Darum sind die AI Funktionen überall ähnlich
AI auf dem Smartphone ist austauschbar: Google gewinnt immer
Auf dem Mobile World Congress haben große Smartphone-Hersteller wie Honor, Oppo und Xiaomi neue AI-Funktionen für ihre Smartphones präsentiert. Sie sind sich sehr ähnlich, aus gutem Grund. Und der heißt Google.


Auf dem Mobile World Congress war Künstliche Intelligenz (AI) das beherrschende Thema - wieder einmal. Während AI bei den Netzbetreibern vor allem für Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerung genutzt wird, versuchen die Smartphone-Hersteller, ihren Kunden neue AI-Features schmackhaft zu mache...
Auf dem Mobile World Congress war Künstliche Intelligenz (AI) das beherrschende Thema - wieder einmal. Während AI bei den Netzbetreibern vor allem für Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerung genutzt wird, versuchen die Smartphone-Hersteller, ihren Kunden neue AI-Features schmackhaft zu machen.
Xiaomi stellte zusammen mit den neuen Top-Smartphones Xiaomi 15 und 15 Ultra die "Hyper AI" vor, die alle KI-Funktionen auf dem Smartphone unter einem griffigen Namen zusammen bindet. Honor enthüllte seinen "Alpha Plan", mit dem das Unternehmen vom Smartphone-Hersteller zu einer "global leading AI device ecosystem company" werden will. Oppo lud zu einem "AI Tech Summit" und stellte hier neue AI-Funktionen vor.
Wenn man genauer hinschaut, wird schnell deutlich, dass die Hyper AI ähnliche Funktionen liefert wie Samsungs Galaxy AI, dass Oppos AI Call Translator nichts anderes ist als der Samsung Live Übersetzer. Die AI-Werkzeuge, die Honor, Oppo, Samsung, Xiaomi & Co auf ihren Premium-Smartphones anbieten, sind allesamt sehr ähnlich. Es geht um die Bildoptimierung, um die Transkription und Zusammenfassung von Texten, um Übersetzung.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist Googles Sprachassistent Gemini, der bei der 2025er Smartphone-Generation noch einfacher erreichbar ist: Einfach länger auf die Power-Taste drücken und Gemini hört aufs Wort.
Das AI-Smartphone ohne Apps ist nur eine Idee
Als Samsung im Januar die Serie Galaxy S25 vorgestellt hat, war die Galaxy AI mit den neuen AI Agents ein großes Thema. Die Idee dahinter ist, dass das Smartphone nun auch komplexe Aufgaben versteht und App-übergreifend abarbeiten kann. Der Sprachbefehl "suche drei hundefreundliche Restaurants in der Nähe und schicke die Liste an meinen Kontakt XXX" wäre vor Jahren noch undenkbar gewesen, ein Galaxy S25 führt ihn dagegen anstandslos aus.
Die Industrie, allen voran die Telekom, sinniert schon von einem App-freien Smartphone, das, von KI gesteuert, alle Aufgaben unmittelbar und ohne den Umweg über Apps erledigt. Also das Taxi rufen, indem man "ruf mir ein Taxi" sagt, und nicht, indem man die Uber-App öffnet. Dass der Mensch damit noch mehr digitale Selbstbestimmung verliert, weil er noch mehr Entscheidungsgewalt an eine AI (mit kommerziellen Interessen) auslagert, soll hier nicht weiter vertieft werden.
Wichtig für diesen Artikel ist hier die Tatsache, dass diese App-übergreifenden Fähigkeiten keine Entwicklungen von Samsung sind, sondern von Google Gemini. Und dass Gemini auf einem modernen Xiaomi 15 genau das gleiche kann wie auf einem Galaxy S25.
Gemini ist ein Google-Produkt, genauso wie viele der AI-Funktionen von Android
Das macht die Dienste auch so ähnlich und austauschbar. Natürlich arbeiten die Hersteller auch an eigenen AI-Funktionen, Honor etwa hat eine Deepfake-Erkennung gezeigt, die vor Betrug mit per AI generierten Videoanrufen schützt, was laut Honor in China ein großes Thema ist. Aber es ist doch überraschend, wie wenig bei diesem Thema ohne Google zu gehen scheint. Bereits das Drama um Huawei hat aufgezeigt, wie abhängig die Smartphone-Hersteller von Google sind. Ob mobiles Bezahlen oder das App-Angebot - ohne Google Mobile Services (GMS) geht gar nichts. Mit dem Aufkommen von AI auf dem Smartphone scheint sich diese Abhängigkeit noch einmal zu vertiefen.
Das Black-Box-Problem von AI ist größer
Von Samsung ist bekannt, dass das Unternehmen an einem eigenen LLM mit dem Namen Gauss arbeitet. Aber wo ist Gauss auf einem S25 Ultra? Wir wissen es nicht. So wie wir auch nicht wissen, welche AI-Funktionen von Google sind und welche AI-Funktionen von den Herstellern selbst stammen.
Es gilt die Faustregel: Das was on-device passiert, kommt vom Hersteller, was in der Cloud passiert, basiert auf Google-Technologie. Aber trifft das wirklich auf jede Funktion zu? Mischen bestimmte AI-Features im Backend vielleicht sogar Technologie von Google und vom Hersteller? Wir wissen es nicht.
Das Black-Box-Problem von AI ist auch eine Herausforderung für den Tech-Journalismus, weil hier ein generelles Verständnisproblem der technischen Prozesse ist, die im Hintergrund laufen. Selbst den technischen Experten der Hersteller fällt es schwer, diese Prozesse verständlich zu erklären. Was AI betrifft, sind Tech-Journalisten die Einäugigen unter Blinden.
Wer bezahlt eigentlich die AI auf dem Smartphone?
Einfacher ist es dagegen, die wirtschaftlichen Prozesse zu verstehen, die mit AI auf dem Smartphone verbunden sind. Google lizensiert die Google Mobile Services an die Hersteller, die die Lizenzierungskosten in der UVP einpreisen. In dieser Logik sind die AI-Funktionen inklusive Gemini ein weiteres Paket aus dem Google-Shop, dass die Hersteller für ihre Oberklasse-Modelle mit in den Warenkorb legen.
Aber ist das Paket damit wirklich abbezahlt? Samsungs Galaxy-S25-Serie wird millionenfach verkauft und wenn jemand ein Foto mit dem magischen Radierer verbessert, dann erfolgen die Prozesse dahinter auf einem Server. Dieser Server verbraucht Strom, muss gewartet werden undsoweiterundsofort.
Zu Kosten halten sich die Hersteller und auch Google bedeckt, niemand nennt hier Zahlen. Eine Zahl findet man aber woanders: Gemini Advanced kostet 21,99 Euro pro Monat - ein absurd hoher Preis, nur wenige Smartphone-Nutzer werden bereit sein, diesen zu bezahlen, wenn sie umsonst eine Gemini-Version nutzen können, die nicht ganz so schlau ist, aber für den Alltag völlig ausreicht.
Es ist gut möglich, dass grundlegende AI-Funktionen auf dem Smartphone dauerhaft kostenlos bleiben, weil die Nutzer nicht bereit sein werden, Geld dafür zu bezahlen. Aber Google macht bereits vor, in welche Richtung sich AI auf dem Smartphone in finanzieller Hinsicht entwickelt: Ein abgestuftes Premium-Modell, bei dem nur die Basisfunktionen kostenlos sind und der Rest Geld kostet.
Google in einer marktbeherrschenden Stellung
Die Telekom setzt bei ihrem AI Phone auf Perplexitiy AI, Apple arbeitet mit Open AI zusammen. Aber im Android-Lager setzen alle Hersteller auf Gemini. Google ist bei AI auf dem Smartphone in der Pole Position, und zwar nicht nur mit Blick auf die Verbreitung, sondern auch mit Blick auf die Technologie. Das fällt überdeutlich auf, wenn man die Apple Intelligence mit einem aktuellen Android-Smartphone vergleicht.
Es kann gut sein, dass Google in dieser Position ist, weil sie einfach gut sind und schon früh die Weichen in die richtige Richtung gestellt haben. Es kann aber auch sein, dass Google in dieser Position ist, weil sie mit der Kombination aus GMS und Android den Smartphone-Markt dominieren. Hier gilt es, künftig besonders kritisch hinzuschauen.