Kombi-Test
Exposure-Kombi 3010 S2 und die Harbeth 7ES-3
Exposures große Vor/Endstufen-Kombi 3010 S2 (1200 Euro pro Gerät) und die Harbeth-Boxen Compact 7ES-3 (2550 Euro pro Paar) verbindet eine Gemeinsamkeit: Beide klingen spektakulärer, als sie aussehen - vor allem, wenn man sie kombiniert.

Haarspalter werden anmerken, dass neben dem Union Jack noch ein, zwei andere Flaggen über dieser Anlage wehen müssten. Dass Exposure seit geraumer Zeit mit Kapital aus Malaysia operiert und Harbeth immerhin aus englischem in schottischen Besitz übergegangen ist. Aber immerhin werden beide Marken noch in England gefertigt. Vor allem jedoch sind sie ihren Idealen - und damit ihren Kunden - treu geblieben, indem sie nach wie vor moderat teures, ehrliches HiFi bauen, über ihre Produkte keine Märchen erzählen und eine gesunde Distanz zu esoterischem Schnickschnack wahren. HiFi für Leute, die nicht jedem Hype hinterherlaufen.
Exposure stellt mit der 3010 S2 eine Vorstufe und zwei Monos auf die Gummifüße, die pro Gerät knapp 1200 Euro kosten und in eine nur spärlich besetzte Marktlücke vorstoßen. Eine optionale, opulent bestückte Phonokarte mit eingerechnet, liegt der Preis komplett immer noch unter 4000 Euro; man bekommt dafür Leistung im Überfluss genau da, wo man sie braucht: am Lautsprecher, zu dem dann ein relativ kurzes Kabel führen darf. Entsprechend längere NF-Strippen zu den Endstufen treibt die niederohmige Ausgangsstufe des 3010 S2 Preamps mit links - wäre auch gelacht, angesichts eines Netzteils, dessen Ringkerntrafo, Gleichrichter und Sieb-Elkos (letztere eigens für Exposure angefertigt) unverkennbar dazu in der Lage sind, auch den hintersten Winkel der Hauptplatine über extrabreite Leiterbahnen satt mit Strom zu fluten.
Den Signalpegel kontrolliert langfristig zuverlässig ein motorisiertes ALPS-Poti, und auch wenn der Eingangswähler rechts daneben etwas definierter einrasten könnte, spielt dies für die Funktion keine wirkliche Rolle, weil der Drehknopf ohnehin nur noch symbolischen Wert hat: Die elektrischen Weichen stellen hochwertige Relais.

Über sehr solide, einzeln mit der Rückwand verschraubte Cinchbuchsen geht's hinein und heraus aus dem Exposure-Pre. Für Verwunderung sorgt hier allenfalls die Erdklemme, die unnötig weit von den Phonobuchsen entfernt am anderen Ende des Anschlussfelds platziert wurde.

Das Streben nach möglichst widerstandsarmer, stabiler Stromversorgung ist auch in den Endstufen auf Anhieb erkennbar. Die Verstärkerschaltung selbst tut ein Übriges, indem sie mit Konstantstromquellen-Unterstützung Rückwirkungen der einzelnen Gain-Stufen auf ihre Nachbarn unterbindet. Den eigentlichen Schub liefern zwei Paar ausgesprochen wuchtig spezifizierte Sanken-Endtransistoren.

Auf ihrem räumlich kurzen Weg von der einsamen Eingangsbuchse bis zu den beiden parallel angeschlossenen, nicht schaltbaren und ausschließlich für Bananenstecker geeigneten Lautsprecheranschlüssen haben die Signale also denkbar viel erlebt. Und das hört man ihnen auch, ganz im positiven Sinn, sehr deutlich an: Die Exposure-Kombi gehört zu jenen seltenen Amps, aus denen in arroganter Missachtung von Logik und Physik hinten mehr Musik herauszukommen scheint, als man vorne hineinsteckt.
Nicht nur die gleiche Musik mit höherer Amplitude, sondern mehr Emotion, Nähe, Melodie und rhythmischer Drive, als die meisten vergleichbaren Amps mit identischem Material zu erzeugen bereit sind. Das liest sich wie ein Soundeffekt, funktioniert aber höchst subtil, und man muss eine ganze Weile eintauchen, um in der pulsierenden, prickelnden Musikwelle auf charakteristische Eigenklang-Spuren zu stoßen: Der ungemein antrittsschnelle, elastische, fröhlich tanzende Bass ist eine Stärke, seine in ultratiefen Regionen nachlassende Autorität und die nicht immer ganz akribische Genauigkeit der Gegenpol dazu.
Ganz oben wiederum prickelte es manchen Hörern fast ein wenig zuviel, was aber nicht bedeutet, dass die Verstärker hell wirken. Es ist mehr ein gutes, lebendiges Champagnerkribbeln, das die Hörnerven in freudige Erregung versetzt und der Musik eine unmittelbare, direkte, wie tautropfen-feuchte Frische verleiht. Und die nur ganz selten übertrieben wirkt, zumal der knorrig-kraftvolle Grundtonbereich der englischen Verstärker eine verlässliche, belastbare Grundlage bildet.

Der extrem anmachende, vitale Klang der Exposures verträgt kein Nachwürzen und kommt mit neutralen, eher warm abgestimmten Lautsprechern am besten zur Geltung. Gut, dass zufällig ein Paar Harbeth Compact 7 ES-3 im Boxenlager auftauchten: Auf den ersten Blick ganz klassische, alte BBC-Monitor-Schule, jedoch mit modernen, im eigenen Haus gefertigten Chassis bestückt, zeichnet sich die einen halben Meter hohe Groß-Kompaktbox durch sehr geringe Verzerrungen und einen in sich perfekt ausgewogenen, aber ganz leicht zum Hochton fallenden Frequenzgang aus. Ein perfekter Tummelplatz also für die temperamentvollen Exposures, deren anfängliche Neigung zum Überschwang nun absoluter Konzentration wich - vor allem auf den Mitteltonbereich der Harbeth, der in dieser Lebendigkeit und Farbentreue unabhängig vom Preis nur bei wenigen Lautsprechern zu finden ist.
Dass die britischen Boxen mühelos auch große Räume füllen und es dabei auf beachtliche Basspegel bringen können, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr eigentliches Element nicht Rockpartys sind, sondern alle Klänge, natürlichen Ursprungs - weil sie auf so frappierende Weise wieder lebendig werden. Das kann im Fall des gewaltigen Estonian National Male Choir durchaus furchterregende Ausmaße annehmen, zumal wenn die estnischen Sänger die "Visions Of Kalevala" heraufbeschwören - ein ebenso archaisch-düsteres wie hochdynamisches Werk des Komponisten Veljo Tormis (Alba Records NCD35). Wenn man bei solcher Musik, das Testen vergisst und nicht anders kann als sich die ganzen 68 Minuten reinzuziehen, dann macht die Anlage etwas sehr richtig.

"Richtig" ist auch das Wort, das den Klang der Exposure-Harbeth-Kombi am besten beschreibt: Sie glänzt mit Glaubwürdigkeit statt mit Superlativen. Mit ihrem agilen Mittelton ist die Compact 7ES-3 zum Umspielen mäßiger Aufnahmen eher weniger geeignet als die versöhnlicher gestimmten KEF- und B&W-Kompakten in ihrer Preisklasse (die neben der Harbeth sehr klein aussehen). Zusammen mit den Exposures entsteht jedoch eine Kombi, die der Musik jeder Art zuverlässig zu maximaler Wirkung verhilft. So etwas ist immer modern - auch wenn es nicht immer so aussieht.
Fazit: Ein Anlagen-Tipp
Als Player hatte ich zunächst den Linn Majik DS versucht, fand den preiswerteren Linn Sneaky DS dann aber klanglich stimmiger. LP-Freunde nehmen den sauberen, kontrollierten Well Tempered Amadeus mit MC-System und -Phonokarte. In jedem Fall wichtig, und zwar optisch wie klanglich: die exakt zur Harbeth passenden Ständer von Skylan