-Regulierungsbehörden zur „World Radiocommunication Conference“ (WRC). Sie verhandeln dort die weltweite Zuteilung und Nutzung der Frequenz...
Etwa alle vier Jahre treffen sich Vertreter der unter der ITU (International Telecommunications Union) organisierten weltweiten Post- und Telekommunikations-Regulierungsbehörden zur „World Radiocommunication Conference“ (WRC). Sie verhandeln dort die weltweite Zuteilung und Nutzung der Frequenzen für Funkdienste.
Zielsetzung ist unter anderem, die Frequenznutzung international anzugleichen, damit Endgeräte möglichst einheitlich für unterschiedliche Märkte produziert werden können oder damit Mobilfunkgeräte per Roaming auch in anderen Regionen der Welt funktionieren.
Außer um diese Kompatibilitätsaspekte geht es auf der WRC, die zuletzt im Dezember 2023 in Dubai stattfand, auch um politische Fragen. Denn Frequenzen sind ein knappes Gut – in der Regel gibt es mehr Interessenten, die bestimmte Teile des Spektrums nutzen wollen, als zu verteilende Kapazitäten.
Deutlich wurde dies bereits im Vorfeld, vor allem bei der Frage der Nutzung des Frequenzbereichs um 6 GHz. Sowohl Mobilfunkanbieter als auch die Anbieter von WLAN-Lösungen brachten sich bereits vor den Diskussionen in Dubai in Stellung und warben dafür, diesen Teil des Spektrums den von ihnen angebotenen Funkdiensten beziehungsweise -technologien zu widmen.

Konkurrenz ums Spektrum
Der genauere Blick auf die Ausgangslage verdeutlicht, worum es im Detail geht, und macht das in Dubai erzielte Ergebnis besser verständlich: Schon auf früheren WRCs wurde das Spektrum von 5925 bis 7125 MHz als unlizensiert und damit für die Nutzung durch WLANs definiert.
Dabei gab es jedoch regionale Unterschiede: Während in den USA, Teilen Südamerikas und Saudi-Arabien der komplette genannte Bereich für WLAN freigegeben wurde, galt das für Europa und weitere Länder nur für einen eingeschränkten Frequenzumfang, nämlich von 5925 bis 6425 MHz (siehe Weltkarte oben).
An den bereits angebotenen Wi-Fi-6E- und Pre-Wi-Fi-7-Systemen zeigt sich die Konsequenz: Für diese Funkstandards stehen hierzulande viel weniger Kanäle zur Verfügung als zum Beispiel in weiten Teilen Amerikas (siehe Infografik).

Dies wird besonders deutlich bei den für Wi-Fi 7 vorgesehenen 320-MHz-Kanälen: Während es in USA und Co. drei solcher Kanäle nebeneinander geben kann, passt in Europa nur einer davon ins Spektrum. Das bringt Einschränkungen etwa für Mesh-Systeme, die Backhaul und Fronthaul (also interne Verbindungen zwischen den Mesh-Nodes und zu den Endgeräten) voneinander separieren wollen. Deshalb hofften internationale und europäische WLAN-Hersteller auf eine Ausweitung des für WLAN freigegebenen Frequenzbereichs in Europa.
Die Vertreter der Mobilfunkfraktion wiederum führen an, die auch in ihren Netzen exponentiell steigenden Datenmengen nur bedienen zu können, wenn sie zusätzliches Spektrum erhalten. Der Bereich um 6 GHz ist aus ihrer Sicht dafür ein heißer Kandidat – er eignet sich besonders zum Aufbau städtischer Mobilfunk-Hotspots. Allerdings wurde dieses Frequenzband bislang noch gar nicht für Mobilfunkdienste genutzt.
Salomonisches Urteil
Das Ergebnis der Konferenz in Dubai ist recht salomonisch: Die WRC entschied, dass der Bereich um 6 GHz in Europa, Afrika und anderen Ländern künftig auch für Mobilfunkdienste genutzt werden kann. In den USA bleibt alles, wie es ist.
In Europa und den genannten anderen Ländern könnte die WLAN-Nutzung auch ausgeweitet werden. Konkrete Regelungen für jedes Land wurden an die nationalen Regulierungsbehörden zurückverwiesen. Im Detail geht es dabei auch um Beschränkungen der Sendeleistungen und ähnliche Maßnahmen, die unter Umständen die Koexistenz verschiedener Funktechnologien ermöglichen könnten – zum Beispiel WLAN indoor und Mobilfunk outdoor.
In ersten Statements zeigten sich sowohl die GSMA (GSM Alliance) als Vertreter der Mobilfunker als auch die Wi-Fi Alliance als Vertreter der WLAN-Hersteller zufrieden. Ist in Dubai also ein perfekter Kompromiss gelungen? Eher eine Vertagung der eigentlich zu treffenden Entscheidung: Denn der Kampf um das 6-GHz-Band in Deutschland und unseren Nachbarländern bleibt somit weiter offen. Am Zug sind jetzt bei uns die Bundesnetzagentur und in den anderen Ländern die ihr entsprechenden Regulierungsbehörden.
Der Konflikt schwelt weiter
Dass noch nichts wirklich entschieden ist, zeigen auch die Einschätzungen, um die connect sowohl Vertreter der Mobilfunkanbieter als auch von WLAN-Herstellern gebeten hat.
„Die WRC-23 hat das 6 GHz Band für die Mobilfunknutzung identifiziert. Das ist ein großer Erfolg. Wir bereiten uns nun darauf vor, die Frequenzen in unseren Netzen einzusetzen, sobald sie durch die Bundesnetzagentur dem Markt zur Verfügung gestellt werden“, sagt etwa Jan-Hendrik Jochum, Leiter des Bereichs Frequenzregulierung bei der Deutschen Telekom.
Vodafone und Telefónica äußern sich ähnlich. Und Robin Schmidt, PR-Chef des Mobilfunk-Newcomers 1&1, kommentiert: „1&1 begrüßt grundsätzlich die Entscheidung der WRC, das Funkspektrum 6425 bis 7125 MHz für den lizenzierten, mobilen Betrieb zur Verfügung zu stellen. 1&1 fordert dabei eine faire Beteiligung. Wie jeder andere Netzbetreiber benötigt auch 1&1 eine angemessene Frequenzausstattung – ob im Rahmen einer Verlängerung, die auch unsere Bedarfe berücksichtigt, oder in einer bisher üblichen Auktion.“
Dr. Gerd Thiedemann von AVM (siehe nächste Seite) weist dagegen darauf hin, dass die Nutzer bei WLAN „die lokale Hoheit über ihre Daten behalten“. Was nicht zuletzt beinhaltet, für die Datenkommunikation keine laufenden Kosten bezahlen zu müssen.
Felix Huang, Head of Product Management EU bei TP-Link, gibt zu bedenken: „Diese Entscheidung wird sich wahrscheinlich auf die Entwicklung der WLAN-Technologie in der EU auswirken. So reichen die Frequenzen etwa nicht aus, um zukünftig ein 6-GHz-Dualband simultan zu unterstützen.“ Bei der Bundesnetzagentur, in deren Spielfeld der Ball nun liegt, ist man sich der Tragweite bewusst. Man habe begonnen, Szenarien für die gemeinsame Nutzung des 6-GHz-Bereichs durch WLAN und Mobilfunk zu untersuchen. Dies werde aber Zeit brauchen – und das Ergebnis ist derzeit noch völlig offen.