Trends der E3 und Gamescom
Quo Vadis, Mobile Gaming?
Konsolengrafik, Free 2 Play und Companion-Apps: Wir erklären die aktuellen Trends im Bereich Mobile Gaming und zeigen die Branchen-Entwicklung der iOS- und Android-Spiele.

Sie heißen Adreno, Mali, GoForce oder PowerVR – die Grafikchips in aktuellen Smartphones und Tablets. Ihre Rechenleistung im Galaxy S6 oder im iPhone 6 übertrumpft schon längst die legendäre Playstation 3. Und diese Spielkonsole bot zu ihrer Markteinführung vor zehn Jahren immerhin die damals maximal mögliche Grafikleistung. Pixelpower in solchen Dimensionen brauchen Mobilgeräte nur zu einem Zweck: zum Spielen.
Grafik wie auf der Konsole
Auf den Messen E3 im Juni in Los Angeles und Gamescom im August in Köln zeigten die Spielehersteller, wie sie Pixelfüllraten, Shader- Operationen und Speicherbandbreite in Spielspaß verwandeln. Die neuesten Mobile Games machen von der gigantischen Grafikleistung reichlich Gebrauch. Wie zum Beispiel das Autorennspiel „CSR2“, das bis Jahresende in den App-Stores von Android und iOS erscheinen soll. Gegenüber dem Vorgänger aus dem Jahr 2012 sind die Super-Sportwagen, die sich in illegalen Straßenrennen messen, noch realistischer und detailgetreuer nachgebildet.

Nur wenig geändert hat sich dagegen an Konzept und Spielverlauf, die typisch für viele Mobile Games sind: Die App ist „Free 2 Play“, also kostenlos erhältlich. Um dennoch Geld zu verdienen, setzt CSR2-Hersteller Zynga auf In-App-Käufe: Das Tuning der virtuellen Traumkarossen kostet reales Geld. Ähnlich läuft es bei Strategiespielen, die sich zu Dutzenden in den App-Stores finden und deren jüngster Vertreter „Empires & Allies“ heißt:
Wer hier beim Aufbau virtueller Städte oder Armeebasen gegenüber den Online-Mitspielern auf längere Sicht bestehen will, kommt nicht umhin, Euros in Ressourcen wie Waffen oder Baumaterial zu investieren. Gibt ein Gamer konsequent kein Geld aus, kommt er ab einem bestimmten Punkt des Spielgeschehens nicht mehr weiter. Kann ein Anbieter hingegen die Leidenschaft der Spieler für das Schicksal ihrer simulierten Untergebenen entfachen, spülen In-App-Käufe ansehnliche Umsätze in seine Kassen.

Wenige Minuten spielen, aber das wochenlang
Auch ein zweites Grundprinzip mobiler Spiele zeigen die E3-Neuheiten CSR2 und Empires & Allies deutlich: Weil mobile Spieler in der Regel nur kurze Warte- oder Fahrzeiten mit den Games überbrücken, beschränken sich die einzelnen Runden auf wenige Minuten. Sie sind aber eingebettet in längerfristige Handlungen oder Wettkämpfe – wer immer wieder ein kurzes Straßenrennen oder einen Angriff auf die virtuellen Feinde absolviert, verbessert dadurch Rang und Ressourcen.
Ebenfalls stark im Trend: sogenannte Companion- Apps. Sie sind entstanden, weil sich populäre Videogames wie World of Warcraft, Assassin’s Creed, Fallout oder Titanfall zu komplexen Welten entwickelt haben, bei denen die einzelnen Spieletitel größer angelegte Handlungen und überspannende Charaktere enthalten. Während das Hauptspiel zu Hause auf PC oder Konsole läuft, gibt es fürs Mobilgerät unterwegs Nebenhandlungen oder Möglichkeiten, die Spielstärke der eigenen Protagonisten zu verbessern beziehungsweise die eigene Basis auszustaffieren.
Lesetipp: iPhone- und iPad-Apps: Die besten Neuheiten im App Store
Ein aktueller Vertreter dieser Kategorie ist die im Juli veröffentlichte Gratis-App „Fallout Shelter“, mit der Fans des Endzeitspektakels „Fallout“ unbekanntes Terrain erkunden oder Bunker bauen können. Mitte August meldete der Anbieter Bethesda, dass die Fans in nur vier Wochen 29 Millionen Stunden allein mit der Companion- App dieses Spiels verbracht haben.

Verstärken lässt sich die Hingabe der Spieler nicht zuletzt auch dadurch, dass Mobile Games und Companion-Apps in populären Markenwelten angesiedelt sind. Das ist auch das Erfolgsgeheimnis hinter diversen Titeln rund um den Kinohit „Krieg der Sterne“, die Star-Wars-Lizenzinhaber Disney mit mehreren Spieleherstellern realisiert hat. In der Regel werden dabei bekannte Spielkonzepte mit den Figuren und Welten aus dem Film adaptiert.
So ist „Star Wars: Commander“ ähnlich wie das bereits erwähnte „Empires & Allies“ oder das ältere „Clash of Clans“ konzipiert, schickt aber Han Solo und Darth Vader in die jeweiligen Schlachten. Hinter „Star Wars: Galaxy of Heroes“ verbirgt sich letztlich ein auf Sammelkarten basierendes digitales Rollenspiel.
Starke Medienmarken plus Techniktrends
Auch die mit faszinierend realistischen Grafiken und Bewegungsanimationen gewürzte Fußball-Simulation „FIFA 16“ lebt von der – wenn auch zwischenzeitlich etwas angekratzten – Popularität der gleichnamigen Weltfußball-Marke. Und wenn Lara Croft in Hotpants zur Suche archäologischer Schätze auf Mobilgeräten antritt, die derzeit omnipräsenten Minions sich in „Minion’s Paradise“ tummeln oder Mickey Mouse, Donald Duck und Goofy im Manga-Stil in „Kingdom Hearts Unchained“ mitmischen, stecken dahinter ähnliche Marketing- und Gameplay-Konzepte.

In Los Angeles und Köln waren aber noch weitere Trends zu beobachten: So stehen auf Konsolen schon länger Retro-Games hoch im Kurs. Nun erobern sie auch Mobilgeräte. Zwar sind Galaxy, iPad und Co mit den Java-Games früherer Nokia-Riegelhandys klar unterfordert – aber wer sich damit vor 15 Jahren die Zeit vertrieb, freut sich über ein Wiedersehen.
Ein weiteres Konzept, das von PC und Konsolen auf Mobilgeräte wandert, heißt Game-Streaming: Die auf Plattformen wie „Twitch“ oder „YouTube Gaming“ angebotenen Spiele laufen auf Hochleistungs-Servern, das Mobilgerät empfängt Bild und Ton per Streaming und sendet Eingaben zurück. Dies setzt in der Praxis allerdings LTE oder WLAN-Zugang voraus.
Erste Anbieter experimentieren zudem mit Games auf Smartwatches. Weil die aber nun wirklich keine tolle Grafik und hohe Rechenleistung bieten, dienen Apples Watch und Android-Wear-Geräte bei Titeln wie „My Fitness Racer“ vor allem zur Steuerung der auf dem Smartphone oder Tablet laufenden Spiele. Die hier abzusehende Entwicklung dürfte im wörtlichen Sinn bald weitere Bewegung ins Mobile Gaming bringen.