Testbericht
Lautsprecher Isophon Vescova
Isophon will mit der Vesova, für 8000 Euro das Paar, den Großen der Branche zeigen, wie man Boxen baut. Mit elitären Keramik-Chassis und Frequenzweichen, die aus höherer Mathematik resultieren. Ob's funktioniert?
- Lautsprecher Isophon Vescova
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Was, denken Sie, antworten Fachleute auf die Frage nach den größten Baustellen in der Boxenentwicklung? Zwei Problemkreise dürften alle auf dem Radar haben: Membranwerkstoffe und das weite Feld der Frequenzweichen.
So gesehen ist es keine Überraschung, wenn die im Stuttgarter Raum ansässige, für ihre unkonventionellen Lösungen bekannte Boxenmanufaktur Isophon bei der neuen Vescova an eben diesen Stellen ansetzt, und zwar mit wahrhaft schwäbischer Gründlichkeit.

Zum Thema Membranen hat die bis nach Asien und Lateinamerika exportierende Firma eine klare Meinung: So stabil und klangneutral wie nur möglich, denn nur so bleibt die Form komplexer Signale erhalten.
Neben Beryllium (in Staubform giftig, also kompliziert bei der Herstellung) und künstlichem Diamant (ebenfalls extrem teuer) schafft nur Keramik eine Kolben-artige Bewegung über einen sehr weiten Frequenzbereich. Keramik ist nicht ganz so teuer und Klassikern wie Papier oder Aluminium klanglich in einigen Belangen ebenfalls haushoch überlegen.
Die Topmodelle Arabba und Cassiano besitzen schon seit geraumer Zeit Keramikchassis, nun folgt die günstigere Vescova. Die fast gleichen Strahler verwenden auch Firmen wie Avalon oder Lumen White, die jedoch andere Ansichten in Sachen Gehäuse und Beschaltung vertreten.
Während Beryllium und Diamant nur bei Hochtönern zum Einsatz kommen, lassen sich aus Keramik auch große beinharte Chassis fertigen, die hohe Signaltreue versprechen. Die ohnehin geringen Verzerrungen verteilen sich laut Entwickler Dr. Roland Gauder so, wie man es etwa von besonders gut klingenden Verstärkern kennt.

Die extreme Härte und Steifigkeit sind in der Praxis nicht ganz unproblematisch. Bei stoßartiger Berührung zerspringen die Membranen wie Porzellanteller in tausend Stücke. Schutzgitter sind deshalb obligatorisch. Weiterer Knackpunkt: Keramik ist nur innerhalb eines gewissen Frequenzbereichs genießbar, abhängig von Form und Gewicht. Die in der Vescova genutzten, etwa 15 Zentimeter großen Membranen würden ungefiltert bei rund 7000 Hertz regelrecht scheppern. Eine wirksame, sprich steilflankige Begrenzung der Arbeitsbereiche ist daher zwingend.
Auch aus diesem Grund setzt Isophon auf eine selber entwickelte, jüngst nochmals verfeinerte Filtertypologie, die durch geschickte Kombination von klassischen Hoch- und Tiefpässen mit selektiven Resonanzkreisen zu extremen Flankensteilheiten kommt.
Während normalerweise 24 Dezibel pro Oktave das Ende der Fahnenstange darstellen, erzielen die Schwaben unter Einbeziehung der Chassis und Gehäuse sensationelle Steilheiten von über 50 Dezibel pro Oktave. Mehr dazu in Technik im Detail.
Problemstellen außerhalb des Übertragungsbereichs lassen sich so regelrecht abwürgen, gleichzeitig schrumpfen die kritischen Überlappungszonen auf ein kaum für möglich gehaltenes Minimum. Frequenzgangfehler und Phasenprobleme werden stark gemindert.
Eine Trennwand teilt das Gehäuse der Vescova in zwei Teile. Das obere, kleinere Volumen ist gänzlich geschlossen und mit ausgesuchten Dämmstoffen komplett ausgefüllt. Das schafft optimale Bedingungen für den höher angeordneten Keramikkonus, dem neben Bass und Grundton auch die klangsensiblen Mitten zufließen.

Der untere Teil des Volumens ist weniger gedämmt und erlaubt so die Einbindung eines Reflextunnels, der den Wirkungsgrad im Tiefbass erhöht. Der Austritt ist in der Bodenplatte versteckt.
Perfektioniert wird die ungewöhnlich komplexe Konstruktion durch eine ausgefuchste Beschaltung inklusive Hochpassfiltern zur Verbesserung der Standfestigkeit bei hohen Pegeln sowie einer dreistufigen Raumanpassung für den Bass.
Während bei nahezu allen testbekannten Boxen die Durchhörbarkeit mit zunehmender Klangdichte mehr oder weniger nachlässt, zeigte sich die Isophon diesbezüglich völlig unbeeindruckt. Kamen zusätzliche Instrumente ins Spiel oder wurden höhere Pegel gefordert, so schien die Vescova einfach weitere Schallquellen aus dem Hut zu zaubern. Schleier oder Verdeckung? Nicht bei dieser Box!
An der Vescova durchlitten die Tester die ganze Palette menschlicher Gefühle, von Herzklopfen über Gänsehaut bis hin zu großer Betroffenheit bei langjährigen Lieblingsscheiben. Die bisweilen schockierende Reinheit blieb bis dicht an die mechanischen Grenzen der Chassis erhalten, um dann urplötzlich in Härte umzuschlagen - ein Indiz, dass andere Schallwandler viel zu früh komprimieren.
Apropos standfest: Einen derart voluminösen, kraftvollen und doch schmierfreien Bass hatten die Tester bis dato nur selten genießen können, auch nicht in höheren Preisklassen. Der Eindruck überragender Stabilität und Selbstverständlichkeit war gekoppelt mit einer holografisch genauen Abbildung, die mal half, Aufnahmefehler gnadenlos zu entlarven, mal nur Staunen hervorrief, wie schräg und diffus doch manche Boxen klingen.
Preislich vergleichbare Wettbewerber mochten bei sachten Klängen noch ähnlich souverän und neutral agieren, doch sobald es hektischer wurde, waren sie chancenlos.
Auch die hoch geschätzte, für sich so homogene Ambiance von Audiodata (Test in stereoplay 3/2006) wirkte neben der Isophon seltsam lustlos und genervt, bisweilen auch schwammig. Die Vescova, keine Frage, ist ein Ausnahmeschallwandler erster Güte. Und ein richtig schöner noch dazu.