Testbericht
Lautsprecher Sonus Faber Guarneri Memento
Kleine Box ganz groß: Die Guarneri Memento (10000 Euro das Paar) von Sonus Faber ist einer der schönsten und faszinierendsten Lautsprecher unserer Zeit.
- Lautsprecher Sonus Faber Guarneri Memento
- Datenblatt

Eine Besonderheit sind die bildschönen Schallwandler aus Vicenca ja sowieso: Weil die Macher von Sonus Faber ihre Lautsprecher immer schon als Instrument verstanden und zumindest die Modelle ihrer Top-Serie aus ausgesuchten Hölzern gestalten. Die Sonus Faber Elipsa und ihre große Schwester Stradivari gehören fraglos mit zum Schönsten, was das Standboxen-Genre hergibt. Doch die Kompaktboxen der Italiener, allen voran die neue Guarneri Memento für 10_000 Euro, sind immer noch ein Stückchen mehr besonders.
Die erste Guarneri entstand 1993, damals noch mit Hoch- und Tiefmitteltönern von Dynaudio und einer hoch ambitionierten, Impuls-optimierten und seltenen Parallelweiche (der Kondensator sitzt nicht vor, sondern parallel zum Hochtöner) bestückt. Damit klang die Guarneri von damals zwar bestechend schön, war aber sehr leise und bezüglich der angeschlossenen Verstärker höchst anspruchsvoll - eine richtige Diva.

Dem guten Klang fühlt man sich bei Sonus Faber mehr denn je verpflichtet: Der "große" (und sehr teure) Hochton-Ringstrahler von Scan Speak sowie ein 6-Zoll-Tiefmitteltöner vom Top-Zulieferer Audiotechnology gehören mit zum Besten, was der freie Lautsprechermarkt hergibt (Dynaudio verkauft schon lange keine Einzelchassis mehr). Kleine Note am Rande: Ejvind Skaaning, der Kopf von Audiotechnology, hatte einst Dynaudio mit gegründet. In dem edlen 6-Zöller findet sich also auch in der neuen Guarneri noch ein bisschen Dynaudio...
Die Parameter des aufwendige Audiotechnology-Tiefmitteltöners lassen sich exakt an das recht kleine Gehäuse der Guarneri anpassen. Wohl auch deshalb reicht die Kleine im Bass bis zu respektablen 47 Hertz (-3 Dezibel) herab. Die Frequenzweiche der Guarneri Memento ist wie wie üblich als 6-Dezibel-Filter aufgebaut. Doch im Unterschied zur Ur-Guarneri liegen die Bauteile wie bei 99 Prozent aller Lautsprecher in Reihe "vor" und nicht parallel zu den beiden Treibern.
Aus Prinzip korrigieren die Italiener mit der - natürlich superb bestückten und mit Reinsilber verkabelten - Weiche so wenig wie möglich. Müssen sie auch nicht; die Amplitudenverläufe des Hoch- und des Tiefmitteltöners sind vorbildlich linear. Lediglich zwischen 500 und 1000 Hertz ist ein kleiner Anstieg im Frequenzgang - der aber gewollt sein könnte, sorgt er doch meist für mehr Frische und Sprachverständlichkeit.
Dank der neuen Treiber und dem gängigen Weichenkonzept benimmt sich die neue Guarneri längst nicht mehr so divenhaft wie die alte. Ihre Nenn-Impedanz rutscht nie unter 4 Ohm, und ihr Wirkungsgrad ist mit 82,5 Dezibel noch Rahmen des Normalen. "Die Menschen wollen heute einfache Lösungen", erklärte Cesare Bevilacqua, Geschäftsführer von Sonus Faber, bei einem stereoplay-Besuch.
Das Gehäuse kann er damit allerdings nicht meinen. Das hübsche Tonmöbel in Rautenform besteht aus nicht weniger als 21 (!) Holzteilen. Die massiven Ahorn-Platten für die Seitenwände werden über ein Jahr gelagert, bevor sie bei geringer Hitze im Ofen den Rest an Feuchtigkeit verlieren. Dann werden sie verleimt und in einem aufwendigen Prozess siebenfach hochglanzlackiert (Farbausführungen: Red Violin und Graphite). Bei Sonus Faber weiß man viel über die Beschaffenheit und das akustische Verhalten von verschiedenen Hölzern. "Das ist alles made in Italy," versichert Cesare: "Nirgendwo sonst gibt es eine so tiefe Kenntnis vom Instrumentenbau wie hier."

Nun gilt die Guarneri Memento als Kompaktbox, ist aber in Wirklichkeit säulenheilig: Der schwere und speziell auf die Guarneri zugeschnittene Fuß ist wesentlicher Teil des Konzepts und dementsprechend im Set beziehungsweise im Kaufpreis mit enthalten. Warum dann nicht gleich eine Standbox? "Weil die Homogenität und räumliche Abbildung einer Kompakten mit einer großen Box nicht zu erreichen ist," sagt Bevilacqua, "auch wenn die Dynamik bei kleinen Lautsprechern naturgemäß eingeschränkt ist."
Der Mann kennt seine Guarneri. Denn das machte die hübsche Italinerin sehr schnell klar: Für Pegelorgien jenseits der gehobenen Zimmerlautstärke ist sie nicht zu haben - die Verzerrungen steigen hörbar.
Im Gegenzug bietet sie einen für diese Größe (der Ständer ist ja nicht Teil des Gehäuses) sensationellen Tiefbass. Bei Terje Rypdals E-Bass-lastigem Hörtestklassiker "Kompet Gar" jedenfalls gab es bei den Testern nur ungläubiges Staunen: Ein solches Fundament, wuchtig, packend und den Raum so weit aufziehend, hat bei Kompaktboxen absoluten Seltenheitswert.
Noch beeindruckender aber geriet diese quasi-holografische Abbildung. Pepe Romeros grandioses "Flamenco" (bitte in der K2-Mastering-Version) inszenierte die Guarnerni wie ein exakt abgestimmtes Feuerwerk. Jeder Ton seiner Gitarre, jedes Schnalzen, jedes Fußaufstampfen der Tänzer hatte Kraft, eine klare Kontur und die genau richtige Position - in der Höhe wie in der Tiefe. Die Sonus schafft, was man sich als HiFi-Fan immer wünscht: eine richtig stabile Dreidimsionalität. Und das alles macht sie - vor allem im Mittelhochtonbereich - fantastisch locker und offen. Wenn man überhaupt etwas bekritteln wollte, dann die etwas geringe Spritzigkeit in den unteren Mitten, die Stimmen weniger farbig als gewohnt erscheinen ließ.
Nicht verschwiegen sein sollte aber auch, dass die Guarneri ihren Zauber im Hörraum erst nach penibler Aufstellungsarbeit (dicht an der Rückwand, leicht eingewinkelt) und an der richtigen Elektronik (überwältigend mit den Linn-Majik-Komponenten) entfachte. Doch wer sich die Mühe macht und nur geringe Pegelansprüche hegt, bekommt mit der edlen Guarneri Memento einen der ereignisreichsten und schönsten Schallwandler, die derzeit zu haben sind.
Sonus Faber Guarneri Memento
Sonus Faber Guarneri Memento | |
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Hersteller | Sonus Faber |
Preis | 10000.00 € |
Wertung | 57.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |