Standbox vs. Kompaktbox

B&W 704 S2 & 705 S2 im Test

12.2.2018 von Klaus Laumann

Standbox oder Kompaktlautsprecher? B&W 704 S2 und B&W 705 S2 kosten fast gleich viel. Wir stellen die unterschiedlichen Lautsprecher im Test gegenüber.

ca. 3:15 Min
Testbericht
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B&W 705 S2 und 704 S2
B&W 705 S2 und 704 S2
© B&W

Investiert man lieber in mehr Treiber und Volumen einer Standbox oder in wenige, höherwertige Komponenten einer Kompakten? Die Frage wird besonders dann interessant, wenn beide Kandidaten ähnlich viel kosten und aus derselben Serie stammen. Im recht weiten Preisrahmen der neuen 700-S2-Serie von Bowers & Wilkins etwa kostet die 705 S2, ihres Zeichens größte der drei Kompaktboxen, mit 2200 Euro kaum weniger als die kleinste Standbox 704 S2 mit 2400 Euro. Das heißt, man bekommt für fast das gleiche Geld entweder zwei Treiber oder deren vier.

Noch spannender wird die immerwährende Glaubensfrage „Standbox oder Kompaktbox?“ wegen des akustischen Konzepts und der hauseigenen Technologieträger: So bietet die Standbox 704 S2 den gerühmten sickenlosen Mitteltöner mit dem Wundermaterial Continuum, die Kompakte 705 S2 dafür den freistehenden Hochtöner.

Testsiegel 1/2018 Stereoplay Highlight
Testsiegel 1/2018 Stereoplay Highlight
© WEKA Media Publishing GmbH

Gemeinsam unterschiedlich

Das silbrige Continuum, dem acht Jahre Entwicklung zugrunde liegen, findet sich in beiden Boxen wieder. Das Material ist ein Verbundwerkstoff ähnlich wie Kevlar, der verwoben und beschichtet wird und mit seinen Materialeigenschaften weniger darauf abzielt, das Aufbrechen der Membran komplett zu verhindern als vielmehr schneller unter Kontrolle zu bringen.

Bei der Kompakten wird die Continuum-Membran von einer Gummisicke eingerahmt, da der Konus als kombinierter Tief- und Mitteltöner fungiert und daher in der Lage sein muss, auch ausreichend Hub zu liefern und mit steifer Membran Luft zu verschieben. Die Standbox dagegen spielt mit einem reinen Mitteltöner ohne Sicke, sondern mit einem kaum sichtbaren Dämpfungsring aus Schaumstoff, der in der 704 noch eine Nummer kleiner ausfällt als im großen Schwestermodell 702. Den Bass übernehmen bei ihr zwei kleine, aber agile Tieftöner mit dem sogenannten Aerofoil-Profil, einer mehrschichtigen Membran mit variabler Dicke, durch die Stabilität und Steifigkeit optimiert werden.

Dafür erhielt die 705 S2 das charakteristischste Merkmal der großen B&W-Lautsprecher, den abgesetzten Hochtöner. Auch wenn das separate Gehäuse aus massivem Aluminium bei ihr etwas weniger elegant geformt ist als bei den Spitzenmodellen, ist sie ihnen damit optisch wie technisch am ähnlichsten. In der Standbox ist er dagegen plan in die Schallwand eingelassen. In beiden Varianten spielen die Hochtöner mit einer Karbonkalotte. Dabei handelt es sich um eine Aluminium-Membran, die mit einer hauchdünnen Schicht aus Kohlenstoff überzogen ist und dem Klang der legendären Diamantkalotten besonders nahe kommen soll – Diamant ist schließlich nichts anderes als reiner Kohlenstoff in einer besonders stark gebundenen Kristallgitterstruktur.

B&W 704 S2
Alle Modelle der Serie kommen standardmäßig mit Bi-Wiring-Terminal, dahinter versteckt sich eine puristisch ausgelegte Frequenzweiche mit wenigen, aber dafür hochwertigen Bauteilen. Das Bassreflexrohr mit Golfball-Struktur ist rückwärtig angeordnet und bei allen Modellen auf Tieftöner und Gehäusevolumen angepasst.
© B&W

Große Fragen

Was wird also am Ende den Ausschlag geben: Das Mehr an Volumen und Membranfläche bei der Standbox, oder das aufwendiger gestaltete Gehäuse bei der Kompaktbox?

Dass es eine gut ausgelegte Kompakte durchaus mit einer Standbox aufnehmen kann, zeigte die 705 S2 im stereoplay-Hörraum. Freistehend spielte sie Tracy Chapmans Debütalbum, das auch nach ihr benannt ist, absolut naturgetreu und angenehm ausgewogen, verlieh der Stimme die nötige Schwere und der Gitarre einen feinen Glanz, den viele Lautsprecher sonst vermissen lassen. Jedes feinste Detail war mit traumhaft selbstverständlicher Homogenität wahrnehmbar. Im Bass nahm sie sich zwar ein wenig zurück, war dafür aber umso präziser. Wer sich etwas mehr Fundament wünscht, kann entweder mit einer wandnahen Platzierung nachhelfen, was im Test tatsächlich den Bass unterstützte, ohne dass er zu dick wurde oder sich im Timing vom Rest des Geschehens löste, was bei einer Positionierung direkt an der Wand häufig passieren kann.

Aber selbst wandnah trat die Kompakte noch lange nicht so dynamisch und souverän auf wie die 704 S2, die geradezu vor Kraft strotzte und wie eine ganz große Standbox klang. Bei bombastischer Orchestermusik wie dem Finale von Saint-Saëns Orgelsinfonie in c-moll (Natural Bass, stereoplay 04/2016) ließ sie imponierende Stärke walten und bewies bei schon fast übertrieben kraftvollen Bass- und Celliklängen ein gutes Händchen für die Abbildung des Orchesters, konnte es aber nicht so fein durchzeichnen wie die Kompakte.

B&W 705 S2
Der „Carbon Dome“ sitzt bei der 705 freistehend und entkoppelt auf dem Boxengehäuse. Das massive, gegossene Aluminiumgehäuse enthält eine sich verjüngende Luftröhre, die rückseitig abgestrahlten Schall absorbiert. Die tropfenförmige Außenform des Gehäuses ermöglicht kantenfreie Schallbeugung.
© B&W

Was bleibt?

Tonal wich sie von der glitzernd-glänzenden Ultra-Feinauflösung der 705 S2 ab und setzte eher auf einen warmen und körperreichen, jedoch auch präsenzstarken Klangfarbencharakter. Kann eine so deutlich abweichende tonale Abstimmung eine Geschmacksfrage sein? Bei den erfahrenen B&W-Entwicklern darf man eher vermuten, dass sie beide Boxen für völlig verschiedene Einsatzzwecke optimierten, mochte die Standbox doch freistehende Positionierung und etwas mehr Reflexionen im Hörraum.

So stellt sich die Eingangsfrage letztlich nicht, denn der individuelle Einsatzzweck, Verstärker und Raum entscheiden, welche Box besser ist. Im stereoplay-Hörraum war das die 705 S2, die dem Überflieger 805 D3 von Bowers & Wilkins vom Klangcharakter her schon sehr nahe kam.

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