Canton Reference Alpha 2 im Test: High-End-Ambitionen
Zum 50-jährigen Jubiläum ließ Canton mit der limitierten Reference GS Edition durchblicken, was denn eigentlich ginge, wenn man nur wollte. Jetzt will man, mit der Reference Alpha, und zwar High End ohne Kompromisse.

Kontinuierliche Entwicklungsarbeit zahlt sich meistens aus, insbesondere in der ständig nach Perfektion strebenden HiFi-Branche. Ein Musterbeispiel dafür ist Canton. Die Boxenschmiede wurde 1972 gegründet und residiert immer noch in einem alten Schulgebäude in einer beschaulichen Gemeinde im H...
Kontinuierliche Entwicklungsarbeit zahlt sich meistens aus, insbesondere in der ständig nach Perfektion strebenden HiFi-Branche. Ein Musterbeispiel dafür ist Canton. Die Boxenschmiede wurde 1972 gegründet und residiert immer noch in einem alten Schulgebäude in einer beschaulichen Gemeinde im Hochtaunuskreis – also irgendwo hinter den sieben Bergen bei Frankfurt.
Glaubt man den Anekdoten von Firmenmitgründer Günther Seitz, waren es am Anfang eher ein gutes Näschen für lukrative Geschäfte und auch eine gewisse Portion Schlitzohrigkeit, die das Unternehmen zum Laufen brachten.
Längst aber sind es die akribische Entwicklungsarbeit und eine erstaunliche Innovationsfreude, die einen großen Anteil zum Erfolg beitragen. Und dieser Erfolg ist eng verwoben mit dem langjährigen Entwicklungschef Frank Göbl, der seit Ende der 90er-Jahre die technische Handschrift von Canton maßgeblich mitprägt.
Das lässt sich wahrscheinlich am besten anhand der Reference-Serie nachvollziehen. Canton hat seine Topmodelle unter Göbls Ägide Stück für Stück verfeinert und damit unter anderem die Zulieferer regelmäßig bis zur Grenze der Machbarkeit herausgefordert.
Gehäuse, Treiber, Frequenzweiche – alle Einzelkomponenten werden mit aufwendigen Simulations- und Messmethoden immer weiter optimiert. Am Ende muss sich alles aber auch wieder zu einem stimmigen Gesamtkonzept fügen. So wie bei den neuen Reference-Alpha-Modellen, die zwar bereits auf der HIGH END 2024 präsentiert wurden, aber erst seit Kurzem bestellbar sind.

Vom Sondermodell zur Serienreife
Die beiden neuen Flaggschiffe basieren unverkennbar auf der 50 000 Euro teuren Reference GS Edition, mit der Canton echte High-End-Ambitionen offenbarte. Das anlässlich des 50-jährigen Firmenjubiläums vor drei Jahren entwickelte und daher auf 50 Paar limitierte Sondermodell sollte nicht weniger sein als der beste Lautsprecher der Firmengeschichte und das technisch Machbare vollständig ausreizen.
So einen Meilenstein kann man als Hersteller nicht einfach wieder in der Schublade verschwinden lassen – und erst recht nicht, wenn er, wie man munkelt, auch noch deutlich besser angenommen wurde als erwartet.
Es lag also auf der Hand, den Über-Lautsprecher in Serie gehen zu lassen, und zwar in zwei Varianten. Die Reference Alpha 1 ist mit einer Höhe von 1,63 m und einem Gewicht von 145 kg auch von den Dimensionen her der direkte Nachfolger der Reference GS Edition, während die Reference Alpha 2 das ganze Konzept in eine etwas kompaktere Form bringt.
Mit einer Höhe von 1,42 m und einem Gewicht von 91 kg ist aber auch sie immer noch ein äußerst stattlicher Lautsprecher, der selbst High-End-Boliden wie die 801 D4 von Bowers & Wilkins (1,22 m/101 kg), die Sasha V von Wilson Audio (1,15 m/111 kg), oder die DARC 200 Mk2 von Gauder Akustik (1,32 m/95 kg) deutlich überragt. Auch preislich sortieren sich die beiden Alphas mit 60 000 und 40 000 Euro pro Paar in dieser Liga ein. Der Rahmen ist damit klar abgesteckt.

Technisch unterscheiden sich die beiden Alphas kaum. Lediglich die vier Tieftöner, mit denen beide Modelle bestückt sind, skalieren mit der Größe. Bei der „Einser“ haben die Basstreiber daher einen Durchmesser von 22 cm, bei der „Zweier“ sind es lediglich 19 cm.
Die Mittelhochtoneinheit, die sich aus einer 2,5 cm großen Hochtonkalotte und einem von 170 Hz bis über 3 kHz spielenden Mitteltonsystem mit 17 cm Durchmesser zusammensetzt, ist dagegen bei beiden Modellen identisch und belegt einmal mehr die technische Exzellenz des Herstellers.
Membranmaterialien sind ein großes Thema bei Canton, und über die Jahre hat sich das Unternehmen eine beachtliche Expertise in diesem Bereich erarbeitet. Aluminium war bei den Treibern daher schon lange der Werkstoff der Wahl, aber man begann bereits vor über 15 Jahren damit, es teilweise zu keramisieren, um das Membranverhalten gezielt zu verbessern.
Anfangs nur bei den Hochtonkalotten, später auch bei größeren Treibern. So setzte Canton vor gut zehn Jahren bei der Reference-K-Serie erstmals auf Tieftöner und Mitteltöner mit wolframveredelten Keramikmembranen, die in markantem Beige schimmerten. Der Namenszusatz „K“ hob die aufwendige Keramiktechnologie damals extra hervor.

Für die aktuelle Reference-Serie wurde dieser Materialmix abermals verfeinert: Weitere Zusätze, die Canton allerdings nicht mehr näher benennt, optimieren die Keramik-Wolfram-Struktur noch einmal und färben die Membranen nun schwarz. Doch auch mit dem „schwarzen Keramik-Wolfram“ gab sich Canton nicht zufrieden. Bei den Alpha-Modellen werden die beiden Treiber der Mittelhochtoneinheit daher noch mit einer diamantähnlichen Kohlenstoffbeschichtung veredelt. Das rechtfertigt dann auch den Preisaufschlag zur Reference GS Edition, die lediglich im Hochton auf Diamant zurückgreifen kann.
Über 50 Jahre Erfahrung
Überhaupt scheint die neue Mittelhochtoneinheit der heimliche Star im Canton-Portfolio zu sein. Ihre speziell modellierte und mit einer schmalen Fuge optisch wie akustisch abgesetzte Schallführung besteht aus einem besonders kompakten Holzfaserwerkstoff (CDF), der noch höher verdichtet ist als mitteldichte oder hochdichte Faserplatten (MDF oder HDF).
Und in den Treibern selbst kulminieren über 50 Jahre Entwicklungserfahrung. Das betrifft nicht nur die Diamantbeschichtung, sondern zum Beispiel auch das computeroptimierte Abstrahlverhalten des Hochtöners, für das sogar die Struktur des Schutzgitters einberechnet wird.

Besonders stolz ist Chefentwickler Göbl allerdings auf den breitbandig arbeitenden Mitteltöner, der so ziemlich alles vereint, was Canton an technischer Raffinesse zu bieten hat.
Dazu gehören die bewährte, mehrfach gefaltete Sicke und das perfektionierte Membranprofil mit drei verschiedenen Krümmungsradien, aber auch eine neue, phasenoptimierte Staubschutzkappe in Form einer Inverskalotte und das bis ins letzte Detail ausgereizte Antriebssystem mit besonders leichten Überhangschwingspulen und extra enger Luftspaltkonstruktion mit Kurzschlussringen aus Kupfer.
Daraus resultiert ein besonders kontrolliertes Arbeitsverhalten des Mitteltöners mit minimalen Verzerrungen und maximaler Impulstreue.


Bei aller Schwärmerei für die Treiber sollte man allerdings nicht vergessen, dass bei diesem Ausnahmelautsprecher auch alle anderen Komponenten absolute High-End-Ansprüche erfüllen. Dazu gehört zuallererst das makellos verarbeitete und an sämtlichen Kanten sanft abgerundete Gehäuse, das in einen flachen Sockel mit integriertem Bassreflexkanal mündet. Mit der schwebenden Optik und den stilvoll furnierten Nussbaumwangen, die von der Reference GS Edition übernommen wurden, bildet es einen ganz besonderen Blickfang.
Im Inneren ist das aus mehreren MDF-Schichten bestehende Gehäuse aufwendig verstrebt und an kritischen Stellen aufgedoppelt sowie zusätzlich mit speziell platzierten und definiert bedämpften Schallbrechern ausgestattet, um stehende Wellen zu unterbinden.

Und zu guter Letzt verdienen auch noch das für Bi-Amping und Bi-Wiring ausgelegte Anschlussfeld mit besonders hochwertigen Klemmen von WBT und standesgemäßen Kabelbrücken von in-akustik sowie die auf der Rückseite angebrachten Steckbrücken zur Pegelanpassung eine extra Würdigung. Da wurde der High-End-Gedanke einfach absolut kompromisslos durchgezogen – bis hin zu den handschriftlich unterzeichneten Prüfprotokollen, die jedem Lautsprecher beiliegen.

Umso gespannter starteten wir daher in den Hörtest, auch weil die Alpha 2 bereits mit hervorragenden Messergebnissen aufwarten konnte. Aber was dann kam, hatten wir nicht erwartet. Erst war es tatsächlich nicht leicht, alles richtig einzuordnen. Aber bald war klar: Die Alpha 2 hat von allem etwas, aber von nichts zu viel – und letztendlich pulverisierte sie damit alle Erwartungen.
Ja, die High-End-Tugenden waren alle da, aber im richtigen Maß – nie anstrengend, nie überfordernd, sondern souverän und präzise, klanglich wie musikalisch immer perfekt auf den Punkt.


Wie gut sind die Messwerte der Canton Reference Alpha 2?
Der Frequenzgang wurde bei neutraler Weichen-Einstellung in 1 m Distanz ermittelt, gemessen zwischen Mittel- und Hochtöner: Der Bass ist leicht betont (+3 dB), der Verlauf sonst sehr ausgewogen, sowohl auf Achse (rot) als auch leicht oberhalb und seitlich (grün, blau). Die unteren Grenzfrequenzen betragen (-3 dB/-6dB): 26/22 Hz.
Die Box spielt im gesamten Frequenzbereich verzerrungsarm, der rechnerische Maximalpegel beträgt 107 dB, der Wirkungsgrad 81 dB (2 V, 1 m) und die Nennimpedanz 4 Ω. Der Leistungsbedarf für 100 dB lieg bei 85 W und für den Maximalpegel bei 420 W.
Messwerte
Testmuster | Canton Reference Alpha 2 |
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untere Grenzfrequenz (-3/-6 dB) | 26/23 Hz |
rechnerischer Maximalpegel | 107,0 dB |
Wirkungsgrad (2 V/1 m) | 80,8 dB |
Nennimpedanz | 4 Ohm |
Fazit
Einen Lautsprecher, der so akkurat und bestimmt, aber gleichzeitig auch so ausbalanciert und entspannt auftritt wie die Canton Reference Alpha 2 und dazu noch so elegant aussieht, muss man lange suchen. Wer kann, sollte zugreifen, oder wenigstens einmal probehören!
Technische Daten
Testmuster | Canton Reference Alpha 2 |
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Listenpreis (UVP) | 40 000 Euro |
Garantie | 10 Jahre |
KONTAKT | |
Support | Canton Elektronik GmbH + Co. KG, Weilrod |
Internet | www.canton.de |
service@canton.de | |
Telefon | +49 6083 287-87 |
Abmessungen (B×H×T) | 41 × 142 × 66 cm |
Gewicht | 91 kg |
Farben | Grau, Blau, jeweils mit Nussbaumwangen |
ANSCHLÜSSE | |
Arbeitsprinzipien | 3-Wege, Bassreflex |
Raumanpassung | ✔ (Bass/Mittelton/Hochton) |
Besonderheiten |
Wer wir sind und wie wir testen
Die HiFi-Experten von connect.de bauen auf die geballte redaktionelle Kompetenz und über 45 Jahre Testerfahrung für die renommierten Fachmagazine AUDIO und stereoplay. Die 1978 gegründeten und 2023 unter dem Dach der WEKA Media Publishing GmbH fusionierten HiFi-Zeitschriften gelten als führende Testinstanz für HiFi, High End und Audiotechnik im deutschsprachigen Raum.
Ein zentrales Alleinstellungsmerkmal ist das verlagseigene Testlabor, das auf Vergleichsdaten von Tausenden untersuchten HiFi-Geräten zurückgreifen kann. Das ermöglicht eine objektive Einschätzung von Testmustern anhand konkreter Messdaten – in der Branche und bei Lesern genießen die fundierten Testberichte daher einen exzellenten Ruf. Mehr Infos unter www.audio.de.
Detailfragen zu einzelnen Tests beantworten wir gerne unter leserbriefe@audio.de.Wer noch tiefer in die faszinierende Welt des guten Klangs eintauchen möchte, ist mit den monatlich erscheinenden Ausgaben von AUDIO+stereoplay bestens beraten. Gedruckt oder digital per App, als Einzelausgabe oder im Abo – das Magazin für alle, die HiFi nicht nur hören, sondern auch verstehen wollen. Alle Angebote unter: abo.audio.de