B&W Formation Duo im Test
Auf einen Schlag hat Bowers & Wilkins eine neue Serie lanciert. Wir wollten die Ersten sein – und haben die schlauen, schönen Stereo-Lautsprecher in unseren Hörraum gelockt. Ein Erlebnis. Lesen Sie unseren Test zum Formation Duo von B&W.

Damit hatten wir nicht gerechnet. Damit hatte keiner gerechnet. Nicht einmal geahnt. Still, geheimnisvoll und schweigend hat Bowers & Wilkins eine neue Serie entwickelt. Nicht nur eine neue Serie – nein, einen eigenen Kosmos. Der den simplen Namen „Formation“ trägt. Eigentlich ein z...
Damit hatten wir nicht gerechnet. Damit hatte keiner gerechnet. Nicht einmal geahnt. Still, geheimnisvoll und schweigend hat Bowers & Wilkins eine neue Serie entwickelt. Nicht nur eine neue Serie – nein, einen eigenen Kosmos. Der den simplen Namen „Formation“ trägt.
Eigentlich ein zu simpler Name für den Geniestreich dahinter. Denn nie zuvor hatte sich B&W mit dieser Welt beschäftigt. Allenfalls im Einzelfall – wie beispielsweise beim legendären Zeppelin. Nun das große Aufgebot an Klangwandlern, die per WLAN angesteuert werden und in einem Heimnetz zu Hause sind.
Bausteine - Eine ganze Serie
Verlässt da ein Schuster seinen Leisten? Sicher nicht. B&W bleibt seinen Genen treu. Die Chassis finden wir auch in anderen Modellen des britischen Katalogs wieder. Doch es war an der Zeit. Zu viele Konkurrenten hatten sich herangepirscht. Zu viele Mitbewerber haben schon den Markt der WLAN-Wandler untereinander aufgeteilt.
In den Wohnzimmern sind Sonos und Co. bereits feste Größen. Die es nun zu verdrängen und zu überflügeln gilt. Eine schwere Aufgabe. Doch das Konzept der Briten hat seine Reize. Statt eines Allround- Lautsprechers gibt es eine Serie. Man denkt in Bausteinen: B&W wird ein Empfangsmodul entwickelt haben, dazu einen digitalen Amp und eine schlaue Platine für Equalizer und DSP.
Für jeden Einsatzwunsch ist etwas dabei. Für die Kino-Fans gibt es eine Soundbar. Für bereits bestehende HiFi-Ketten einen externen Wandler. Natürlich die kompakte Lösung für die Küche und einen Subwoofer für überall.
Was uns jedoch am meisten reizte: ein grundehrliches Paar an Kompaktboxen, genannt Duo. Hier verändert B&W die Spielregeln für den klassischen, audiophilen Einsatz. Wir haben lange mit der Chefetage von B&W konferiert und schließlich den Zuschlag erhalten:

Wir dürfen das Duo exklusiv und als eines der ersten Magazine in Europa testen. Ehre und Freude. Alle Formation-Lautsprecher können miteinander vernetzt werden. Mehr noch: Sie agieren auch als eigenständige Sendestationen nach dem Mesh-Protokoll.
So lässt sich ein ganzes Haus beschallen, ohne auf die Reichweite nur eines zentralen Routers angewiesen zu sein. Und es geht schnell: Die Verzögerung des Musiksignals zwischen den unterschiedlichen Lautsprechern liegt bei nur einer Millisekunde. Rekord. Wer sich vor böser Strahlung fürchtet, muss sich nicht ausgegrenzt fühlen: Alle Formation-Wandler lassen sich auch über Ethernet-Kabel miteinander verbinden.
Wer ganz faul ist, wird ebenfalls hofiert: Es braucht kein WLAN, auch per Bluetooth kann die Wunschmusik zugeströmt werden; natürlich im aktuell höchsten Standard per aptX-HD-Protokoll. Wer der Welt von Apple anhängt, wird ebenfalls in die Arme genommen: Alle Formation-Lautsprecher verstehen auch die aktuelle AirPlay2-Sprache.
Ersteinrichtung - Punktgenau gelungen
Fazit bis hierher: Hier hat sich ein Hersteller enorme Gedanken über den Nutzwert gemacht – die Zielgruppe ist weit, die Ansprache punktgenau, die Zukunftsfähigkeit hoch. Klappt das auch bei der Ersteinrichtung? Eher eine rhetorische Frage. Denn B&W wäre schlecht beraten, würden die Briten nicht auch eine formschöne App entwickelt haben.
Einfach in den Store von Apple oder Google gehen und „B&W“ eintippen. Sofort wird die App gefunden und ist in Sekunden heruntergeladen. Danach darf man sich zuerst über das edle Layout freuen – hier stimmt die Wertigkeit. Dann scannt die App die Umgebung nach Formation-Mitgliedern. Sofort war unser Duo gefunden.
Im nächsten Schritt will die App den Namen und das Passwort des heimischen Netzwerks wissen. Jetzt müssen noch die Lautsprecher für ihren Einsatzort benannt werden – eben, weil hier ein Multiboom-System als Option geschaffen werden kann. Drei Minuten sind vergangen, wir erreichen das Finale:
Welches ist der rechte, welches der linke Lautsprecher? Dazu einfach eine Taste auf der Lautsprecher-Front drücken. Fertig. Wirklich fertig? Nö. Genau an dieser Stelle verlässt uns Bowers & Wilkins. Die App ist nur für die Einrichtung geschaffen, nicht für den Betrieb. Natürlich kann ich jetzt schon meine Musik per AirPlay oder Bluetooth hören. Doch wie steht es um meine Sammlung auf der NAS-Festplatte? Oder mein Abo bei Tidal, Qobuz und Co.?
Hier entzieht sich B&W der Pflicht. Oder anders formuliert: Die Briten wissen, dass diesen Job andere Software-Hersteller besser machen. So lohnt es sich, etwas genauer durch den Stapel mit der Bedienungsanleitung zu blättern. Dort findet man einen Gutschein vor: 60 Tage Roon umsonst.

König der Apps
Roon ist ohne Frage die stärkste Software, wenn es um Streaming geht. Das Layout ist elegant, die Informationsfülle gewaltig. Jeder müsste Roon auf seinem Smartphone, seinem Tablet haben. Allein: Die Software ist traurig teuer. Entweder man schließt ein Abo ab (120 Dollar im Jahr) oder stockt auf zum lebenslangen Kauf (500 Dollar). Da darf man sich schon ans Herz fassen.
Obwohl: Wir kennen einige Musikfans, denen diese Anschaffung es wert war – die Opulenz von Roon ist derzeit auf der Welt ohne Konkurrenz. Aber es geht auch kleiner. Unser Tipp: Die kompakte Software mconnect (sieben Euro für das iPad) stemmt alles auf kleinerer Flamme, stabil bei einem NAS, souverän bei Streaming-Diensten.
Von allen Formation-Familienmitgliedern geht kein Produkt so hoch im Preis wie das Duo – 4000 Euro wünschen sich die Briten. Dafür bekäme man schon stattliche Standboxen aus dem Katalog. Doch nicht zu vergessen: Beim Duo spart man sich Wandler, Vorstufe und Endstufe. Abermals: zwei Stromkabel genügen.
Das Design trifft perfekt den Mix aus Futuristisch und Klassisch. Man sieht die Produktsprache von B&W, dazu aber jenes Quäntchen der Moderne, das die ganze Familie auszeichnet. Zwei Farben stehen zur Wahl: Schwarz und Weiß. Ganz subjektiv: Die schwarze Version wirkt edler, stringenter – doch hier entscheiden persönliche Vorlieben.
Gern hätten wir die Kettensäge angesetzt und einen Duo tranchiert – nur um zu sehen, wie es im Inneren aussieht. Doch das hätte 2000 Euro vernichtet und nur begrenzt zum Ziel geführt. Innenaufnahmen hat uns B&W nicht zur Verfügung gestellt, trotz mehrfacher Nachfrage. Aber wir haben die Basisinformationen über die Chassis erhalten.
Das sind alte, gute Bekannte. Die so vereint beispielsweise auch in der 700er-Serie aufspielen. Im Kern ist das Duo fast identisch mit dem Mo- dell 705 S2 (2200 Euro pro Paar), nur eleganter und eben vollaktiv und intelligent. Als Hochtöner schwingt ein Carbon Dome – im eigenen Gehäuse.
B&W stellt dafür einen externen Aluminiumblock ab, der on Top und abgekoppelt auf dem Gehäuse thront. Der Carbon Dome selbst besteht aus einer definiert gedoppelten Aluminiummembran, die bis 47 Kilohertz sauber in die Höhe spielen soll. Das gibt es nur hier. Ebenso den Tief/Mitteltöner.
In alten Tagen hat B&W auf ein Geflecht aus Kevlar gesetzt – dottergelb und über Jahre das markante Erkennungszeichen der Briten. Nun glimmert die Membran silbern. „Continuum“ hat B&W dieses Material getauft; ebenfalls ein Geflecht, doch nun aus der Aramid-Faser. Die Diagonale im Duo liegt bei 16,5 Zentimetern. Das ist noch kompakt, verspricht laut B&W aber einen Tiefgang bis unter 30 Hertz.
Wer partout mehr will, kann eben noch den passgenauen Subwoofer aus der Formation-Serie darunterlegen (1100 Euro). Der sieht nicht nur schmuck aus, sondern passt sich – App sei Dank – perfekt der Lautstärke und der Übergabefrequenz der beiden Duos an. Einfach aufstellen, kei- ne weitere Justage erforderlich.
Dynamik und Drive
Nun zum Eigentlichen, zum Klang. Schon nach der rasant souveränen Installation waren wir angefixt von diesen beiden Lautsprechern. Ob auch die klangliche Qualität mithalten könnte? Die Frage war schnell beantwortet, ein paar Takte genügten. Als brandneue, wunderbare Testmusik streamten wir das neue Album von The National zu – „I am easy to find“.
Smooth beginnt der Titel „Roman Holiday“. Die B&W zeigte mit wenigen Takten die räumliche Präsenz des Aufnahmeraums. Die feinen perkussiven Einwürfe, dann der Einsatz der Singstimme – eine Super-Ballade, höchst anspruchsvoll aufgenommen. An schlechten Lautsprechern gehen die vielen feinen dynamischen Informationen unter – nicht so am Formation Duo, hier stimmte alles, das feine Beben, die Rauheit der Männerstimme. Klasse.
Wir waren beeindruckt. Geht da noch mehr? Im Song „The Pull of you“ peitscht uns das Schlagzeug auf einen 4/4tel Takt ein. Hier muss ein Lautsprecher Größe zeigen. Das hatte das Duo – mit Drive lösten sich die Informationen aus der Membranebene. Wer im Sweetspot sitzt, ist versucht in das Klangbild hineinzugreifen.
Noch schöner wird das Erlebnis im Song „Dust swirls in the strange Light“. Als Opening singt ein Knabenchor a cappella – die beiden B&Ws ließen eine Kathedrale des Klangs erstehen, füllig, mit genau tariertem Nachhall. Nehmen wir an, wir hätten ein kleines Tonstudio – dieses Pärchen könnte auch als Abhörmonitor brillieren. Wobei dazu der moderne Lifestyle bedient wird:
Das Klangpanorama ist weit, ebenso zwingt der Sweetspot nicht auf einen zentimetergenauen Sitzplatz auf dem Sofa. Subtext: Das Duo beschallt auch ein komplettes Wohnzimmer mit Stereo-Feeling. Wir schwenken um auf Klassik. In München wagt sich Valery Gergiev gerade an einen Zyklus aller Bruckner-Symphonien.
Die Philharmoniker selbst veröffentlichen die Live-Mitschnitte auf dem eigenen Label. Wer sensibel ist, besucht die Konzerte. Wer keine Chance dazu hat, wählt den Download in 24 Bit und 96 Kilohertz – klingt fantastisch.

Die Präsenz des Raumes
Die heikle Akustik in der Philharmonie spielt glücklicherweise keine Rolle. Wie das Formation Duo vorbildlich zeigte: Das war sehr nah an den Instrumenten, dennoch mit definiertem Nachhall. Gergiev gestattet sich und seinen Philharmonikern erstaunlich lange Generalpausen. In diesen Momenten spürt man die Präsenz des Raumes.
Natürlich ist eine Aufnahme nur das Abbild eines Konzertes – doch hier wird es Erlebnis, das Duo erschuf die Aura des Live-dabei. Alles atmete im Kollektiv. Der Finalsatz der achten Symphonie ist ein Geniestreich – Bruckner stapelt alle Themen der vorangegangenen Sätze übereinander, mehr Polyphonie ist nie erreicht worden. Da braucht es Ordnung.
Wieder eine Domäne des Duos – die Analyse war hoch, dennoch wirkte es nie kalt. Allein die Eleganz, in der die Blechbläser schimmerten, ist für einen Lautsprecher schwer zu stemmen, die beiden B&Ws vollbrachten es mit Leichtigkeit. Dazu die schönste Harmonie der Chassis untereinander. Für alle, die jetzt ebenfalls euphorisiert sind: Das kann sich zu einem Glückskauf entwickeln.
Fazit
Die Premiere gelingt, wie es schöner nicht sein könnte. Das Formation Duo ist schlau und fabelhaft im Klang. Man hört die alten Gene und bekommt die Welt des modernen Medienkonsums hinzu. Klanglich sicherlich der Höhepunkt des Formation-Katalogs.