Vergleichstest
Lautsprecher Jamo R907, German Physiks Limited 11, Audio Exklusiv P3.1
Der große Reiz von Rundstrahlern oder Dipolen ist ihr weiträumiges Abstrahlverhalten - ganz ähnlich wie natürliche Klangkörper. Zu Preisen um 8000 Euro fand stereoplay interessante Modelle.

Audiophil eingestellte Mitmenschen sind eine beneidenswerte Spezies. Sie kennen sich aus in der Musik, besitzen riesige Platten- oder CD-Sammlungen und genießen eine Welt voller Emotionen. Doch dieses Ziel zu erreichen, kann steinig sein. Denn eine perfekt funktionierende HiFi-Kette will mit Bedacht und Hingabe zusammengestellt sein.
Schon den passenden Schallwandler zu finden, kann leicht in eine Doktorarbeit ausarten. Das aktuelle stereoplay-Lautsprecher-Jahrbuch listet alleine zwischen 5000 und 10000 Euro über 70 Paar verschiedene Standboxen, die klassisch passiv angesteuert werden.
Diese alle Probe zu hören, ist weder machbar noch erforderlich, denn mit etwas Hintergrundwissen - auch das wäre in besagtem Jahrbuch zu finden - lässt sich die Auswahl bereits im Vorfeld erheblich einschränken. Zuerst sollte die Bauform bestimmt werden, erst dann Marke und Modell.
Die besten Chassis und Weichenbauteile bringen herzlich wenig, wenn das Gesamtkonzept Schwächen zeigt oder der Schallwandler nicht zu den Hörgewohnheiten passt. Was aber prägt denn das Klangerlebnis am stärksten? Es ist die Art der Schallerzeugung und ganz besonders das Abstrahlverhalten.
Während Direktstrahler nur einen schmalen Winkelbereich ausleuchten, verhalten sich Rund- oder Dipolstrahler eher wie Musikinstrumente, die meist sehr breit strahlen. Wer Schallwandler wandfern aufstellen kann, findet hier spannende Alternativen zum üblichen Boxen-Einerlei. Unsere drei Teilnehmer stammen von Audio Exklusiv, German Physiks und Jamo.
Hörtest
Im Bass konnte die Jamo R 907 die Wettbewerber mit ihrem druckvollen und lebensechten Charakter regelrecht deklassieren. Die P 3.1 litt unter ihren knappen Pegelreserven und hatte der trockenen Härte der Jamo bei Bassimpulsen nur wenig entgegenzusetzen.
Deutlich souveräner gab sich die Limited 11, doch auch sie geriet ins Hintertreffen, wenn konzertähnliche Pegelverhältnisse angesagt waren. Beim quirligen "Hurricane Come And Gone" mit Monty Alexander (Track 6 auf der stereoplay-Heft-CD 10/10) agierte die Jamo besonders herzhaft und machtvoll, die German Physiks eher gediegen und dennoch lebhaft.
Der authentische, so gar nicht nach Gehäuse klingende Tieftonbereich machte die Jamo zu einem Ausnahmetalent für Basspuristen. Die German Physiks warf ihre Spielfreude in die Waagschale, tönte bei allem Temperament auch wunderbar weich und erzeugte keinerlei Druck auf den Ohren.
Die Hörvergleiche waren ein Wechselbad der Gefühle und Eindrücke. Bei der P 3.1 war die Hörzone eng begrenzt, bei der German Physiks dagegen riesig. Die anrührenden Gospel-Songs von Lizz Wright ("Fellowship") brachte die Audio Exklusiv anmutig und gefühlvoll, doch nie völlig ohne Schleier.
Die Jamo klang im direkten Vergleich viel engagierter und pragmatischer, lag in Sachen Raumeindruck jedoch näher an guten Direktstrahlern als an der schwerelos-holografisch aufspielenden German Physiks.
Am Ende erreicht der Elektrostat P 3.1 den dritten Platz, Jamo Platz 2 und die German Physics Rang 1. Die Vernunft spricht zwar für die R 907, doch der Bauch will lieber die Limited 11.
Fazit
Attraktive, vor allem gut klingende Wandler müssen nicht zwingend Direktstrahler sein. Die Geschmeidigkeit des P 3.1 ist ein klarer Fall für Genießer ohne großen Pegelbedarf. Der Dipol von Jamo verknüpft das dynamische Potenzial konventioneller Boxen mit dem Charme großer Flächenstrahler zu sehr viel geringeren Kosten. Mein Tipp ist der Rundstrahler von German Physiks. Rein und stressfrei, so muss High End klingen.