Testbericht
Blackberry Storm 2 9520
Mit dem Blackberry Storm 2 9520 betreten die Kanadier abermals ungewohntes Terrain und präsentieren die zweite Auflage ihrer Chimäre aus Mailmaschine und Touchscreen-Smartphone.
- Blackberry Storm 2 9520
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- Wertung

Wer an einen Blackberry denkt, der zeichnet in Gedanken für gewöhnlich ein Smartphone in klassischem Riegelformat mit dezentem Bildschirm und einer mechanischen Qwertz-Tastatur. Doch der aktuelle Trend der Mobilfunkbranche zu Touchscreen-Modellen hat mittlerweile auch Research in Motion (RIM) gepackt.
You can touch (and press) this
Nicht zuletzt wegen der fehlenden Tastatur ist der berührungsempfindliche Bildschirm das A und O beim Blackberry Storm 2. Um sich hier von der Masse der Touchscreen-Kontrahenten abzuheben, haben die RIM-Entwickler unter dem kapazitiven Bildschirm vier Drucktaster platziert - quasi zur Bestätigung der Auswahl. Im Vergleich zum Vorgängermodell, das mit nur einem solchen Taster auskommen musste, hat sich die Bedienbarkeit des Screens merklich verbessert.

Während man beim Blackberry Storm 2 9500 noch recht dolle auf den Bildschirm drücken musste, ist beim 9520 weniger Kraftaufwand nötig. Menüeinträge werden bei dieser als "SurePress" bezeichneten Technologie per Fingerberührung zunächst selektiert und erst durch den festen Druck auf das Display aufgerufen, weshalb der Nutzer bei seinen Eingaben einen echten Druckpunkt spürt. Ein solches mechanisches Feedback ist vor allem beim Schreiben von Nachrichten oder Bearbeiten längerer Texte angenehm.
Allerdings offenbart diese Kombination aus Touchscreen und Mechanik auch Schwachstellen: Taucht man tiefer in die Blackberry-Menüstruktur ein, liegen die einzelnen Einträge relativ eng zusammen. Dort kann es dann vorkommen, dass beim Herunterdrücken des Displays der Finger verrutscht und versehentlich der darüber- oder darunterliegende Eintrag ausgewählt wird. Hier hätte RIM gut daran getan, nicht nur die Haupt-, sondern auch die Untermenüs mit großzügigeren Symbolen zu gestalten.
Kritik muss sich RIM auch für die inkonsequente Umsetzung des Touch-and-click-Bedienkonzeptes gefallen lassen, da etwa beim Schreiben einer E-Mail zwischen der Empfänger-, Betreff- und Nachrichtenzeile bereits ohne Klicken durch bloßes Berühren gewechselt werden kann. Ansonsten ist die Benutzeroberfläche mit den von Blackberrys bekannten Symbolen übersichtlich gegliedert, während Bildunterschriften die teils unklaren Icons näher beschreiben. Das Scrollen im recht üppigen Hauptmenü gelingt per Fingerwisch schnell und intuitiv.
Der Vergleich mit Apples Kulthandy zwingt sich bei solch einem Modell natürlich auf, allerdings hat RIMs zweites Touchphone beim Thema Bedienung erneut das Nachsehen: Die Steuerung klappt nicht so komfortabel wie beim iPhone.

Insbesondere der Webbrowser zeigt noch Verbesserungspotenzial. Beim Testsurfen mussten wir uns bei gelegentlichen Fehlinterpretationen des Displays ein wenig in Geduld üben. Dennoch ist auf dem mit 360 x 480 Pixeln auflösenden 3,25-Zoll-Screen mobiles Internet auf recht hohem Niveau möglich.
Gut gefällt die einblendbare Volltastatur. Sie erstreckt sich im Querformat über mehr als die Hälfte des Bildschirms und räumt den einzelnen Buchstabentasten eine ausreichend große Fläche ein. Im Hochformat können sich auf Wunsch und zur besseren Bedienbarkeit zwei Zeichen eine Druckfläche teilen; eine lernfähige Worterkennungsfunktion schlägt beim Tippen entsprechend der Buchstabenkombination mögliche Begriffe vor.
Technik, die begeistert
An der Verarbeitung des Blackberry Storm 2 gibt es beinahe nichts zu beanstanden. Dank hochwertigem Material, abgerundeter Ecken und satten 160 Gramm liegt das Gerät gut ausbalanciert in der Hand und ist haptisch sehr angenehm. Lediglich der Akkudeckel verliert nach mehrmaligem Entfernen etwas die Fassung und fängt an zu wackeln.

Der Bildschirm macht insgesamt einen soliden und stabilen Eindruck; Inhalte werden gestochen scharf und mit einem hohen Dunkelkontrast dargestellt. Mit über 390 cd/m² ist der Screen schön hell, während der integrierte Helligkeitssensor dafür sorgt, dass die Anzeige entsprechend der Umgebung stets passend ausgeleuchtet ist.
Für die korrekte Ausrichtung der Anzeige im Hoch- oder Querformat sorgt der Lagesensor, der sich im Test jedoch als einen Tick zu empfindlich erwiesen und die Displayanzeige bereits bei leichteren Schieflagen umgeschaltet hat. Um das Sensor-Trio perfekt zu machen: Damit der Nutzer beim Telefonieren mit Wange oder Ohrmuschel keine ungewollten Eingaben tätigt, schaltet ein Entfernungssensor das Display auf Standby, sobald der Blackberry Storm 2 9520 ans Ohr gehalten wird.
Ausstattung und Laborauftritt
Die Liste mit den Ausstattungsfeatures liest sich vorzüglich: Der Blackberry Storm 2 funkt in allen GSM-Netzen mit dem Datenbeschleuniger EDGE und sorgt dank HSDPA auch für flotten Download mit theoretischen 7,2 Mbit/s im UMTS-Betrieb. Das Übertragungsverfahren HSUPA für schnelleren Uplink fehlt auch beim 9520. Dafür bucht sich der Neuling jetzt mit den Standards b und g in entsprechende WLAN-Hotspots ein; der GPS-Empfänger sorgt für sichere Zielführung.
Die mitgelieferten Stereo-Kopfhörer bieten mit druckvollen Bässen und klaren Höhen anständige Qualität. Wer den gefälligen Musik- und Videoplayer mit eigenen Kopfhörern nutzen möchte, kann diese über die 3,5-mm-Klinkenbuchse problemlos anschließen. Der interne 2-GB-Speicher lässt sich mittels MicroSD-Karten aufrüsten.
Mit Applikationen aus der Blackberry App World können Nutzer den Funktionsumfang ihres Smartphones zudem mit verschiedenen Softwaretools nach Belieben erweitern und finden dabei auch entsprechende Anwendungen für das von Haus aus fehlende UKW-Radio.

Der eigentliche Clou des Blackberry bleibt aber auch beim Medientalent Blackberry Storm 2 der E-Mail-Push-Dienst. Die Kommunikation mit dem Blackberry Enterprise Server und dem Internet Service für die automatische Zustellung der elektronischen Geschäfts- und Privatpost funktioniert tadellos.
Im connect-eigenen Messlabor Testfacory lieferte der Newbie ein durchwachsenes Bild ab: Sende- und Empfangsqualitäten bewegen sich im GSM- wie im UMTS-Netz auf anständigem Niveau, wobei im 3G-Betrieb die besseren Werte gemessen wurden.
Lob gibt es auch für die sauber klingende Akustik; die Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen hat am stark befahrenen Berliner Platz in Stuttgart zwar nicht überragend, aber ordentlich funktioniert. Der mit 1402 mAh Kapazität gemessene Akku bringt es dagegen im üblichen Nutzungsmix auf nur rund 4,5 Stunden Betriebszeit - da kann man auf Reisen schnell dumm aus der Wäsche schauen. Auch bei den reinen Telefoniezeiten zwischen 3:45 und 7:45 Stunden je nach Betriebsart haben sich die Kanadier nicht eben mit Ruhm bekleckert.
Business- und Multimedia-Phone
Unterm Strich stellt der Blackberry Storm 2 in Sachen Handhabung und Bedienkomfort eine klare Steigerung zum Vorgänger dar - ein klassischer Blackberry ist das Touchmodell jedoch nicht, auch wenn alle von Blackberrys gewohnten Business-Eigenschaften wie Pushdienst und Office-Tools mit von der Partie sind. Der große Bildschirm zeichnet den Storm 2 eher als Multimedia-Gerät aus. Mit etwas Feintuning sollte RIM auch die Touchscreensteuerung beim Websurfen verbessern. Wer auf mechanische Tasten verzichten und mittelprächtige Ausdauerwerte verkraften kann, bekommt mit dem Storm 2 also ein mächtiges Multimedia-Phone mit Blackberry-typischen Profi-Qualitäten an die Hand.