Testbericht
KS Digital 2020 im Test
Bezahlbare aktive Standboxen sind rar gesät. Diese Lücke versucht KS Digital mit Studio-Know-How zu schließen. Die 2020 bietet für 4000 Euro sogar noch ein paar Schmankerl mehr - etwa eine Punktschallquelle.
- KS Digital 2020 im Test
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Studiolautsprecher ins Wohnzimmer - diese Idee ist keineswegs neu, sondern ebnete schon frühen Monitorlegenden wie der LS 3/5a einen Siegeszug unter High-Endern. Als sich im Profi-Bereich die Aktivboxen mehr und mehr durchsetzten, hatten auch die Gründer von AUDIO etliche Geheimtipps parat und empfahlen in den späten 1970ern und frühen 1980ern so manchen Monitor auch fürs Wohnzimmer. Und doch: Die Aktivboxen konnten sich im Heimbereich nie so richtig durchsetzen - die Szene blieb auf wenige Spezial-Hersteller beschränkt.

Das war im Studiobereich anders, und immer mehr Hersteller drängten dort mit neuen Technologien auf den Markt. In den 1990ern etwa der deutsche Monitorspezialist KS Digital , der als Pionier für DSP-Aktivweichen schnell einen exzellenten Ruf genoss. Chefentwickler war von Anfang an Johannes Siegler, der später für die sensationellen Neuentwicklungen bei Backes & Müller verantwortlich zeichnet.

Mit dem neuen Label KSD soll nun die klassisch gewachsene Studio-Technik für HiFi-Liebhaber optimiert werden - eine Zweitverwertung der Backes-exklusiven Technologien ist nicht geplant. Um die beiden Marken auch deutlich separat zu positionieren, bleiben neben der Technik auch der komfortable Vertriebsservice und die edlen Oberflächen B&M -exklusiv. Nicht verwundern kann hingegen, dass ein und derselbe Entwickler ähnliche Entwicklungsziele verfolgt - und da reizt die KSD 2020 besonders mit ihrer Kombination aus Aktivtechnik und Punktschallquelle.

Das Wörtchen "Digital" in diesem Zusammenhang könnte in die Irre führen: Die Weichentechnik der KSD 2020 ist klassisch analog aufgebaut. Aktivweichen trennen die Signale für Hochtöner und Tiefmitteltöner bei sehr tiefen 1400 Hz noch vor den Endstufen. Die tiefe Trennfrequenz ermöglicht einen sanften Übergang im Abstrahlverhalten, denn der Hochtöner übernimmt, bevor der mit 17 Zentimeter relativ große Tiefmitteltöner mit Carbonfaser-Membran zu stark bündelt.
Die Formgebung der Membran wiederum dient als Schallführung für den Frequenzbereich von 1,3 bis etwa 7 kHz, wo ein plan eingebauter Hochtöner deutlich breiter abstrahlen würde als die Seidenkalotte, die koaxial im Tiefmitteltöner verbaut ist. Ein zweiter Tieftöner mit identisch aufgebauter Membran unterstützt den Koax nur im Bass und wird ab 200 Hz sanft ausgeblendet.

Die Rückseite der KS Digital 2020 erinnert an die Studiomonitore des Herstellers: Eingangssignale kommen nur per XLR-Buchse in die Elektronik, wobei der Betrieb mit einem Cinch-XLR-Adapter problemlos möglich ist. Neben verrundetem Bassreflexrohr und Kühlkörper für die Endstufen gibt es noch drei kleine Trimmerregler für Pegel, Bässe und Höhen, die nur mit einem Schraubenzieher erreichbar sind. Die letzteren beiden definieren sogenannte Shelve-Filter, also breitbandige Equalizer, die sich gut für eine Orts- und Raumentzerrung benutzen lassen. So lässt sich eine wandnahe Position im Raum mit einer leichten Bassabsenkung korrigieren, ein Raum mit dunklem Nachhall durch eine Höhenanhebung.

Präzision ohne Werkzeug
Letzteres war im AUDIO-Hörraum absolut nicht notwendig, denn die KS Digital 2020 tönte bei Harry Belafontes "Sings The Blues" (Living Stereo, Impex) bereits ohne größere Mühe bei der Aufstellung ausgesprochen spritzig und hochauflösend und verriet mit blitzsauber getimten Bässen und schlackenloser Klarheit ihre Herkunft aus dem Studio-Bereich. Dabei reihte sie sich geschickt in die Riege der Boxen ein, die den Zuhörer unter Ausblendung des Hörraumes in eine eigene, bestens in Tiefe und Breite projizierte Welt entführen.
Griegs "Peer Gynt Suite" (Aadland, audite), über die Naim Ovator S-400 noch eher flach und flächig intoniert, offenbarte über die KSD einen weit gespannten, verblüffend realistischen Raum und lieferte dem Zuhörer dennoch ein wahres Füllhorn an musikalischen Details. Selbst im Orchestertutti verborgene Melodielinien ließen sich mühelos verfolgen. Feindynamisch punktete die 2020 in der "Halle des Bergkönigs" vor allem bei Streichern und Bläsern, die sie mit viel Drive und Verve versah. Beim Schlagwerk, insbesondere im Bass, beließ sie es bei einer etwas nüchterner Darstellung.
Mit enorm trockenem, auf den Punkt spielendem Tiefbass und ansatzloser Direktheit setzte die KSD bei Marillions "Fugazi" (Remastered Edition) zum Punktsieg gegen die etwas behäbige Heco Statement an. Allerdings schaffte die aktive Box es auch nicht, im Tiefbass eine richtig veritable Druckwelle loszutreten. Und bei dieser im typischen Stil der 1980er produzierten Scheibe wies sie den Hörer auch immer wieder mit Nachdruck auf die diversen Schwächen der Aufnahme hin, etwa die leicht harschen Stimmen und die mitunter giftigen S-Laute. Bei aller Liebe zum Detail wusste die etwas dunkle Heco deutlich angenehmer mit den Unzulänglichkeiten der Aufnahme umzugehen.
Doch wenn das Material stimmt und die KSD etwas Liebe bei der Aufstellung erfährt - Hörabstände nicht unter drei Meter, genaue Einwinkelung -, dann erlebt man mit ihr große Konzertabende, bei denen man die Welt um sich herum buchstäblich vergessen kann. Bei Prokofieffs Ballett "Romeo und Julia" (Gergiev, LSO) etwa zeichnete die KSD alle Schattierung nach, zeigte die Vielschichtigkeit von folkloristischer Kammermusik über expressionistische Passagen bis hin zu den großen Rhythmen, denen nur wahrhaft präzise Boxen wirklich zu folgen wissen. Die Idee, mit Monitoren im Wohnzimmer zu hören ist alt - aber gut.
KS Digital 2020
KS Digital 2020 | |
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Hersteller | KS Digital |
Preis | 4000.00 € |
Wertung | 92.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |