Music Hall mmf-3.3 im Test
Im Plattenspieler Music Hall mmf-3.3 stecken 33 Jahre an Erfahrung zum Thema 33 U/Min. Doch der smarte Analogdreher beherrscht nicht nur die Magie der Zahlen, wie der Test zeigt.

Als der Autor ein Teenager war und sich längst nicht jede Schallplatte, die ihn interessierte, kaufen konnte, traf er sich regelmäßig mit Freunden zum Kassettenaufnehmen. Ein Kumpel hatte damals nicht nur ein sehr schickes Tapedeck von Aiwa, sondern auch einen Plattenspieler mit neuartigem Ultra-...
Als der Autor ein Teenager war und sich längst nicht jede Schallplatte, die ihn interessierte, kaufen konnte, traf er sich regelmäßig mit Freunden zum Kassettenaufnehmen. Ein Kumpel hatte damals nicht nur ein sehr schickes Tapedeck von Aiwa, sondern auch einen Plattenspieler mit neuartigem Ultra-Low-Mass-Arm.
Da sich der Hersteller, den wir gerne verschweigen möchten, zum Thema Körperschall offenbar weniger Gedanken gemacht hatte als zur Vermarktung der ULM-Technologie, war auf dem Mixtape zusammen mit der Musik von Earth Wind and Fire ein nicht geplanter, mal mehr oder weniger präsenter „Mitschnitt“ aller Gespräche, die direkt vor dem Spieler stattgefunden hatten!
Vielleicht hatte Roy Hall, Gründer und audiophiler Kopf von Music Hall, während seiner schottischen Jugendzeit ja mal eine ähnliche Erfahrung gemacht: Entwicklungsziel aller Music-Hall-Plattenspieler ist nämlich, der winzig kleinen Abtastnadel am vorderen Ende des Tonarms einen möglichst ruhigen Arbeitsplatz einzurichten – und somit Störeinflüsse zu eliminieren, die den erwähnten ULM-Arm zum „Mikro“ werden ließen.
Körperschall ist für den Schotten Roy Hall wahrscheinlich ebenso schwer zu ertragen wie minderwertiger Whisky. Es gilt, ihn unbedingt zu verhindern. Wie er das auf smarte Weise hinbekommen sollte, probierte der ehemalige US-Boss von Linn bereits Mitte der Achtzigerjahre erfolgreich aus – mit ungewöhnlichen Drehern, die er einst unter dem Markennamen Revolver anbot.

Die Best Ager unter uns erinnern sich: Das Geniale an den Revolver-Konstruktionen war die sorgfältige und clevere Verwendung von sehr erschwinglichen und leicht verfügbaren Materialien, um einen Klang zu erzielen, der schlussendlich die Summe seiner Teile übertraf.
Revolver-Plattenspieler Aufbau
Grundsätzlich verfügten Revolver-Plattenspieler über eine Basisplatte aus Holz oder MDF, die auf drei großen Gummifüßen ruhte. In diese war der Motor befestigt. Dann gab es eine zweite Holzplatte, die mittels Gummipuffern abgekoppelt auf der Grundplatte oben auflag. Dort fanden das Tellerlager und der Tonarm Aufnahme.
Diese Konstruktion sollte das obere Chassis nicht nur vom Motor und der Stellfläche entkoppeln, sondern mittels der fixen und stabilen Verbindung von Arm zu Teller auch eine korrekte Abtastgeometrie sicherstellen. Merken Sie was? Roy Hall ist seinem Prinzip, akustisch relevante Bauteile auch ohne aufwendiges Subchassis effektiv zu entkoppeln, treu geblieben.
Nur nennt er diesen für Music-Hall-Plattenspieler charakteristischen Aufbau heute kurz SPIT, was für Split Plinth Isolation Technology steht. Mit dem hier vorgestellten Modell mmf-3.3 findet die SPI-Technologie der sich gegenseitig dämpfenden Chassis erstmals Einzug in dreistellige Preisregionen.
Für 700 oder 800 Euro (je nach Ausführung in Weiß, Schwarz oder Walnuss) liefert der deutsche Vertrieb den fürs Geld sehr gut verarbeiteten Music- Hall-Dreher inklusive MM-System Ortofon 2m Red. Ein hochwertiges Anschlusskabel gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Das schön elastische Kabel stammt wie einige andere Bauteile aus dem erstklassigen Materialbaukasten von OEM-Lieferant Pro-Ject.
Tonabnehmer
Der Ortofon-Tonabnehmer mit elliptischem Nadelschliff und einer verstärkerfreundlichen Ausgangsspannung von 5,5 Millivolt ist ab Werk an einen aufwendig gelagerten, höhenverstellbaren Karbonarm montiert. Zu diesem Arm gesellen sich ein elektronisch geregelter Synchronmotor, ein Antriebsriemen mit großer Auflagefläche sowie, last but not least, ein Aluteller mit erstaunlich dünner Filzauflage.
Dieser dreht sich mittels einer spiegelpolierten Lagerachse in einer Lagerbuchse aus Sinterbronze.
Klang
Kommen wir zum Klang des mmf-3.3. Gäbe es nur zwei Attribute, die man verwenden dürfte – der Autor würde dafür „zart“ und „involvierend“ vorschlagen. Man könnte aber genauso gut „analoge Versuchung“ schreiben.

Die ebenso traurige wie wunderschöne Folk-Ballade „Northern Sky“ vom leider viel zu früh verstorbenen Nick Drake (Bryter Layter, Island Records) klang als hochwertiges Vinyl-Reissue ebenso unaufgeregt wie ergreifend und ließ einen übliche HiFi-Bewertungskriterien schnell vergessen.
In der Ruhe liegt eben immer auch viel Kraft. Auf einen pegelintensiven „Lautsprecherangriff“ von vorne reagierte der um seine Abdeckhaube befreite Music-Hall-Spieler dann übrigens äußerst gelassen. So eine Maschine hätten der Schreiber und seine Freunde früher mal gut gebrauchen können!
Zumal der in Schwarz oder Weiß nur 700 Euro teure Music Hall mmf-3.3 für seine Preis- und Gewichtsklasse ziemlich große Klangbilder entstehen lassen konnte.
Wenn man partout etwas kritisch bemerken möchte, dann vielleicht, dass der vormontierte Ortofon-Tonabnehmer zwar ganz gut, mit dem Music-Hall-Laufwerk aber generell noch deutlich mehr drin ist – und das sicher nicht nur für echte Revolverhelden.
Fazit
Ein wirklich smarter Plattenspieler. Einfach aufzustellen, unkompliziert im Handling und in puncto Klang ein ganz eigener, hochmusikalischer Charakter. Music Hall positioniert sich mit dem mmf-3.3 als echte Einsteigeralternative zu Pro-Ject, Rega und Co.