Testbericht
Sennheiser IE 800 im Test
Die höchste Innovationsdichte pro Kubikmillimeter attestiert Sennheiser dem neuen In-Ear-Hörer IE 800. Macht ihn das zum König der Ohrknöpfe?

Sennheiser will's wissen: Knapp 600 Euro verlangen die Hannoveraner fu?r den IE 800 - schon allein deshalb wird man das aus edler Keramik gefertigte Schmuckstu?ck unterwegs kaum achtlos irgendwo liegen lassen. Falls man den IE 800 nicht ohnehin als musikalischen Begleiter permanent im Ohr behalten möchte - schließlich will er eine Klangqualität bieten, die dem Vergleich mit hochkarätigen HiFi-Hörern in jeder Hinsicht standhält.
Sennheiser IE 800: Aufbau
Dazu ließen sich die Sennheiser-Entwickler in der Tat einiges einfallen. Im Mittelpunkt steht der neu entwickelte Extra-Wide-Band-Wandler (XWB). Mit seinen nur sieben Millimetern Durchmesser ist er der kleinste Breitband-Schallwandler, den man derzeit in einem dynamischen Kopfhörer findet. Sein Funktionsprinzip soll selbst bei hohem Schalldruckpegel einen verzerrungsfreien Klang garantieren.

"Bisher kamen in hochwertigen In-Ear-Kopfhörern sogenannte Balanced Armature Multiple Driver zum Einsatz", erklärt Chefentwickler Axel Grell. "Um das gesamte Audiospektrum wiedergeben zu können, werden dabei mehrere schmalbandige Wandler parallel betrieben. Dies hat allerdings minimale Spru?nge und zeitliche Verschiebungen bei der Musikreproduktion zur Folge." Der XWB-Wandler im Miniaturformat hingegen kann das gesamte hörbare Frequenzspektrum und mehr als eine Oktave daru?ber hinaus einwandfrei darstellen. Der Vorteil: Musik wird ohne Zeitversatz aus einer Quelle wiedergegeben.
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Eine weitere Innovation stellt das belu?ftete Magnetsystem dar. Durch die Auf- und Abbewegung der Membran entsteht ähnlich wie bei Lautsprecher-Chassis im Gehäuse des Magnetsystems ein Luftstrom, der die Membran in minimale Taumelbewegungen versetzt. Zwei exakt definierte Löcher, die direkt unter dem Magneten positioniert sind, ermöglichen im IE 800 eine gezielte Fu?hrung dieses Luftstroms. Dadurch werden die Taumelbewegungen der Membran verhindert, was den Klirrfaktor deutlich reduziert.
Sennheiser IE 800: Funktion
Mit dem IE 800 gelang es Sennheiser zudem, das Problem des sogenannten Maskierungseffekts zu lösen. Dieses klangmindernde Phänomen ist durch die Funktionsweise des Ohrs bedingt. "Das menschliche Gehör kann in einem Geräusch leise Frequenzanteile nicht wahrnehmen, wenn gleichzeitig in einem darunter liegenden Frequenzbereich deutlich lautere Töne auftreten", erklärt Axel Grell. "Das bedeutet, dass beispielsweise sehr laute Bässe sehr leise Töne im mittleren Frequenzspektrum verdecken beziehungsweise maskieren."
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Dies macht sich speziell bei In-Ear-Kopfhörern bemerkbar: Durch das Verschließen des Ohrkanals mit dem Hörer treten u?blicherweise Resonanzen auf. Sie fu?hren zu einer starken Überhöhung im Bereich von 7 bis 8 Kilohertz, was die daru?ber liegenden Hochtonanteile verdeckt.
Anders hingegen beim IE 800: Durch den patentierten Zwei-Kammer-Absorber wird die Energie der Resonanz aufgenommen. So entstehen nur noch vergleichsweise geringfu?gige Überhöhungen im Frequenzgang, und sämtliche Frequenzanteile im Musikmaterial bleiben hörbar.
Sennheiser IE 800: Hörtest
Auch beim mechanischen Aufbau ließen Grell und sein Team besondere Sorgfalt walten. So besteht das Gehäuse des IE 800 aus kratzfester, resonanzarmer Keramik, während fu?r die Ohrpolster hautfreundliches Silikon eingesetzt wird. Fu?r optimalen Sitz entwickelte Sennheiser nach umfassenden internationalen Ergonomie-Studien neue Ohradapter in ovaler Form. Der Anwender kann ganz nach Gusto aus einem Angebot an ovalen und runden Adaptern wählen. Schutzgitter in den Silikon-Passstu?cken bewahren die Wandler wirksam vor Verschmutzungen.

Bei dem hohen Anspruch des IE 800 lag es natu?rlich auf der Hand, dass ihn stereoplay im Hörvergleich sofort gegen die oberste In-Ear-Hörer-Referenz antreten ließ - den aus gleichem Hause stammenden älteren Bruder IE 80.
Keine leichte Aufgabe, denn dieser setzt mit seinem ausgeglichenen, klaren und recht direkten Charakter bereits Maßstäbe. Dennoch konnte sich der Neue klangliche Vorteile erspielen. Das ging auch auf das Konto seiner kompakteren Bauform: Er ließ sich deutlich schneller und einfacher im Gehörgang platzieren als der doch schon recht große IE 80, was sich spontan in einer fulminanteren Basswiedergabe auszahlte. Zudem spielte der IE 800 nochmals eine Spur ausgewogener, detailreicher, farbiger und feiner - der IE 80 wirkte dagegen ein wenig handfester, direkter.
Der IE 800 trieb es also tatsächlich auf die Spitze und eroberte sich mit einem guten Klangpunkte-Vorsprung den stereoplay-Referenztitel im Segment der In-Ear-Hörer.