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Interview

"Wir haben in Deutschland kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem"

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Wolfgang Metze, Privatkunden-Chef der Deutschen Telekom, spricht im connect-Interview über neue Zielgruppen, Glasfaserausbau und Kundenzufriedenheit.

Autor: Josefine Milosevic • 13.9.2024 • ca. 9:35 Min

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Wolfgang Metze, Privatkunden-Chef der Deutschen Telekom
© Deutsche Telekom

Hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur und parallel dazu steigende Kundenbedürfnisse – der dynamische Telekommunkationsmarkt stellt auch Großkonzerne vor immense Herausforderungen. Wolfgang Metze leitet seit 1. August 2023 als Geschäftsführer Privatkunden das Mobilfunk- und Breitbandgesch...

Hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur und parallel dazu steigende Kundenbedürfnisse – der dynamische Telekommunkationsmarkt stellt auch Großkonzerne vor immense Herausforderungen. Wolfgang Metze leitet seit 1. August 2023 als Geschäftsführer Privatkunden das Mobilfunk- und Breitbandgeschäft der Deutschen Telekom. Der studierte Diplom-Kaufmann, der vor 22 Jahren als Trainee bei der Telekom startete, blickt auf eine erfolgreiche Karriere zurück: Seit 20 Jahren begleitet er verschiedenen Management-Posten und ist seit über zehn Jahren in der Leitung von Privatkunden-nahen Geschäftsfeldern tätig.

2017 wechselte Metze dann zur Teléfonica Deutschland, die er sechs Jahre lang als Chief Consumer Officer (CCO) und Mitglied des Vorstands mit einem innovativen Produktportfolio voranbrachte. Doch offensichtlich zog es ihn zurück zu seinen Wurzeln, denn 2023 kehrte der erfahrene Manager wie gesagt zur Telekom zurück.

Wie er die aktuelle Marktentwicklung einschätzt, woran es in Deutschland beim Netzausbau hapert und wie er und sein Team sich in diesem hart umkämpften Markt aufstellen, hat er connect bei einem Redaktionsbesuch verraten.

connect: Herr Metze, Sie sind schon lange in der Telekommunikationsbrache tätig. Was fasziniert Sie an der Branche?

Wolfgang Metze: Das wirklich Schöne an der Industrie ist für mich, dass wir so eine hohe Relevanz für die Kundinnen und Kunden haben. Dafür bauen wir unsere Netze, dafür machen wir unsere Produkte, dafür stehen mein Team und ich jeden Tag auf. Nehmen Sie als Beispiel ein E-Auto, das Sie betanken wollen: Sie können über das Mobilfunknetz schnell prüfen, wo sich die nächste Ladesäule befindet und ob sie frei ist. Es gibt genug Bespiele, die zeigen, dass vieles ohne Telekommunikation nicht funktionieren würde. Deswegen macht das Arbeiten in dieser Branche so viel Spaß. Man könnte ja denken, es wird auf Dauer langweilig. Aber nein, das Gegenteil ist der Fall.

Und es ist natürlich auch spannend zu sehen, wie man sich überhaupt noch differenzieren kann auf dem engen Markt. Was unterscheidet ein gutes von einem sehr guten oder einem perfekten Netz? Wie viel Prozent brauche ich vielleicht noch und wo schaffe ich Wertschöpfung abseits der Tarifoptimierung?

Wir verfolgen die Strategie, dass wir das beste Netz, die besten Produkte und den besten Service bieten. Dabei stehen die Kundinnen und Kunden immer im Mittelpunkt. Deren Erfahrungen machen am Ende den Unterschied. Wie einfach sind unsere Produkte zu nutzen, wie gut sind unsere Angebote auf sie zugeschnitten? Wir messen die Kundenzufriedenheit respektive die Weiterempfehlungsquote über den sogenannten NPS (Net Promoter Score, redaktionelle Anmerkung) und schneiden bei den Netzbetreibern am besten ab. Wir haben aber nicht nur unsere Netze, sondern auch Content. Bei unserer TV-Plattform MagentaTV vergleichen wir uns mit Netflix, Amazon und Co, die alles dem bestmöglichen Kundenerlebnis unterordnen. Dies wird eins der entscheidenden Unterscheidungsmerkmale der Zukunft sein – insbesondere, wenn man die Einzelprodukte bündelt. Konnektivität ist für uns nicht nur Mobilfunk oder Breitband oder Fernsehen, sondern Konnektivität heißt, dass ich immer verbunden bin mit dem, was ich brauche. Und wir sind für das bestmögliche Kundenerlebnis zuständig. Das ist es, woran ich glaube und woran mein Team und ich jeden Tag arbeiten: zu überlegen, was können wir für unsere Kundinnen und Kunden einfacher, schneller und besser machen.

Sie befragen also direkt Ihre Kunden?

Wir erhalten täglich ganz gezielt mehrere tausend Kundenfeedbacks zu einem Produkt oder einer Dienstleistung. Damit erfahren wir viel darüber, womit die Kunden zufrieden sind und was aus ihrer Sicht weniger gut läuft. Das werten wir aus, und jeder im Unternehmen – vom Produktmanager bis zum Vertrieb – hat Zugriff auf diese Daten. So können wir ganz gezielt die Prozesse, die Produkte, die Kommunikation zum Wohle unserer Kunden verbessern. Richtig genutzt, ist ehrliches Kundenfeedback pures Gold. Wichtig ist die Haltung: wir schauen explizit dorthin, wo unsere Kunden uns schlechte Noten geben. Früher hätte man das wohl ausgesessen, heute kümmert sich ein dediziertes Team um Vorgänge, die unbefriedigend sind – um dann im Einzelfall schnell zu helfen und zugleich strukturell die Vorgänge zu verbessern. Wir wollen täglich lernen und verstehen, wo wir noch besser werden können.

Seit 1. August sind neue MagentaMobil-Tarife auf dem Markt. Die Kunden erhalten ohne Preiserhöhung unter anderem das Doppelte an Datenvolumen. Bislang galt die Telekom eher als hochpreisig. Versprechen Sie sich durch die Preisvorteile einen deutlichen Kundenzuwachs und welche Zielgruppen wollen Sie damit erreichen?

Premiumqualität muss nicht zwangsläufig teuer sein. Das haben wir in der Vergangenheit mit unseren Familientarifen gezeigt, das unterstreichen wir jetzt mit unseren neuen MagentaMobil-Tarifen. Mit reichlich Inklusivvolumen, einem neuen Einsteigertarif, der Mobile Happy Hour für unsere treuen MagentaEins- Kunden und einer drastischen Preissenkung für Telefonate in und aus Ländern außerhalb der EU. Ich bin überzeugt, dass wir das beste Preis-Leistungs-Verhältnis im Markt bieten. Das sehen auch viele Kunden so. Rund 311.000 Neukunden haben sich im zweiten Quartal des Jahres für uns entschieden. Gleichzeitig halten uns die Kunden die Treue. Die Wechslerrate bei den privaten Vertragskunden lag stabil bei niedrigen 0,8 Prozent. Dafür sind wir dankbar. Aber wir tun nicht nur etwas für Vertragskunden. Aktuell haben wir unsere neuen Prepaidtarife gestartet. Neben mehr Datenvolumen zum selben Preis – im XL-Tarif wird es sogar 5 Euro günstiger – können Kunden künftig ihr nicht verbrauchtes Inklusivvolumen in den nächsten Abrechnungszeitraum mitnehmen, ein Novum im Prepaid-Segment.

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Wolfgang Metze im Gespräch mit der connect-Redaktion.
© connect

Preiswerte Mobilfunktarife mit unbegrenzter Datenflat haben sich international schon längst etabliert. Warum bleibt Deutschland da eine Ausnahme?

Das bieten wir mit unseren Familientarifen schon an: Wenn Sie vier MagentaMobil-Karten mit einer unlimitierten Datenflat samt dem MagentaEins-Vorteil buchen, zahlen Sie durchschnittlich 23,70 Euro pro Karte. Und das bei der hochwertigen Netz-, Service- und Produktqualität, die wir den Kunden zur Verfügung stellen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt aus meiner Sicht.

Mit Ihrem Angebot „MagentaEins“ liefern Sie Mobilfunk und Festnetz aus einer Hand. Lange Zeit bevorzugten die Kunden eher unterschiedliche Anbieter für Mobilfunk- und Festnetz. Hat sich das mittlerweile gewandelt?

Wir haben es geschafft, das Komplettangebot massenmarkttauglich zu machen: 65 Prozent unserer Mobilfunkkunden nutzen schon „MagentaEins“. Der Kundenbedarf ist da.

Unser NPS zeigt, dass die Kundenzufriedenheit bei denen, die von uns auch Festnetz beziehen, deutlich höher ausfällt. Je mehr Produkte eine Kundin oder ein Kunde von uns nutzt, desto zufriedener ist sie oder er. Und mit positiven Kundenerfahrungen sinkt auch die Wechselbereitschaft.

Wir wollen die Komplexität bei den Diensten weiter reduzieren: MagentaTV lässt sich einfach nutzen. Das haben wir mit der Gutschein-Aktion mit Lidl gezeigt: In allen 3.250 Supermarkt-Filialen wurde die Tarifoption „MagentaTV Smart Flex“ wahlweise für einen oder drei Monate zum reduzierten Preis angeboten. So konnten die Käufer neben 150 HD-Sendern, Serien und Filmen auch alle Spiele der Fußball-EM 2024 live verfolgen. Dazu musste man nicht mal Telekom-Kunde sein. Man nahm das Produkt vom Haken, scannte einmal den QR-Code und konnte dann problemlos Sat1, Pro Sieben, RTL oder Fußball via MagentaTV schauen. Die Aktion war sehr erfolgreich, auch deswegen, weil wir den Kaufprozess so vereinfacht haben.

MagentaTV wird immer beliebter: Sie haben mittlerweile weit über 4,5 Millionen Kunden. Seit dem 1. Juli entfällt zudem das Nebenkostenprivileg. Profitieren Sie davon?

Wir haben einen spürbaren Kundenzuwachs, aber eigentlich zählt das Gesamtpaket. Wir sind im Fernsehen gerade sehr erfolgreich, gewinnen Marktanteile und sind mittlerweile die am schnellsten wachsende TV-Plattform in Deutschland. Woran liegt das? Die Kunden merken, dass TV via Internet mit den Komfortfunktion ein ganz anderes Fernseherlebnis bietet. Sie können die Tagesschau auch nach 20 Uhr jederzeit anschauen. Wenn Sie eine Aufnahme unterwegs starten, können Sie die Aufzeichnung später im Zug oder zu Hause weiterverfolgen. Dank unserer Cloud können Sie Ihre Aufnahmen auch ohne Media Receiver jederzeit und überall anschauen. Das Ganze lässt sich auch noch per Sprachansage steuern. Das ist für Mieter und Mieterinnen, die mit dem Wegfall des Nebenkostenprivilegs nach Jahrzehnten endlich ihren Fernsehanbieter frei wählen können, ein attraktives Angebot. Wir bieten sogar wieder Teletext an, was die ältere Kundschaft nach wie vor goutiert. Unser Ziel ist es, den Zugang so einfach wie möglich zu gestalten: Wenn Sie bei uns Breitband-Kunde sind, benötigen Sie keine zusätzlichen Log-In-Daten für MagentaTV. Das haben sich unsere Kunden gewünscht – und wir haben geliefert. Wichtig ist auch die Erfahrung etwa bei einem Umzug: Sie beauftragen unseren Service, und zum vereinbarten Termin funktioniert an der neuen Adresse alles. Das erzählt man im Bekanntenkreis weiter. Unser Anspruch ist hoch: Wir wollen stets ein paar Schritte voraus und auch aus Kundenperspektive die besten im Markt sein.

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© connect

Die Netzbetreiber unterscheiden sich preislich nicht mehr so stark. Ist der hiesige Mobilfunkmarkt schon so gesättigt?

Wir haben mit etwa 70 Mobilfunkmarken in Deutschland einen der größten Wettbewerbsmärkte in Europa – mit einer hohen Dynamik. Das gilt für Mobilfunk wie auch für Breitband. Der Wettbewerb funktioniert hierzulande sehr gut. Insbesondere auch durch den Großhandel und über die unterschiedlichen Marken. Wir nehmen den sportlich fairen Wettbewerb an und sind überzeugt, dass am Ende die Kunden das beste Gesamtpaket bei uns bekommen – von der Anbietervielfalt profitieren die Menschen in Deutschland.

Auch in puncto Festnetz geben Sie Gas: Seit Anfang Juli offerieren Sie ein neues Glasfaser-Tarifportfolio mit bis zu 2 Gbit/s zu attraktiven Preisen. Wie ist die Resonanz der Kundschaft? Schaffen Sie damit eine Öffnung hin zum Massenmarkt?

Glasfaser ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie. Wir investieren in Deutschland jedes Jahr fünf Milliarden Euro, der Großteil davon geht in unsere Netze. Wir werden am Ende dieses Jahr voraussichtlich zehn Millionen Haushalte mit Glasfaser versorgt haben. Bis 2030 soll die Anzahl an Haushalten, die an Glasfaser angeschlossen sind, auf mindestens 25 Millionen steigen. Die Nachfrage hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gesteigert und wir rechnen dieses Jahr mit circa 450.000 neuen Glasfaserkunden.

Und für was braucht die Kundschaft so hohe Geschwindigkeiten?

Heute braucht sicher noch nicht jeder Haushalt 500 Mbit/s oder mehr. Doch wir bauen hier ein neues Netz für die nächsten 30, 40, 50 Jahre. Dies ist eine Generationenaufgabe. Immer mehr Kunden sehen den Nutzen von hohen Bandbreiten und einem stabilen Netz. Was war in der Corona-Zeit neben der Gesundheit das Wichtigste? Eine stabile Leitung. Bei Glasfaser haben wir Stabilität und keine Schaltaufwände mehr. Wenn Sie etwa bemerken, dass sie doch mehr Geschwindigkeit im Down- oder im Upload brauchen, dann können Sie diese in der Telekom-App mit zwei Klicks bestellen und werden prompt umgestellt. Heute muss manchmal noch ein Techniker rausfahren und Kabel umstecken. Das ist bei Glasfaser obsolet.

Leider gibt es beim Netzausbau immer wieder Engpässe und Verzögerungen. Woran liegt das?

Wir brauchen eine deutlich stärkere Akzeptanz alternativer Verlegemethoden. Heute haben wir die Vorschrift, das Kabel 60 Zentimeter tief in die Erde zu verlegen. Dafür brauchen Sie einen breiten Schacht. Wenn wir nur 30 Zentimeter tief graben, also in Mindertiefe verlegen, sind wir drei bis fünfmal schneller. Entsprechend effizienter können wir die Ressourcen und die Fachkräfte nutzen. Unterm Strich ist dieses Verfahren rund 30 Prozent günstiger. Das heißt, wir können fürs selbe Geld mit den vorhandenen Kapazitäten deutlich schneller und mehr ausbauen. Anwohner haben weniger Baulärm und kürzere Baustellen vor der Türe. Das ist also für alle gut. Doch leider werden uns aufgrund regionaler Befindlichkeiten in den Kommunen oft Steine in den Weg gelegt. Es muss noch viel zu oft der teure, langwierige Tiefbau sein. Neben der Erlaubnis alternativer Verlegemethoden müssen wir zugleich auch die Genehmigungsverfahren beschleunigen und den bürokratischen Aufwand reduzieren. Wir müssen heute, bevor wir überhaupt anfangen zu bauen, drei bis sieben Anträge stellen. Da war noch kein Bagger da. Das muss schneller und einheitlicher geregelt werden.

Das Problem ist doch seit Jahren bekannt. Gibt es da keine Fortschritte?

Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz geht es zwar in die richtige Richtung, aber es reicht noch nicht. Wir haben in Deutschland kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Entscheidend ist, was vor Ort passiert. Bürokratieabbau, Digitalisierung der Behörden und von uns selbst, alternative Verlegungsmethoden – das sind die Themen, die uns nach vorne bringen und über die ich gerne konstruktiv diskutiere.

Das Thema Umwelt rückt ebenfalls immer mehr in den Fokus. Derzeit wird viel über grüne Netze geredet. Wie sieht es hier bei der Telekom aus? Ist ein grüner Tarif ein Thema?

Bei uns ist jeder Tarif grün, weil wir 100 Prozent grünen Strom haben. Man kann natürlich argumentieren, wenn ich weniger surfe, verbrauche ich auch weniger Strom. Aber wir sind der Meinung, das entscheidet der Kunde und die Kundin selbst. Das wollen wir als Telekom keinem vorschreiben. Uns ist das Thema Umwelt wichtig. Wir haben im Hinblick auf die EU-Nachhaltigkeitsrichtlinien sehr straffe Ziele, die wir auch im Kapitalmarkt kommuniziert haben. Eine effiziente Netznutzung ist hier ein wichtiger Hebel: Der Stromverbrauch bei 5G etwa fällt im Vergleich zu 4G um 70 Prozent pro Gigabyte geringer aus. Deswegen setzen wir auf 5G und bieten es allen Kunden an – vorausgesetzt, sie verfügen über das passende Endgerät. Im Festnetz schneidet die Glasfaser noch besser ab: Reine Glasfasernetze verbrauchen sechs Mal weniger Strom als TV-Kabelnetze. Neben Resilienz und Geschwindigkeit hat die Glasfaser auch in der Energiebilanz klar die Nase vorn.

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