SAR-Wert und Strahlungsfaktor
Fragen und Antworten rund um Handystrahlung
Die möglichen Gefahren von Handystrahlung verunsichern noch immer viele Menschen. connect beantwortet Leserfragen zum SAR-Wert und zum normierten Strahlungsfaktor.

Ein für mich interessantes Smartphone hat am Kopf einen sehr niedrigen SAR-Wert, der Wert am Körper ist hingegen überdurchschnittlich hoch. Wie kann das sein?
Der Kopf stellt für die Strahlung des Smartphones nur ein kleines Hindernis dar. Strahlt es hauptsächlich in Richtungen, die am Kopf vorbeigehen, so hat es dort einen geringen SAR-Wert. Da der Körper eine größere Ausdehnung hat, können Strahlen, die am Kopf vorbeigehen, den Körper durchaus treffen. Sind diese besonders stark, so erzeugen sie an der Eintrittsstelle auch einen höheren SAR-Wert. Doch das ist kein Grund zur Panik: Wenn überhaupt, wird Handystrahlung noch mit Hirntumoren in Verbindung gebracht, eine Wirkung auf den restlichen Körper kann mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden. Zumal sich ein nah am Körper getragenes Smartphone außer bei Telefongesprächen per Freisprecheinrichtung oder Headset im Standby-Modus befindet. Nur um sich von Zeit zu Zeit im Netz zu melden, muss es hin und wieder einmal kurz senden.
Hat man durch einen höheren SAR-Wert auch länger Empfang?
Nicht zwangsläufig, denn der SAR-Wert beschreibt, was in Richtung Kopf gestrahlt wird, der Empfang, was in Richtung Mobilfunkstation geht.
Manche Angaben des SAR-Wertes sind auf fünf Millimeter Abstand zwischen Smartphone und Kopf bezogen, andere geben ihn bei 15 Millimetern an. Kann es sein, dass manche Smartphones nur durch den hohen Abstand zum Kopf mit guten Werten glänzen?
In größerer Entfernung nimmt die elektrische Feldstärke einer gewöhnlichen (Dipol-)Antenne näherungsweise mit dem Quadrat der Entfernung ab. Eine Verdreifachung der Entfernung wie im Beispiel reduziert die Leistung also auf etwa ein Neuntel. Das ist ein Grund, warum Basisstationen trotz ihrer höheren Leistung keine Gefahr darstellen, über den Abstand kommt nur ein winziger Bruchteil bei den Menschen an. Sitzt das Smartphone sehr nah am Kopf, gilt der quadratische Zusammenhang zwischen Entfernung und Feldstärke aber nicht mehr. Energie wird zwischen Antenne und Kopf hin- und hertransferiert. Unter diesen Bedingungen kann auch ein geringfügig größerer Abstand einmal zu höherer Strahlungswirkung führen. Prinzipiell gilt aber, dass der SAR-Wert die Leistung angibt, die im ungünstigsten Fall in ein zehn Gramm großes Areal des Kopfes übertragen wird.
Das Smartphone XY hat einen vergleichsweise hohen SAR-Wert, aber einen niedrigen normierten connect-Strahlungsfaktor. Wie kann das sein?
Der SAR-Wert wird bei maximaler Leistung bestimmt, doch beim Telefonieren und Surfen sendet das Smartphone nur mit der Leistung, die gerade nötig ist, um eine Verbindung aufzubauen. Dem trägt der normierte connect-Strahlungsfaktor Rechnung, der die Strahlungswirkung bezogen auf eine typische Sendeleistung bewertet. Hat ein Smartphone eine hohe maximale Ausgangsleistung, kann das zu einem hohen SAR-Wert führen, obwohl das Smartphone im normalen, leistungsreduzierten Betrieb wenig strahlt.
Einblick ins Testlab
Manchmal wird der SAR-Wert für zehn Gramm Gewebe angegeben, manchmal nur für ein Gramm. Was hat das zu bedeuten?
Für die Messung des SAR-Wertes wird eine mit menschlichem Gewebe simulierendem Elektrolyt gefüllte Kopf- oder Körpernachbildung benutzt. An ihr ist das Smartphone in einer für Telefonieren oder Tragen (Holster) typischen Position angebracht; es strahlt während der ganzen Messung mit maximaler Leistung. Mit einem Sensor wird in der Elektrolytflüssigkeit nach der Stelle gesucht, die die höchste Leistung absorbiert. Dabei misst nach in Europa geltenden Normen die Sonde ein zehn Gramm Gewebe entsprechendes Areal, nach Normen der USA wird ein Gramm Gewebe erfasst. Da der feinere Sensor der US-Messung örtlich sehr begrenzte Spitzen erfasst, sind die SAR-Werte nach diesem Standard in aller Regel etwas höher.
Der normierte Strahlungsfaktor reicht von -1 bis +1. Was hat das zu bedeuten?
Bei Einführung des normierten Strahlungsfaktors wollte connect strahlungsarme Smartphones gut von stärker strahlenden unterscheidbar machen. Deshalb haben wir den Durchschnitt durch alle Smartphones genau auf die Null gelegt. Überdurchschnittlich strahlende Smartphones sind so an positiven, normierten Strahlungsfaktoren erkennbar, wenig strahlende an negativen. Die am stärksten strahlenden Mobiltelefone bewegen sich nah an der +1, die strahlungsärmsten Modelle an der -1.
Das Smartphone XY hat einen vergleichsweise hohen SAR-Wert. Liegt das am Gehäuse oder an veralteter Technik?
Ein hoher SAR-Wert ist immer das Resultat von verschiedenen Faktoren. Zunächst muss das Smartphone mit hoher Leistung strahlen, denn für den hohen SAR-Wert ist Leistung nötig. Und dann muss ein großer Teil dieser Leistung in Richtung Kopf gestrahlt werden, um den SAR-Wert hochzutreiben. So gab es bei einigen frühen Smartphones mit Metallgehäuse Exemplare, bei denen die Antennen durch das Metall praktisch abgeschirmt waren. Sie haben fast nur durch das Display nach außen gestrahlt. Dass dabei viel Energie in Richtung Kopf ging, ist klar, schließlich zeigt das Display beim Telefonieren genau in diese Richtung. Ein hoher SAR-Wert und schlechter Empfang sind die Folge. Mittlerweile haben fast alle Smartphones mit Metallrahmen spezielle Öffnungen, in denen entweder die Antennen selbst oder Kunststoffkappen für diese sitzen.
Ändern sich SAR-Wert und normierter Strahlungsfaktor durch Custom-ROMs oder neue Software Releases?
Prinzipiell hat der Hersteller die Möglichkeit, die Sendeleistung bei jedem Software-Release neu anzupassen, auch bei einem Custom-ROM ist dies möglich. Dies hat meist nur auf den SAR-Wert Einfluss, der normierte Strahlungsfaktor bleibt üblicherweise unberührt. Doch nach Erfahrung unseres Messlabors Testlab wird von Leistungsanpassungen nur Gebrauch gemacht, wenn beim ersten Release einmal eine Sendeleistung falsch justiert war. Das passiert erfahrungsgemäß nur kleineren Herstellern manchmal.
Gibt es bei der Strahlungsbelastung einen Unterschied zwischen Viel- und Wenignutzer? Was beeinflusst die Strahlung sonst noch?
Dauerhaft sendet und strahlt ein Smartphone nur, wenn telefoniert wird oder Daten übertragen werden. Daher ist für Wenignutzer die Belastung automatisch niedriger als für Vielnutzer. Daneben hat auch der Abstand zum nächsten Sendemasten beim Gebrauch einen Einfluss. Je weiter man von einer Basistation entfernt ist, desto höher ist die Sendeleistung, die nötig ist, um sie zu erreichen.
Sind Messungen am Kopf auf die Hand übertragbar?
Nein, es gibt aber auch keine Indikationen, dass die Hand durch von Smartphones ausgehende Strahlung gefährdet wäre.
Vermindert ein Headset die Strahlenbelastung?
Ja. Elektromagnetische Wellen können sich zwar auch entlang eines Headphone-Kabels ausbreiten. Doch auch dann ist mit einer Verringerung der Strahlenbelastung um 60 bis 80 Prozent zu rechnen. Noch geringer wird die Belastung mit einem Bluetooth-Headset. Das sendet zwar selbst auch, aber mit vergleichsweise minimaler Leistung.