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Porsche Boxster S

Dieses Auto weckt nicht den High-Ender, sondern das Kind im Manne: Verdeck auf, Musik aus, und den rassigen, doch nicht aufdringlichen Sound des Mittelmotors genießen.

Autor: Malte Ruhnke • 20.6.2013 • ca. 3:10 Min

Porsche Boxster
Porsche Boxster
© Noble Sounds

Fahrzeugwerte Preis ca. 59.100 Euro 232 kW / 315 PS Leistung 3.436 ccm Hubraum Heckantrieb ...

Fahrzeugwerte

  • Preis ca. 59.100 Euro
  • 232 kW / 315 PS Leistung
  • 3.436 ccm Hubraum
  • Heckantrieb

Kaum eine Maschine ist dem Fahrer so nahe wie diese: Nicht nur räumlich, sondern auch vom Fahrgefühl her reagiert der Sechszylinder mit einer Direktheit, wie man sie sich bei ernsthaften Sportautos wünscht. Die spontane Entfaltung der 315 PS verführt beim Verlassen der Einfahrt zu einem galanten Drift, den die ziemlich streng eingreifende Stabilitätskontrolle jedoch verhindert.

Ich steuere den Boxster S auf die nächste freie Landstraße und freue mich über die letzten Sonnenstrahlen des Jahres sowie das perfekt auf der Straße liegende Fahrwerk. Ich denke an alles Mögliche - aber nicht ans Musikhören. Geben wir es offen zu: Das Hobby Car-HiFi hat gemeinhin mit High End nicht viel zu tun. Dröhnende Subwoofer, tiefergelegte Autos, Neonlicht und viele kleine jugendliche Geschmacklosigkeiten sind auch nicht meine Sache. Der Porsche Boxster S ist davon selbstredend weit entfernt. Innenausstattung, Bedienelemente, Sitze und Anzeigen verleugnen nicht ihre Herkunft aus dem pragmatischen Sportwagenbau, doch wirken sie - selbst am aufgerufenen Grundpreis gemessen - ungewöhnlich gediegen und edel. Hier sieht man vieles, aber keine Anlage.

Porsche Boxster
Übersichtlich und edel: Das Cockpit des Boxster S verbindet sportliche Sachlichkeit und Eleganz.
© Noble Sounds

An die denke ich erst, als ein Stadtstau meine Freude am Roadster-Fahren bremst. Also hinein mit der CD. Der Kopfsatz der 9. Sinfonie von Beethoven (Haitink) erhebt sich völlig selbstverständlich feinaufgelöst, das Orchester über die gesamte Breite der Windschutzscheibe gestaffelt, mit ansatzlos trockener Dynamik - in dieser dem Motor nicht unähnlich. Wo haben die Bose-Ingenieure nur die Lautsprecher installiert? Zumal es laut Prospekt zehn geben soll. Ich hätte nach den ersten Takten Wetten abgeschlossen, dass hier höchstens zwei Paar hochwertige Breitbänder mit Subwoofer oder bestenfalls Zwei-Wege-Monitore am Werke sind, so homogen und präzise im Timing tönt die Anlage.

Basslastig und unsichtbar

Dafür sorgt das weitgehend unsichtbare Trio unter der Windschutzscheibe, das sich in den  Lüftungsschlitzen verbirgt und dank des superb abgestimmten Timings und Stagings eine  Abbildung wie ein Paar hochwertiger Monitore liefert. Klar, die Schwerarbeit dazu wird in den Türen verrichtet, wo die Bässe von der Stabilität der Stuttgarter Wertarbeit profitieren und gern auch mal die Hosenbeine zum Flattern bringen. Einen größeren Subwoofer vermisst man dabei übrigens nicht. Die Tiefen von Madonnas "Ray of Light" lotete die Bose-Anlage mit rabenschwarzer Tiefe, perfekt gesetzten Impulsen und beeindruckender Sauberkeit in allen Lebenslagen aus. Für Liebhaber einer spaßigen und kickbassbetonten Abstimmung mag das sogar ein wenig zu neutral und monitorlike tönen.

Porsche Boxster
Sound-Konsole: Direkt unter der Windschutzscheibe sitzt der Center. Den sieht man kaum und hört ihn dank cleverer Abstimmung auch nicht heraus.
© Noble Sounds

Neben mir fährt ein typischer Vertreter des Car-HiFi-Klischees, und sein Gedröhne übertönt die Feinheiten meiner Anlage. Da heißt es zunächst mal Verdeck schließen - was dank der Porsche-Automatik auch im Fahren in Sekundenschnelle geht und schon einiges an akustischer Abschottung bringt. Kein Wunder, muss das Verdeck doch auch gegen die Geräusche bei hohen Geschwindigkeiten immunisieren, was bis etwa 230 km/h auch vorzüglich gelingt.

Porsche

Auf der Suche nach etwas mehr Effekt klicke ich mich durch die sehr übersichtlichen Sound-Menüs. Aha, der "Neutral"-Modus war angewählt. Für den Audiophilen ideal, für einen standesgemäßen Spaß-Ausritt etwas zu nüchtern. Deaktiviert man jenen, wird die Anlage kickbasskräftiger und durchsetzungsstärker, ohne ihren Grundcharakter zu verlieren. Allenfalls die Präzision des Tiefbasses beim offenen Fahren geht etwas zurück, dafür steigt der Spaßfaktor.

Boxster mit 5.1-Sound

Wer es umgekehrt etwas entspannter angehen lassen will, kann eine Surround-Simulation anwählen. Ja, im Bose-Boxster ist eine vollwertige 5.1-Anlage verbaut. Diese bringt per Raumsimulation bei CDs eine beeindruckend weite Räumlichkeit, doch dies etwas zulasten der Klarheit und Präzision, die diese fast studiomäßig abgestimmte Anlage so auszeichnet. Doch es geht auch beides: Das System verarbeitet DVD-Audio und DVD-V und erlaubt so einen nativen 5.1-Sound. Die Genesis-DVDs öffneten mir als Erstes die Ohren. Absolut stimmig und räumlich superb platziert legte "Congo" los, ohne den erdig-rockenden Bass zu vernachlässigen. Beim zweiten Ausritt nahm ich diverse DVDs mit und genoss die jeweilige DD- oder dts-Spur, deren Räumlichkeit die Grenzen des Roadster- Innenraumes sprengte und mich flugs akustisch in die größten Opernhäuser oder Konzerthallen versetzte.

Porsche Boxster
Hauptarbeit: Bass und Mittelton entstehen in den massiven Seitentüren - sauber und druckvoll zugleich. Nur ein winziger Bose-Schriftzug weist auf die hochwertige Ausstattung hin.
© Noble Sounds

Vergessen Sie also bitte alles, was Sie bisher über Car-HiFi zu wissen glaubten. Die Kooperation von Bose und Porsche bringt genau die Klangtugenden ins Auto, die man an einer hochwertigen High-End-Anlage so schätzt. Keine übertriebenen Effekte, kein Gedanke an Technik, dafür ein Musikgenuss, der auch die längste Fahrt und den nervigsten Stau vergessen machen kann.