Sony Xperia 1 II im Test
Mehr zum Thema: SonyDie 2020er-Neuauflage des Sony Xperia 1 ist nun erhältlich – für stolze 1200 Euro. Ist der hohe Preis gerechtfertigt? Wir haben das Xperia 1 II intensiv getestet und viele Stärken entdeckt. Endlich schafft Sony den Durchmarsch in die Spitzengruppe.

Beim Design und bei der Haptik lässt die Premiummarke Sony ihre Muskeln spielen und fährt an der Konkurrenz vorbei. Auch wenn Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt, gehört das Xperia 1 II unbestritten zu den elegantesten Smartphones auf dem Markt. Die schnörkellosen und glatten Obe...
Beim Design und bei der Haptik lässt die Premiummarke Sony ihre Muskeln spielen und fährt an der Konkurrenz vorbei. Auch wenn Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt, gehört das Xperia 1 II unbestritten zu den elegantesten Smartphones auf dem Markt. Die schnörkellosen und glatten Oberflächen und die gestreckte Bauform bieten ein perfektes Zusammenspiel und lassen das Gehäuse besonders geschlossen wirken.
Mit Gorilla Glas 6 und lackiertem Aluminium verwendet Sony nur feinste Zutaten, die Anfassqualität ist entsprechend hoch. Das Gehäuse ist wieder wasserfest nach IP68, aber anders als beim Vorgänger Xperia 1 ist der Rahmen nicht mehr stark gerundet, sondern plan geschliffen, sodass man das Phone mit etwas Geschick auch hochkant aufstellen kann.
Maße und Gewicht haben sich kaum geändert, was bedeutet: Dank der schmalen Bauform und dem Gewicht von nur 181 Gramm liegt der Riegel angenehm und nicht zu schwer in der Hand. Besser kann man es kaum machen.
Die wichtigsten Unterschiede
Das hochauflösende OLED im gestreckten 21:9-Format ist wieder eine Wucht. Farbe, Kontraste, Leuchtkraft – hier stimmt fast alles. Das Display ist ein großer Pluspunkt von Sonys neuem Flaggschiff, was eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Vorgänger ist. Sony verzichtet allerdings auf eine schnelle Bildwiederholrate von 90 oder 120 Hertz, so dass die Inhalte beim Scrollen nicht so flüssig über den Bildschirm gleiten wie bei den Flaggschiffen von Huawei, Samsung und OnePlus.
Die Option „Reduzierung der Bewegungsunschärfe“ in den Displayeinstellungen“, die laut Hersteller für ein schnelleres Umschalten der Pixel sorgen und einen ähnlichen Effekt wie 90 Hertz bewirken soll, hatte bei unserem Testmodell aber nicht den erhofften Einfluss auf die Darstellung. Schade!
Der Fingerabdrucksensor ist wieder auf der rechten Seite in den Rahmen integriert, diesmal aber klickbar, und das bedeutet: Die Sensorfläche fungiert gleichzeitig als Power-Taste, sodass man mit dem Daumen auf dem Sensor das Display ein- und ausschalten kann. Beim Vorgänger ist eine separate Power-Taste unter dem Sensor integriert, was zu Recht für Kritik gesorgt hat. Sony hat zudem die Erkennungsrate verbessert, sie ist nun höher als beim Xperia 1.

Unverständlich ist der Verzicht auf eine Gesichtserkennung, die mittlerweile überall Standard ist. Der Hersteller begründet dies mit dem niedrigeren Sicherheitsniveau, aber wir finden, diese Entscheidung sollte man dem Nutzer überlassen.
Auch beim Blick auf das technische Innenleben findet man störende Kleinigkeiten. Qualcomms Top-Chipsatz Snapdragon 865 bringt zwar eine starke Performance und eine umfangreiche Connectivity inklusive 5G und WiFi 6 mit, Sony verzichtet aber auf Dual-SIM, was nicht nur ein Rückschritt gegenüber dem Vorgänger ist, sondern auch dem aktuellen Trend widerspricht.
Die Speicherausstattung ist dagegen mit 8/256 GB und microSD klassentypisch. Positiv hervorzuheben ist der kabellose Ladestandard Qi, der beim Vorgänger noch schmerzlich vermisst wurde. Auch mit Blick auf die Audioeigenschaften ziehen wir den Hut. Es gibt nur wenige Smartphones, die sich besser für audiophile Nutzer eignen. Zur Klinkenbuchse und den kräftigen Frontlautsprechern gesellen sich HighRes- Audio und diverse hochklassige Standards der Audiosparte von Sony, etwa LDAC und DSEE.
Eine Besonderheit ist in diesem Kontext die neue Audiotechnologie „360 Reality Audio“, die erstmals direkt in ein Smartphone integriert ist. Die Dateien müssen aber entsprechend vorbereitet sein – derzeit unterstützt unter anderem der Streamingdienst Tidal dieses Feature bei ausgewählten Songs. Auf dem Startbildschirm ist ein Pomotion-Link hinterlegt, mit dem man Tidal die ersten drei Monate kostenlos nutzen kann, wenn man sich anmeldet; danach sind zehn Euro pro Monat fällig. Um einen hörbaren Mehrwert zu bekommen, benötigt man hochwertige Kopfhörer. Die können ihr volles Potenzial aber an anderer Stelle nicht entfalten, wenn sie per Kabel angeschlossen werden: Die von unserem Testlab ermittelte Ausgangsspannung über die Klinkenbuchse ist vergleichsweise niedrig.

Das Kamerasystem ist besonders schnell
Während die Konkurrenz von Huawei bis Xiaomi bei 50 bis 100 Megapixeln angekommen ist, hält Sony unbeirrt an 12 Megapixeln fest. Man habe sich für diese Auflösung entschieden, weil man keine Kompromisse bei der Geschwindigkeit eingehen wollte, erklärte uns ein Unternehmensvertreter auf Nachfrage. 100 Megapixel seien mit einer besonders schnellen Kamera nicht vereinbar, außerdem hätten sich 12 Megapixel als Auflösung bei Smartphones bewährt, hieß es weiter.
Und in der Tat: Die extrem hohe Auslesegeschwindigkeit des Sensors ist nötig, um ein Feature zu realisieren, das in dieser Form einmalig auf einem Smartphone ist: Serienaufnahmen mit 20 Bildern pro Sekunde bei konstantem Autofokus. Die zweite Generation des Xperia 1 legt also kompromisslos den Schwerpunkt auf die Geschwindigkeit und erzielt hier beeindruckende Ergebnisse, vor allem in Kombination mit dem Augenautofokus (der jetzt auch bei Tieren funktioniert). Aber bei einer Smartphonekamera ist Geschwindigkeit nur einer von vielen Aspekten.

Der Hauptsensor ist größer als im Vorgänger, 1/1,7 Zoll statt 1/2,6 Zoll (es handelt sich um den IMX555), was bei 12 Megapixeln zu einer Pixelgröße von 1,8 μm führt (Vorgänger 1,4 μm). Dass es noch größer geht, zeigt Huaweis P40 Pro mit 1/1,33 Zoll und 2,44 μm (in der Standardeinstellung mit Pixel Binning).
Neu ist zudem der Zeiss-Schriftzug mit dem „T*“-Gütesiegel, das für eine spezielle Linsenbeschichtung steht, die Reflexionen und Streuung reduziert. Man findet das „T*“ bisher nur auf den teuren Objektiven oder als Filteraufsatz, nun also erstmals auch auf einem Smartphone. Einen Effekt konnten wir allerdings nicht feststellen.
Immer wieder treten bei Sony Lensflares auf, sowohl beim Ultraweitwinkel als auch beim Weitwinkel. Beim Xperia 1 II zwar nicht mehr so häufig wie beim Vorgänger, aber: Ein Huawei P40 Pro hat damit weniger Probleme. Die von unserem Fotolabor ermittelte Bildqualität kann nicht ganz mit den Spitzenmodellen von Huawei und OnePlus mithalten, nur bei schlechten Lichtverhältnissen ist Sony auf Augenhöhe. Im Portraitmodus hilft ein ToF-Sensor, aber wie beim „T*“ merkt man davon wenig, der unscharfe Hintergrund wirkt oft wie durch Milchglas aufgenommen.
Gut gefallen hat uns die neue Profi-App Photo Pro, die Cinema Pro aus dem letzen Jahr kongenial ergänzt. Layout und Aufbau sind an Sonys Systemkameras der Alpha-Serie orientiert – Alpha-Fotografen werden sich damit sofort zu Hause fühlen. Die übersichtliche Darstellung in der App ist phänomenal gut. Sony nutzt das gestreckte Display optimal aus und bietet mehr als alle anderen. Stark! Mit einem Softwareupdate wird es auch möglich sein, RAW zu speichern – zum Verkaufsstart war das Format noch nicht verfügbar.

Der letzte Feinschliff
Im Laufzeittest erzielt das Xperia 1 II 9:26 Stunden – ein guter Wert, auch einen Tag mit intensiver Nutzung steht das Smartphone durch. Die Funkeigenschaften und die Akustik schließen hier nahtlos an: Die Sprachqualität ist im positiven Sinne unauffällig, und die Funkeigenschaften sind in allen drei Netzen gut.
Der Ladestandard USB PD wird unterstützt, ein 18-Watt-Netzteil gehört zum Lieferumfang. Das mag mit einem Ladezyklus von eineinhalb Stunden für die meisten Nutzer ausreichend sein, mit Blick auf den hohen Gerätepreis kann man aber mehr erwarten. Die Flaggschiffe von Huawei und OnePlus laden doppelt so schnell. Dieses Detail zeigt einmal mehr, dass an einigen Stellen der Feinschliff fehlt.
Das Display ist herausragend, aber ohne 90 Hertz. Das Kamerasystem mit der neuen Profi-App ist stark, aber nicht so gut wie bei Huawei oder OnePlus. Das sind aber Kleinigkeiten, der Gesamteindruck stimmt. Sony gelingt es immer besser, die überragende technische Expertise der einzelnen Konzernsparten in ein Smartphone zu gießen. Das Xperia 1 II ist das mit Abstand beste Smartphone der Japaner der letzten Jahre.