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Vernetzter Kaffeevollautomat

Jura J8 twin im Test: Zwei Mahlwerke, eine App

Im oberen Segment seiner Kaffeevollautomaten bietet Jura die J8 twin mit zwei Mahlwerken und jeder Menge Funktionen. Für wen lohnt sich die Investition?

Autor: Hannes Rügheimer • 3.6.2024 • ca. 6:20 Min

Online-Siegel
sehr gut
JuraJ8 twin
Vernetzter Kaffeevollautomat
Mai 2024 Zum Produkt
Jura-j8_twin_Aufmacher
Feature-Monster: Jura bietet die J8 twin für knapp 2200 Euro an. Im Onlinehandel ist sie günstiger zu haben.
© Jura

Die Schweizer Marke Jura hat bei Kaffeevollautomaten einen guten Ruf. Wer sich allerdings bei ihren Topmodellen umsieht, landet zum Beispiel für die High-End-Variante Giga 10 schnell bei 3000 Euro. Doch es geht zumindest etwas günstiger, selbst wenn man als anspruchsvollerer Kaffeegenießer auf zw...

Pro

  • sehr gute Kaffee- und Milchschaumqualität mit vielen Einstellmöglichkeiten
  • zwei Bohnenbehälter und Mahlwerke für optimierte Bohnensorten pro Getränk
  • Sensor für Kaffeetassen-Position
  • viele praxisgerechte Details
  • praxisgerechte App-Funktionen

Contra

  • WLAN nur auf 2,4 GHz, lief im Test nicht mit Dualband-Mesh
  • Bedienkonzept mit drei Displays etwas gewöhnungsbedürftig
  • hohe laufende Kosten für Reinigungs- und Pflegemittel

Fazit

Selbst unter vernetzten Kaffeevollautomaten gehört die J8 twin zur Luxus-Klasse – guten Kaffee und gute Bedienung bieten auch um einiges preiswertere Geräte. Was die Jura J8 twin interessant macht, sind allerdings ihre zwei Mahlwerke und die umfangreichen Einstellungsmöglichkeiten für praktisch alle Aspekte des Kaffee- und Milchbezugs. Mit praktischen Details wie dem Sensor für die Position der Kaffeetasse und der insgesamt sehr gelungenen App „J.O.E.“ versüßt das Gerät den Alltag. Die laufenden Kosten für die verschiedenen Pflege- und Reinigungsmittel sind allerdings hoch. Aber dies gilt auch für andere Kaffeevollautomaten.

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Die Schweizer Marke Jura hat bei Kaffeevollautomaten einen guten Ruf. Wer sich allerdings bei ihren Topmodellen umsieht, landet zum Beispiel für die High-End-Variante Giga 10 schnell bei 3000 Euro. Doch es geht zumindest etwas günstiger, selbst wenn man als anspruchsvollerer Kaffeegenießer auf zwei Bohnenbehälter und Mahlwerke Wert legt. Denn für solche Ansprüche bieten die Schweizer seit Kurzem auch das Modell J8 twin an. Das steht mit einer UVP von 2200 Euro in den Jura-Preislisten, in Online-Shops ist es schon für rund 1800 bis 1900 Euro zu finden, etwa bei Expert oder Euronics.

Warum Kaffeegourmets gern zwei Bohnenbehälter und Mahlwerke hätten? Weil sie dann einen davon mit dunkler gerösteten Espresso-Bohnen und den anderen mit heller gerösteten Bohnen für „Café Crema“ beziehungsweise Milchkaffeesorten wie Cappuccino füllen können. Das steigert die Ergebnisqualität für beide Kaffeevarianten spürbar und ist im Gastro-Bereich deshalb Standard – achten Sie mal bei Ihrem nächsten Hotelfrühstück darauf. Auch mit entkoffeinierten und normalen Kaffeebohnen kann man die beiden Bohnenbehälter bestücken, wobei sich gemahlene Kaffeesorten (wie beispielsweise koffeinfrei) auch über ein zusätzliches Pulverfach zugeben lassen.

Bei der Jura J8 wird der Mahlgrad für jeden der beiden Bohnenbehälter von Hand eingestellt – und nicht elektronisch wie beim Topmodell Giga 10. Die je nach verwendeter Bohnensorte idealen Einstellungen fürs Mahlwerk sind aber nach einigen Probetassen gefunden und müssen dann in der Regel auch nicht mehr verändert werden. Ein praxisgerechtes Detail der Mahltechnik: Am Ende jedes Portionsbezugs läuft das Mahlwerk kurz in der Gegenrichtung, um ein Verklemmen von Bohnensplittern zu verhindern.

Aus drei mach eins – das „Panorama Coffee Panel“

Auf den ersten Blick sticht die J8 twin mit ihrem sogenannten „Panorama Coffee Panel“ ins Auge. Das bewirbt der Hersteller als 6,7-Zoll-Touchscreen (Diagonale 17,0 cm). Tatsächlich sind es jedoch drei nebeneinander montierte kleinere Panels, zwischen denen jeweils ein ca. 5 mm dünner Steg montiert ist. Der Grund dürfte darin bestehen, dass kleinere Touchscreens günstiger sind – eventuell dient das Konstrukt auch der mechanischen Stabilität. Die Bedienerführung gibt sich Mühe, die drei Einzeldisplays jeweils sinnvoll zu nutzen. Manchmal wirkt die Aufteilung der Funktionen und Informationen dennoch etwas willkürlich oder gewollt. Smartphone-Nutzern, die größere Displays gewohnt sind, wird dies vermutlich noch etwas stärker auffallen als anderen Anwendern.

Im Alltagsbetrieb lässt sich der Displayinhalt sortieren, sodass die jeweils am häufigsten bezogene Kaffeesorte auf den beiden Bedienebenen jeweils im Mitteldisplay steht und dort größer angezeigt wird. Acht weitere Getränkevarianten gruppieren sich dann darum herum. Beim eigentlichen Kaffeebezug verteilen sich eine Schritt-für-Schritt-Statusanzeige, eine Animation der Tassenbefüllung und Detaileinstellungen wie Getränkemenge oder Intensität (Extraktionsdauer) auf die drei Teil-Displays.

Jura_Display_Auswahl
Die Anordnung der Getränkevarianten auf dem Dreier-Display lässt sich nach Bedarf umsortieren.
© connect
Jura_Display_Optionen
Vor der Getränkeausgabe lassen sich die Füllmengen individuell anpassen.
© connect
Jura_Display_Ausgabe
Auch während der Ausgabe kann der Nutzer noch Mengen anpassen oder einzelne Schritte wie den Milchschaumbezug überspringen.
© connect

Kaffee in Millilitern, Milchschaum in Sekunden

Eine Besonderheit bei Jura ist, dass Kaffeemengen in Milliliter angegeben werden, die Milchmenge jedoch in Sekunden (Laufzeit des Milchbezugs). Dies ist auf den ersten Blick etwas merkwürdig – in der Praxis gewöhnt man sich aber schnell daran. Beide Werte lassen sich während des laufenden Bezugs anpassen, wenn zum Beispiel eine kleinere oder größere Tasse als sonst genutzt wird.

Eine weitere Spezialität bei Jura-Modellen mit zwei Mahlwerken wie der J8 twin: Wer will, kann die von beiden Seiten beigesteuerten Pulvermengen auch mischen, etwa im Verhältnis 25:75 oder 50:50. Dies ist eine nette Spielerei für Experimentierfreudige – bei unterschiedlichen Bohnenröstungen macht diese Option aber weniger Sinn. Für den (teilweisen) Einsatz von koffeinfreien Bohnen eventuell etwas mehr.

Sensorik verhindert Fehlbedienungen

Die J8 twin bietet noch weitere Besonderheiten: Neben dem zentralen (doppelten) Kaffeeauslauf für Espressogetränke gibt es weiter rechts eine Milchdüse mit zusätzlichem Auslauf für alle Kaffeesorten mit Milch. Ein Sensor namens „Coffee Eye“ erkennt, wenn die Tasse fürs gewählte Getränk unter dem falschen Auslauf steht. Dann schaltet die LED-Beleuchtung auf orange um, und das Display fordert auf, die Tasse unter dem richtigen Auslauf zu platzieren. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und verhindert Kaffee- und Milchschaum-Überschwemmungen.

Am Milchauslauf lässt sich auch ein mitgelieferter Sirup-Behälter montieren, der den Milchschaum zum „Sweet Foam“ macht, indem er ihm Geschmacksnoten wie Karamell, Vanille, Kokos oder Haselnuss zusetzt. Auch daran scheiden sich die Geschmäcker: Mancher Kunde amerikanischer Kaffeehaus-Ketten dürfte sich angesprochen fühlen, während Kaffeepuristen wohl eher dankend abwinken. Davon unabhängig produziert das Milchsystem der J8 twin aber in jedem Fall einen sehr feinporigen, exzellenten Milchschaum – und dies auch aus pflanzlichen Alternativen wie „Barista“-Hafermilch.

Laufende Kosten durch Reinigungsmittel

Weit vorne ist Jura allerdings auch dabei, auf dem laufenden Einsatz seiner Vollautomaten zusätzliche Umsätze mit verschiedenen Reinigungs- und Pflegeprodukten zu generieren. Wohlgemerkt: Aus Hygiene- und Geschmacksgründen ist das durchaus sinnvoll. Doch um die nicht entnehmbare Brühgruppe sauber zu halten sind regelmäßige Reinigungsdurchläufe mit einer entsprechenden Reinigungstablette nötig (6 Stück kosten 10 Euro). Der Wasserkreislauf will zusätzlich regelmäßig entkalkt werden (9 Entkalkungstabletten 14 Euro). Um das Milchsystem sauber zu halten, kommt ein cleverer, mitgelieferter Reinigungsbehälter zum Einsatz, der unter die Ausläufe gestellt wird, für den Reinigungsdurchlauf aber mit speziellem Milchfettreiniger-Granulat bestückt werden will (180 Gramm, was je nach Häufigkeit der Reinigungsdurchläufe für etwa 3 Monate ausreicht, kosten 28 Euro).

Und wer das Wasser aus dem Vorratsbehälter für besseren Geschmack von Mineralien und Schwebestoffen befreien will, muss auch die entsprechende „Claris-Filterpatrone“ monatlich erneuern (3 Stück 44 Euro). Letzteres lässt sich allerdings vermeiden, wenn man das Wasser aus einer entsprechenden Filterkaraffe nachfüllt.

Jura_Display_Service
Anstehende Reinigungen oder andere Servicemaßnahmen kündigt das entsprechende Gerätemenü mit einem Countdown-Balken an.
© connect

Finetuning am Gerät oder per App

Die vorbelegten Kaffeevarianten umfassen Espresso, Café lungo, Cortado, Americano, Cappucino, Latte macchiato, Espresso macchiato, Flat white, Milchkaffee, eine Portion Milchschaum oder heiße Milch sowie Heißwasser in zwei Temperaturstufen für schwarze oder grüne Tees. Die meisten dieser Kaffeevarianten lassen sich mit einer Vielzahl von Parametern wie Wasser- und Milchmenge, Brühtemperatur und -dauer, Vorbrühen und Extra Shot einstellen. Besitzer der J8 twin sollten sich darauf einstellen, dass sie die idealen Parameter für ihre wichtigsten Kaffeevarianten erst nach einigen Tagen bis einigen Wochen gefunden haben. Dafür erlaubt es die Einstellungsvielfalt aber umgekehrt, sich an den idealen Kaffee nach eigenem Geschmack heranzutasten.

An dieser Stelle kommt auch die Smartphone-App „J.O.E.“ ins Spiel. Das Kürzel steht für „Jura Operating Experience“ – der Schweizer Hersteller ist auch bekannt für die manchmal überbordende Kreativität seiner Marketingabteilung.

3er-Screen-JOE-1
Links: Alle Getränkevarianten lassen sich auch über die App J.O.E. bestellen und modifizieren. Mitte: Zum Testzeitpunkt bot die App 20 zusätzliche Spezialitäten zum Download. Rechts: Während des Getränkebezugs lassen sich die Parameter noch individualisieren.
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3er-Screen-JOE-2
Links: Um Empfänger und Notizen in der Bestellliste zu vermerken, muss man den Getränkenamen editieren. Mitte: Auch Juras gut bestückter Zubehör-Shop lässt sich über die J.O.E.-App erreichen. Rechts: Statistiken über die bisherigen Getränkebezüge zeigt neben dem Gerätedisplay auch die App.
© connect

WLAN nur auf 2,4 Gigahertz

Um sie mit der Maschine zu verbinden, ist das dafür erforderliche „WiFi Connect“-Modul bereits im Lieferumfang der Maschine enthalten. Zur Aktivierung scannt man mit der J.O.E.-App einen QR-Code. App und Smartphone verbinden sich dann temporär per Bluetooth mit der Maschine und übertragen die Zugangsdaten zum heimischen WLAN an das WiFi-Modul.

Im Praxistest brach diese Verbindung allerdings immer wieder ab, solange die J8 twin am Dualband-Mesh-WLAN einer Fritzbox angemeldet war. Erst als wir dem Vollautomaten ein eigenes 2,4-GHz-WLAN zur Verfügung stellten, blieb die WLAN-Verbindung stabil. Wie viele IoT-Geräte ist auch die Jura J8 twin beziehungsweise ihr WLAN-Modul auf diese Frequenz limitiert und kommt offenbar mit Mesh-Systemen, die versuchen, das Gerät auf 5 GHz zu verschieben, nicht klar.

Nach Bezwingen dieser Connectivity-Hürde erwies sich die App-Anbindung dann aber als sehr stabil und durchdacht. Über die App lassen sich alle 16 vorprogrammierten Getränkevarianten abrufen und nach Gusto modifizieren. Zusätzlich standen zum Testzeitpunkt 20 weitere Kaffeerezepte zum Download bereit – von Café Lima bis Kahlúa und darüber hinaus.

Jura_Display_Verbindung
Die WLAN-Verbindung klappte im Test nur mit einem reinen 2,4-GHz-Netzwerk. Davon abgesehen ist sie aber unproblematisch.
© connect

Praxisgerechte App-Funktionen

Wer häufiger Gäste bewirtet, wird an der Bestellliste Gefallen finden, mit der sich Kaffeewünsche aufnehmen und dann Tasse für Tasse (die natürlich weiterhin manuell unter den richtigen Auslauf gestellt und anschließend weitergereicht werden will) an der Maschine abarbeiten lassen. Auch in dieser Liste lassen sich Temperatur, Extraktionsintensität, Mischverhältnis zwischen den beiden Bohnenbehältern und Wassermenge pro Getränk anpassen. Das klappt in der Praxis alles sehr flüssig – ein kleiner Verbesserungsvorschlag wäre nur noch, dass sich auch der Name des Empfängers des Getränks in der App notieren ließe. Dies geht aktuell nur über den Umweg, den Namen des Getränks zu editieren, zum Beispiel in „Cappucino Hafermilch Kati“.

Ein „Cockpit“ in der App zeigt Statistiken zu den bisherigen Bezügen, anstehende Reinigungen und Ähnliches mehr. Sogar das PDF des Benutzerhandbuchs ist verlinkt – gedruckt oder auf größeren Display liest es sich allerdings komfortabler als auf dem Smartphone.

Verbrauchsmaterial auch via App

Und zu guter Letzt bietet die App auch noch Zugriff auf den Online-Shop, in dem sich die mannigfaltigen Reinigungsprodukte, Zubehör wie Milchbehälter, Verschleißteile wie die Milchauslaufdüse und auch noch Gläser, Löffel sowie nicht zuletzt von Jura empfohlene Kaffeeröstungen bestellen lassen. Long-Tail-Umsätze generieren können sie, die Schweizer.

Mit diesem Funktionsumfang bietet J.O.E. jedoch wirklich alles, was man sich von der App zu einem vernetzten Kaffeevollautomaten wünschen kann. Ob man das alles braucht? Die Antwort auf diese Frage ist so individuell wie die Geschmacksvorlieben bei Heißgetränken und deren präferierte Zubereitungsart.

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