Zum Inhalt springen
Technik. Tests. Trends.
VG Wort Pixel
Autonomes Fahren

Rechtliche Grundlagen für Assistenzsysteme im Auto

Schon lang klagen die Autohersteller, dass die Verkehrsgesetze modernen Assistenzfunktionen nicht mehr gerecht werden. Ein neuer Gesetzentwurf soll Klarheit schaffen, ist aber umstritten.

Autor: Hannes Rügheimer • 22.9.2016 • ca. 2:05 Min

Alexander Dobrindt
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will mit einem Gesetzentwurf die von der Autoindustrie seit Langem geforderte Rechtssicherheit für automatisiertes Fahren liefern.
© WEKA Media Publishing GmbH
Inhalt
  1. Rechtliche Grundlagen für Assistenzsysteme im Auto
  2. Kritische Stimmen zum Gesetzentwurf
  3. Automatisiertes Fahren erreicht Innenstädte

Abstandsregeltempomat, Staufolgefahren, Autobahn-Assistent - moderne Autos bieten immer mehr automatisierte Fahrfunktionen. Und ihre Hersteller machen ganz klar, dass sie diese Assistenzsysteme als schrittweise Annäherung an ihr großes Entwicklungsziel - hochautomatisierte oder späte...

Abstandsregeltempomat, Staufolgefahren, Autobahn-Assistent - moderne Autos bieten immer mehr automatisierte Fahrfunktionen. Und ihre Hersteller machen ganz klar, dass sie diese Assistenzsysteme als schrittweise Annäherung an ihr großes Entwicklungsziel - hochautomatisierte oder später komplett autonom fahrende Fahrzeuge - verstehen. Schnell folgt dann jedoch auch der Hinweis, dass die geltenden Verkehrsgesetze diesen Plänen noch nicht gerecht werden.

Wohl nicht zuletzt wegen dieser permanenten Beschwerde der Autoindustrie stellte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Ende Juli einen Gesetzentwurf vor, der vor allem die Haftungsfragen bei der Nutzung automatisierter Fahrfunktionen regeln soll. Noch ist das Papier in Abstimmung, sowohl innerhalb des Verkehrsministeriums als auch mit den anderen Ressorts wie insbesondere dem Justizministerium. Aber seine strategische Bedeutung ist klar: Geht es nach Dobrindt, soll Deutschland das erste Land werden, in dem Autos mit hochautomatisierten Fahrfunktionen in den Regelbetrieb gehen können - und die Nutzer der schon heute verfügbaren teilautomatisierten Assistenzsysteme Rechtssicherheit bekommen.

Technik hat die Rechtslage längst überholt

Bislang gilt: Der Fahrer muss jederzeit die Kontrolle über sein Fahrzeug innehaben und steht dafür auch jederzeit in Verantwortung. Aktuelle elektronische Helfer mögen die Bedienung des Autos erleichtern - doch der Fahrer darf sich auch bei aktivem Assistenzsystem mit nichts anderem beschäftigen als dem Verkehrsgeschehen um ihn herum. Die meisten Hersteller werden diesen gesetzlichen Forderungen gerecht, indem sie aktive Assistenten abschalten, wenn etwa Sensoren erkennen, dass sich die Hände des Fahrers nicht am Lenkrad befinden. Allerdings gilt das nicht für alle - eine durchaus umstrittene Ausnahme von dieser Regel macht etwa der US-Elektropionier Tesla.

Da Assistenzsysteme nun zunehmend mehr können, stehen Hersteller wie Fahrer vor einem Dilemma: Vertraut der Autofahrer seinem Fahrzeug beispielsweise das Mitschwimmen im Stau an und es kommt zu einem Unfall, haftet er in vollem Umfang - auch wenn die Fahrfunktion zu diesem Zeitpunkt von der Software des Assistenten gesteuert wurde. Wie aber könnte ein halbwegs verantwortungsbewusster Fahrer der Elektronik vertrauen, wenn selbst im Falle eines eindeutigen Systemfehlers allein er in Haftung genommen wird?

Assistenzsystem
Autobahnassistenten oder „pilotiertes Fahren“ lassen sich schon heute technisch umsetzen. Noch verbietet die geltende Rechtslage dem Fahrer jedoch, die Fahraufgabe auch nur vorübergehend ans Auto abzugeben.
© Hersteller

Genau hier setzen die Eckpunkte des Dobrindt-Papiers an: Der Gesetzentwurf stellt klar, dass auf einen Fahrer nicht verzichtet werden kann. Allerdings darf dieser sich nach Aktivierung eines entsprechenden Assistenzsystems abwenden und etwa E-Mails lesen. Er muss dabei aber so aufmerksam bleiben, dass er nach Aufforderung durch das System jederzeit wieder selbst die Kontrolle über das Auto übernehmen kann. Der Gesetzentwurf verwendet hierfür die Formulierung "wahrnehmungsbereit". Ein weiterer Baustein des Entwurfs: Mit automatisierten Fahrfunktionen ausgestattete Fahrzeuge sollen künftig aufzeichnen, wann welche Assistenzfunktion aktiv ist und wann das System den Fahrer auffordert, die Fahraufgabe wieder zu übernehmen. So will der Gesetzentwurf sicherstellen, dass sich Fahrzeuglenker im Falle eines Unfalls nicht pauschal auf einen Systemfehler berufen.