Testbericht
HTC HD2 im Test
Schon bei der ersten Berührung fühlt sich der HD2 ganz anders an als das typische Windows-Mobile-Phone. Vorne zieht eine kühle Glasfläche die Wärme aus den Fingern, hinten widmet sich nicht minder kaltes Metall dieser Aufgabe.
- HTC HD2 im Test
- Datenblatt
- Wertung

Das HTC HD2 ist schön anzusehen - keine Frage. Nur oben und unten ist der Deckel des Akkufachs von schmalen Bändern samtigen Kunststoffs eingefasst. Kurzum, der Materialmix ist erstklassig. Hier wird zum nicht eben niedrigen Preis von 619 Euro ein wie es scheint adäquater Gegenwerte geboten.
Wobei die gläserne Front beim Fachmann sofort eine Frage aufwirft: Steht das zugegebenermaßen kratzfeste Material nicht für Touchscreens, die nach dem kapazitiven Prinzip arbeiten? Und sind diese Bildschirme nicht für reine Fingerbedienung ausgelegt? Und beißt sich das nicht mit dem Betriebssystem von Microsoft, das selbst mit der alternativen HTC-Bedienoberfläche Sense in den Tiefen der Menüs immer mal wieder nach einem Stylus verlangt, damit allzu kleine Icons sauber zu nutzen sind?
Die etwas andere Bedienung
Fragen über Fragen, die sich nur der Reihe nach beantworten lassen. So reagiert der Bildschirm nach Intention von HTC wirklich ausschließlich auf die Berührung von Fingern. Es gibt zwar mittlerweile Stifte, die speziell für kapazitive Displays gedacht sind und die man im Internet etwa mit einer Suche nach "iPhone Stift" findet. Auch HTC soll an der Entwicklung eines Stifts arbeiten, was bei der mäßigen Reputation bisheriger Ausführungen nicht wundert.
Doch mit dem HD2 geht es auch ohne. Das liegt an der mittlerweile sehr ausgereiften Sense-Oberfläche, die im Zusammenspiel mit Windows Mobile 6.5 alle für den Finger kritischen Stellen entschärft. Doch auch das gelingt etwa bei der alphanumerischen Tastatur nur so gut, weil das Display viel Platz bietet, sehr viel Platz sogar.
Mit 4,3 Zoll übertrumpft es den Vorgänger Touch HD um über 10 Prozent in der Diagonalen und um fast 30 Prozent in der Fläche. Selbst der bisherige Spitzenreiter in Sachen Displayfläche, das Toshiba TG01, kann da nicht mit. Bei der Auflösung verzichtet HTC lobenswerterweise darauf, den gewonnen Platz für Pixelrekorde zu nutzen. Mit 800 x 480 Bildpunkten Auflösung bildet die Anzeige knackig scharf ab, ohne sich im Kleinklein zu verlieren.
Die Größe schafft Platz zum Arbeiten, das User-Interface sorgt dafür, dass einzelne Bedienelemente griffig bleiben. Naturgemäß ist die Schreibmaschinentastatur das kritischste Element. Die nimmt im Querformat für 35 Zeichen die Hälfte der Displayfläche ein und ließ sich auch durch einen Tester mit weniger schlanken Fingern nach kurzer Eingewöhnungszeit problemlos zum Texten nutzen.
Um berechtigten Nachfragen vorzubeugen: Selbst die Tabellenkalkulation Excel Mobile ließ sich im Test per Finger gut bedienen. Praxisgerecht ist auch die Wahl eines transflektiven Panels für die Anzeige - damit ist auch im grellen Sonnenlicht noch ein Mindestmaß an Ablesbarkeit garantiert. In normalen Räumen profitiert der Nutzer von starken 300 Candela pro Quadratmeter Helligkeit.
Umfangreiche Sensorik
Damit die in dunkler Umgebung nicht blenden, kann die Displaybeleuchtung auf automatische Umgebungsanpassung gestellt werden. Neben dem dazu nötigen Lichtdetektor hat der HD2 auch sonst alles zu bieten, was man von einem modernen Smartphone an Sensorik erwartet.

Der GPS-Empfänger geht in diesem Zusammenhang schon als selbstverständlich durch. Als 15-Tage-Testversion bietet HTC ALK CoPilot dazu an. Vor Versuchen mit alternativen Routenplanern sollten Interessierte abklären, inwieweit sich diese für reine Fingerbedienung eignen; das gilt natürlich auch allgemein für zugekaufte Software für den HD2. Schon spezieller als GPS ist der Beschleunigungssensor, der etwa für die Umschaltung zwischen horizontaler und vertikaler Display-Ausrichtung Einsatz findet.
Auch für viele Spiele ist ein Beschleunigungssensor eine willkommene Bereicherung. Das zeigt das vorinstallierte Teeter, bei dem es gilt, eine Kugel durch einen löchrigen Parcours sicher ins Ziel zu steuern. Echte Windows-Mobile-Fans werden wohl bedauern, dass dieser Beigabe das Kultspiel Jawbreaker zum Opfer gefallen ist. Wer dagegen öfter die Richtung zu verlieren droht, wird den Kompass schätzen lernen, der die Sensor-Ausstattung des HD2 abrundet.
Zum guten Eindruck in Sachen Bedienung trägt bei, dass der HD2 die sonst von Windows-Mobiltelefonen gewohnten Gedenkpausen nahezu vollständig vermeidet. Die schnelle Reaktion von HTCs noblem Gerät gibt gutes Feedback und vermeidet so fehlerhafte doppelte Eingaben. Hier scheint sich der schnelle 8250-Prozessor von Qualcomm mit 1-Gigahertz-Taktfrequenz, besser bekannt als Snapdragon, ebenso bezahlt zu machen wie HTCs langjährige Erfahrung in der Windows-Mobile-Hardware-Entwicklung.

Zu den echten Erleichterungen, besonders beim Surfen im Web, gehört auch die nur auf kapazitiven Displays mögliche Multitouch-Bedienung. Ist auf einer Webseite ein Menü oder Link zu klein, kann man die Sache mit zwei Fingern auf passende Größe aufziehen - auch das gelingt ohne Verzögerung. An der Performance des HD2 gibt es also nichts zu kritisieren, einzig der freie Speicher hätte in Zeiten, in denen das Smartphone gerne als mobile Multimedia-Zentrale genutzt wird, durchaus etwas üppiger ausfallen können. Immerhin, mit 342 verfügbaren Megabyte ist man für das persönliche Informationsmanagement gut gerüstet, große Musik- oder gar Videosammlungen können auf einer MicroSD-HC-Karte beliebiger Größe untergebracht werden. Eine 2-Gigabyte-Karte zählt zum Lieferumfang.
Größe, Gewicht und Ausdauer

Trotz großem Display erhebt sich der HD2 nur elf Millimeter über die Ebene, auf der er liegt. Dabei ist er mit einer Grundfläche von 121 x 67 Millimetern sogar etwas kleiner als das Toshiba TG01. Das zeigt auch, wie wenig Rahmen HTC noch um das riesige Display gelegt hat. Dabei ist der flache HD2 so verwindungssteif, wie man es sonst nur von deutlich dicker auftragenden Smartphones gewohnt ist. Diese Stabilität schlägt sich etwas im Gewicht nieder: Seine 160 Gramm werden nur von einigen großen Smartphones mit mechanischer Qwertz-Tastatur überboten.
Dabei ist es schade, dass HTC in dieser durchaus noch tragbaren Masse keinen größeren Akku unterbringen konnte. So fordern die umfangreiche Ausstattung, aber auch das große Display von dem mit gemessenen 1223 Milliamperestunden sehr kleinen Akku ihren Tribut: Nach rund vier Stunden typischer Nutzung geht dem Stromspeicher die Puste aus.
Auch die reinen Telefoniezeiten sind mit je nach Betriebsart dreieinhalb bis sechsdreiviertel Stunden kein Grund zum Jubeln. Das reicht manchem engagierten Nutzer nicht, um über den Tag zu kommen. Immerhin: Seinem Vorgänger Touch HD und dem konzeptionell ähnlichen TG01 ist der HD2 in den Betriebszeiten leicht voraus. Doch dafür saugt er im Standby den Akku deutlich schneller leer als die anderen Großdisplay-Modelle. Das führt in Sachen Ausdauer leider zum an der Schwelle zum "befriedigend" liegenden Urteil "ausreichend". Eine echte Schwäche leistet sich der HD2 also schon.
Funk und Akustik
Die übrigen Messungen leiden natürlich nicht unter der Wahl eines kleinen Akkus. So attestieren die Funkmessungen dem HD2 mehr noch im GSM- als im UMTS-Bereich ordentliche Leistungen. Dabei ist es die Empfindlichkeit beim UMTS-Empfang, die gerne noch etwas höher sein dürfte - was gute Mobilfunkzellen aber eher ausgleichen können als eine schwache Sendeleistung. Auch bei der Sprachqualität überzeugt der HD2, wenngleich einige der jüngsten Smartphones inklusive ebenfalls von HTC gebauten Google Nexus One noch eine Spur ausgeglichener klingen. So streicht der HD2 in den Messungen eine gute Bewertung ein, das gelingt durchaus nicht jedem Smartphone.
Ausstattung

Dass bisher wenig über die Ausstattung geredet wurde, liegt daran, dass diese nahezu komplett ist. Selbst Kleinigkeiten wie die zwei Foto-LEDs an der nach einem Software-Update anständig arbeitenden 5-Megapixel-Kamera oder der 3,5-Millimeter-Anschluss für den Kopfhörer zeigen, dass HTC hier Luxus pur bietet. Das unterstreicht auch die selten so vollständige Liste der unterstützten-Bluetooth-Profile.
Wer mit der etwas geringeren Ausdauer des HTC HD2 leben kann oder bereit ist, immer einen Zweitakku dabeizuhaben, der bekommt hier ein sehr edles High-Tech-Smartphone, das nicht nur technische Perfektionisten beglücken kann.