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Mobilfunkstandards

IEEE 6G Summit 2024: Wohin geht die 6G-Entwicklung?

Die Arbeit an der nächsten Mobilfunkgeneration 6G, die um 2030 herum auf den Markt kommen soll, läuft bereits auf Hochtouren. Beim IEEE 6G Summit, der im Mai in Dresden stattfand, wurde allerdings klar: Neben innovativen Ideen gibt es in der Branche auch Uneinigkeit, in welche Richtung die Entwicklung gehen soll.

Autor: Hannes Rügheimer • 27.6.2024 • ca. 3:15 Min

6G-Mobilfunkgeneration: Quo vadis, 6G?
6G-Mobilfunkgeneration: Quo vadis, 6G?
© 5G Lab / Marcus Hartelt

Etwa alle zehn Jahre kommt ein neuer Mobilfunkstandard. Ob dies nun Gesetzmäßigkeit oder eine selbsterfüllende Prophezeiung ist: Demnach steht rund um das Jahr 2030 die sechste Generation im Mobilfunk an – 6G.Damit bis dahin eine neue Mobilfunkgeneration reif für die Markteinführung ist, muss...

Etwa alle zehn Jahre kommt ein neuer Mobilfunkstandard. Ob dies nun Gesetzmäßigkeit oder eine selbsterfüllende Prophezeiung ist: Demnach steht rund um das Jahr 2030 die sechste Generation im Mobilfunk an – 6G.

Damit bis dahin eine neue Mobilfunkgeneration reif für die Markteinführung ist, muss an ihrer Entwicklung bereits heute gearbeitet werden. Dies passiert mit Hochdruck – kaum ein Monat vergeht, in dem Mobilfunkgremien wie 3GPP (3rd Generation Partnership Project), NGMN (Next Generation Mobile Networks Alliance) oder IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) nicht irgendwo auf der Welt Kongresse oder Workshops zum Thema 6G veranstalten. So zum Beispiel am 13. und 14. Mai in Dresden. Beim dortigen „IEEE 6G Summit“ war auch connect vor Ort, um die neuesten Trends bei der 6G-Entwicklung zu erfahren.

IEEE 6G Summit 2024: 6G Entwicklung - Virtuelle Welten
Virtuelle Welten überall: Virtual und Augmented Reality spielen bei den für 6G vorgesehenen Anwendungen eine wichtige Rolle.
© 5G Lab / Marcus Hartelt

Auch die Industrie bleibt im Fokus

Der erste Tag dieses Treffens konzentrierte sich auf industrielle Anwendungen. Auch 6G soll für die Realisation von Campus-Netzen und die Vernetzung von Produktionsanlagen genutzt werden. Das verspricht zwar schon 5G, doch die ersten Industrieprojekte machten schon bald weitergehende Wünsche deutlich: stärkere Robustheit, höhere Ausfallsicherheit, noch kürzere Latenzen, weniger Energieverbrauch.

In diesem Zusammenhang sollte man aber auch nicht vergessen, dass der Weg von der fünften zur sechsten Mobilfunk-Generation kein harter Schnitt sein wird, sondern ein fließender Übergang. 5G ist noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt – viele der genannten Anforderungen werden schon die nächsten 5G-„Releases“ erfüllen. Oder spätestens „5.5G“, das 2027 oder 2028 zur Verfügung stehen dürfte.

IEEE 6G Summit 2024: 6G Entwicklung - Dresdner Innovatoren
Dresdner Innovatoren: Prof. Frank Fitzek (li.) und Prof. Gerhard Fettweis (re.) vom 5G Lab Germany mit Dr. Ralf Irmer, Chief Innovation Architect Vodafone.
© 5G Lab / Marcus Hartelt

Uneinigkeit in den Mobilfunkgremien

Nicht so sehr in den Vorträgen und Diskussionen in Dresden, aber in vorherigen Treffen beispielsweise von 3GPP und NGMN zeichnete sich ein gewisser Richtungsstreit bei der Entwicklung von 6G ab: Forscher, Universitäten und Teile der Industrie plädieren für einen möglichst großen Wurf, der neue Technologiebausteine wie völlig neue Übertragungskonzepte oder die Nutzung von Quanten-Computing einbezieht.

Demgegenüber wollen viele Netzbetreiber 6G eher als behutsame Weiterentwicklung von 5G gestalten – ihnen geht es darum, ihre hohen Investitionen in heutige 5G-Netze für die Zukunft zu sichern. Vermutlich wird die 6G-Realität sich irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Extrempositionen einpendeln.

IEEE 6G Summit 2024: 6G Entwicklung - Robo Helfer
Robo-Helfer: Robotik sollnicht nur im industriellen, sondern auch im privaten Einsatz ein wichtiger Anwendungsschwerpunkt von 6G werden.
© 5G Lab / Marcus Hartelt

Anwendungen bestimmen die Technologien

Wie schon bei der Entwicklung von 5G definieren sich die benötigten neuen Technologiebausteine weitgehend aus den geplanten Anwendungen. Und die sieht zum Beispiel Prof. Gerhard Fettweis vom an der TU Dresden angedockten 5G Lab Germany nicht zuletzt im privaten Robotereinsatz vom Haushaltshelfer bis zum Pflegeeinsatz. Vertrauenswürdigkeit bis hinunter auf Chip-Ebene sei dafür eine entscheidende Voraussetzung.

Sein Kollege Prof. Frank Fitzek gab in seiner Keynote einen Überblick darüber, welche Technologietrends gerade in der Wissenschaft diskutiert werden.

  • Zum Beispiel „semantische Netze“, die bei der Signalübertragung künstliche Intelligenz nutzen.
  • Oder „goal-oriented communication“, die dynamische Anpassung der Netzarchitektur an die jeweilige Übertragungsaufgabe.
  • Oder „Reconfigurable Intelligent Surfaces“ (RIS), bei denen einstellbare Eigenschaften von Oberflächen die Ausbreitung von Funksignalen beeinflussen.

In Dresden wurde wieder klar: An innovativen Ideen für 6G mangelt es jedenfalls nicht.

6G Technologien

6G soll auf diesen sechs wesentlichen Bausteinen aufbauen:

6G-Technologien
6G-Technologien
© Nokia

Neues Spektrum

Dem stetig wachsenden Bandbreitenbedarf soll 6G mit neuen Frequenzbereichen begegnen. Zu den heute üblichen „Sub- 6-GHz“-Bändern sollen Frequenzen hinzukommen: für urbane Hotspots in Bereichen von 7 bis 20 GHz, für Nahbereichskommunikation von 24 bis 71 GHz und oberhalb von 92 GHz für „Sensing“-Anwendungen. Neue hohe Frequenzen erfordern allerdings auch neue Funkverfahren (Spectrum Technologies).

KI im Netz

Ein „AI-native air interface“ integriert KI und Machine Learning tiefer ins 6G-Netz. Endgeräte sollen voneinander lernen und KI-Algorithmen die Signalausbreitung im laufenden Betrieb ständig optimieren.

Mobilfunk als Sensor

Frequenzen bis hinauf in den Terahertz-Bereich bieten Eigenschaften, wie sie zum Beispiel Radar hat. Aus den Reflexionen ließen sich Objekte erkennen, darunter die Position von Personen in Räumen oder von Autos auf der Straße.

Konnektivität extrem

Noch konsequenter als 5G soll 6G lebenswichtige Verbindungen ermöglichen und unter anderem Kabel ersetzen – vom Industrieumfeld bis zu Inhouse-Verbindungen für Robotik und IoT. Dies erfordert noch höhere Zuverlässigkeit und Robustheit sowie je nach Anwendung noch kürzere Latenzen als bei 5G.

Neue Architekturen

Manche Elemente von 6G sind schon heute bekannt, sollen im neuen Standard aber noch konsequenter genutzt werden: Cloud, KI, Edge-Computing, spezialisierte Sub-Netze oder Micro-Services. Neue Anforderungen wie mehr Nachhaltigkeit, stärkere Resilienz und neue Topologien (wie Cell-less networks) kommen hinzu.

Sicherheit, Privatheit und Vertrauen

Zahlreiche Anwendungen künftiger 6G-Netze stellen höchste Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz – darunter Robotik im privaten oder industriellen Umfeld. 6G soll ihnen mit einer „Trust-Architektur“ nachkommen – unter anderem mit Verschlüsselung, die sogar Quanten-Computern standhält.