Canton Smart Vento 9 S2 im Test
Canton bringt die Energie am schönsten auf den Asphalt, mit einer wuchtigen Aktivbox, die kaum Wünsche offen lässt. Toller Drive, hoch-ehrlich. Die Smart Vento 9 S2 hat uns im Sturm erobert. Mehr hierzu in unserem Test.

Das mag ein merkwürdiges Bild sein, aber vielleicht gar nicht so abwegig. Was bei Autos Verbrenner und Elektrofahrzeuge sind, das sind bei Lautsprechern passive und aktive Konstruktionen. Die einen sind altbacken und berufen sich auf einige Jahrzehnte an Tradition. Die anderen hingegen möchten den...
Das mag ein merkwürdiges Bild sein, aber vielleicht gar nicht so abwegig. Was bei Autos Verbrenner und Elektrofahrzeuge sind, das sind bei Lautsprechern passive und aktive Konstruktionen. Die einen sind altbacken und berufen sich auf einige Jahrzehnte an Tradition. Die anderen hingegen möchten den roten Teppich in die Zukunft ausrollen.
Hier haben wir so einen Neuling. Die Smart Vento 9 S2 von Canton übernimmt nicht nur die Membranen, sondern auch das Kraftwerk dahinter und die Wandlung noch hinzu. Das ist selten im Geschäft der deutschen Boxenbauer.
Der Hintergrund ist einfach. Schon früh hat Canton für sich erkannt, dass der Platz im Gehäuse mit schlauer Elektronik gefüllt werden sollte. So entwarf man im Taunus ein Modul, das große Leistung an die Chassis liefert und dabei auf die etablierten Datenformate hört.
Dazu noch ein Funkmodul, das den Slave an den Master koppelt. Erstaunlich wenige Kabel, zur Freude nicht-audiophiler Mitbewohner. Faktisch braucht es nur zwei Stromkabel zu den Boxen und ein Signalkabel zum Master. In zehn Minuten ist das aufgebaut. Brauche ich ein Diplom, gar einen Doktor-Titel, um die Bedienungsanleitung zu verstehen? Natürlich nicht.
Die Webseite führt bei Canton zudem zu einem Video-Link, bei dem die Details der smarten Vento leicht und flüssig erklärt werden. Weitere zehn Minuten genügen. König Kunde hat zudem die Wahl: Ich kann diesen Lautsprecher online bestellen und 30 Tage ausprobieren, oder ich bitte den Händler meines Vertrauens darum, die Erstinstallation zu stemmen.
Wir waren natürlich in der Luxusposition. Der Chefentwickler von Canton, Frank Göbl, brachte uns das Pärchen persönlich in den Hörraum. Auch hier ging alles höchst geschmeidig über die Bühne. Inklusive tragen, wuchten, aufstellen und anschließen waren wir in zwanzig Minuten spielbereit.
Canton packt natürlich eine Fernbedienung in den Lieferumfang. Die ist bei allen Smart-Produkten identisch. Was einerseits die Produktionskosten im Zaum hält, dazu aber auch dem Kunden einen smarten Erkennungswert gibt. Wer beispielsweise die Canton-Soundbar besitzt, muss nicht umdenken, alles funktioniert nach klaren, intuitiv-sicheren Spielregeln.
Subtext: Keine Angst, es wird gelingen. Was auch Luft zu den ganz großen Szenarien lässt. So könnte die Vento 9 S2 an der Stereofront stehen, eine Soundbar als Center, dann ein Subwoofer, die kleinen Smarts hinter mir – das umfassende Surround-Gedeck wäre schnell aufgetafelt, und alles nach wie vor mit nur einer Fernbedienung. So geht „Usability“ heute. Noch nicht genug? Auch eine Einbindung in ein umfassendes Heimnetzwerk mit unterschiedlichen Hör-Zonen ist möglich.

Noch eine gute Nachricht: Der Zauber ist erschwinglich. Die große Smart Reference 5K (hier unser Test) lässt sich Canton mit 8500 Euro für das Paar bezahlen. Die 9 S2 ist kleiner, aber nicht zwingend weniger potent. Auch dies eine Kombi aus zwei Basstreibern, einem Hoch- und einem Mitteltöner. 4700 Euro veranschlagen die Hessen. Das ist fair, mehr als fair, fast ein Kampfpreis. Denn nicht zu vergessen: Wir sparen uns eine Vorstufe, eine Endstufe, einen Wandler.
Was bleibt dann im HiFi-Rack? Vielleicht ein CD-Player, ideal ein Streamer, die Connaisseure würden noch ihren Plattenspieler bzw. ihre Phonostufe anschließen. Alles ist möglich. Denn wir können in die 9 S2 analog wie digital hinein. Wer ganz faul ist, wirft einfach sein Smartphone an und koppelt die Lautsprecher per Bluetooth.
Eine Fehlentscheidung in diesen Tagen ist hier nicht möglich. Gefallen die Lautsprecher nicht, gehen sie wieder zurück. Canton ist sich seiner Sache sicher. Zu Recht. Weil man nicht nur dem eigenen Smart-Modul vertraut, sondern auch den eigenen Chassis. Das gibt es nur hier, das fertig Canton daselbst im Taunus und in seinem eigenen Werk in Tschechien.
Schauen wir die Treiber genauer an. Unter 180 Hertz pulsieren zwei 19-Zentimeter-Membranen aus Titanium-Graphit. Die Mitten werden einem bauverwandten 17-Zentimeter-Chassis überantwortet. Über 3100 Hertz springt eine Kalotte aus Aluminiumoxidkeramik an. Bis 30 000 Hertz geht es so hinauf. Erstaunlich linear, wie unsere Messungen zeigen. Der Bassreflex-Kanal pustet zur Unterseite auf einen genau berechneten Sockel, stolze 22 Hertz sollen so unser Ohren erreichen. Unsere Messung zeigt: Bei 35 Hz liegt der -3-dB-Punkt, bei 31 Hz sind es -6 dB. Voll in Ordnung.
Details: Canton Smart Vento 9 S2
Vollbild an/ausDetail | |
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Untere Grenzfrequenz -3/-6 dB | 35/31 Hz |
Maximalpegel | 102 dB |
Stromverbrauch (Standby/Ein) | 1,5/14 W |
Funksystem | proprietär, Bluetooth apt-X |
Codierung | PCM, DTS Digital, Dolby |
Equalizer | über Fernbedienung und Display |
Eingänge analog RCA/XLR | •/• |
Eingänge digital USB/coax./opt. | •/–/• |
Fernbedienung/App | •/– |
Daumen hoch in allen äußerlichen wie finanziellen Belangen. Doch stimmt auch der Klangeindruck? Wir haben lange gehört, über alle erdenklichen, in die Box führenden Wege, also analog, digital und per Bluetooth. Beim eingebauten Wandler gibt es einen Pferdefuß: PCM ist natürlich Standard, doch DSD mag und kann die Vento nicht wandeln. Noch ein Tipp: schwarzer und weißer Lack sind schön, unser Herz pocht jedoch für die Version in hellem, hochglänzendem Nussbaum. Ein Augenschmeichler.
Hörprobe
Welchen Track zuerst? Klang- und Musiktipp: „Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen.“ Das ist eben nicht eines der üblichen Nachmach-Alben zu Songs von Cohen, sondern wirklich eine Neuentdeckung auf altem Festland.
Der erste Pluspunkt: Das legendäre Blue-Note-Label lässt dieses Album aufleben. Der zweite Pluspunkt: Hier trauen sich die aktuellen Superstars an die Welthits – Norah Jones, Gregory Porter, sogar Iggy Pop. Unbedingt anhören. Der Download mit 24 Bit ist klasse, noch spannender die Pressung auf zwei LPs.
Das unvermeidliche, großartige „Hallelujah“ stimmt Sarah McLachlan an. Eine feine Jazz-Besetzung, Klavier, Bass, noch ein Saxophon für die Atmosphäre. Wunderbar intim. Ein Lautsprecher muss in diesen Momenten die Ruhe bewahren. Jede Show wäre fehl am Platz.
Genau diese hohe Kunst feiert die Vento. Dafür liebt und lebt man High-End. Aber gleich die Kernfrage: Klingt es über den Streamer, die Phono-Stufe besser, oder über den internen Wandler? Der Cinch-Kontakt wirkt wärmer, softer, aber deutlich mehr Informationen erreichen uns über die digitale Verbindung. Der Raum ist klarer gestaffelt, mehr Informationen links und rechts neben den Lautsprechern, dazu ein kantiger, ultra-tiefer Bass.
In der Klassik haben sich alle Kritiker in den noch jungen Dirigenten Santtu-Matias Rouvali verliebt. Als Finne muss man natürlich den Kanon der Sibelius-Symphonien beherrschen. Gerade ist das neue Album erschienen. Einfach mal in den Finalsatz der Fünften Symphonie scrollen.
Der ist erstaunlich schneller als alle Versionen, die ich kenne. Es flirrt im Turbo. Eine Dynamik, die den Atem raubt. Die Canton spielt mit, auf Weltklasse-Niveau. Das ist zum Schwelgen schön. Dazu stressfrei – wie ein dicker Biss in den kandierten Apfelkuchen.
Fazit
Hier geht es ums Ganze. Eben im klassischen Sinn um ein Gesamtkunstwerk. Die smarte Vento vereint großartige Elektronik und Top-Treiber in einem perfekt gelungenen Gehäuse. Mit dieser Box erreicht man schon beinahe den Himmel des High-Ends. Eine rundum glücklich machende Sache.