Das iPhone als Autoradio
Mehr zum Thema: AppleDas 279 Euro teure Oxygen O-Car macht das iPhone zum Autoradio. Cleveres Konzept oder Schnapsidee?

Handys ganz allgemein und das iPhone im Speziellen haben eine Revolution ausgelöst: Sie vereinen die Funktionen mehrerer Geräte - Kamera, Uhr, Notebook und Internet, Navigationssystem, Musicplayer und viele andere Apparaturen rutschen als Unterfunktion in das einstige Mobiltelefon. Und das auch ...

Handys ganz allgemein und das iPhone im Speziellen haben eine Revolution ausgelöst: Sie vereinen die Funktionen mehrerer Geräte - Kamera, Uhr, Notebook und Internet, Navigationssystem, Musicplayer und viele andere Apparaturen rutschen als Unterfunktion in das einstige Mobiltelefon.
Und das auch noch in so guter Qualität, dass viele Anwender tatsächlich voll auf das iPhone oder ähnliche Smartphones setzen und auf den Kauf anderer Geräte verzichten.
Auch als Autoradio macht das iPhone prinzipiell eine exzellente Figur: Die Qualitäten als Musikspieler sind wohl unumstritten, die Navigation läuft in ausgezeichneter Qualität und das Radioprogramm steuert eine Webradio-App zu. Außerdem ist der Internet-Zugang samt Bluetooth-Freisprecheinrichtung und aller Apps ebenfalls gleich mit drin - was dazu führt, dass viele Anwender ihr Autoradio oder Infotainment-System nur noch als Lautstärkeregler für das Multifunktions-Phone nutzen.
Aus der Not eine Tugend
So richtig komfortabel ist das alles dennoch nicht. Das iPhone hängt in einer Halterung weit vorne und damit schlecht bedienbar an der Scheibe, muss per Kabel angeschlossen werden, und die volle Kompatibilität ist vor allem bei älteren Autoradios nicht immer gegeben - einige Audiosysteme setzen voll auf die iPod-Wiedergabe und geben damit die Systemtöne nicht wieder, was den Einsatz von Webradio-Apps unmöglich macht.

Genau in diese Bresche springt der französische Anbieter Oxygen mit seinem iPhone-Autoradio O-Car. Das 279 Euro teure Radio für den DIN-Schacht besteht lediglich aus einem großen Lautstärkeregler und einer Docking Station für das iPhone, das wie ein abnehmbares Bedienteil in das O-Car eingesetzt und herausgenommen werden kann - sogar spezielle Schutzhüllen für die iPhones 3 und 4 liegen im Paket mit bei.
Wer mag, kann die Halterung aus dem Gerät herausklappen und anwinkeln oder hochkant drehen. Das macht Sinn, weil das iPhone den Querformat-Modus nicht in allen Betriebsarten beherrscht.
Im O-Car selbst sind ein UKW-Tuner und ein Vier-Kanal-Verstärker integriert, die über iPhone-Apps gesteuert werden können. In der Anwendung "Oxygen Audio Car Radio" kann man zum Beispiel Sender suchen und speichern, "Oxygen Car Audio Sound 1" steuert den Klang. Alle anderen Musik-Apps lassen sich, ebenso wie die Bluetooth-Freisprecheinrichtung, wie gewohnt über das iPhone-Display auswählen.
Konzept gut, Umsetzung nicht
Soweit ist also alles gut - das Konzept des Oxygen O-Car ist bestechend konsequent. Doch die Umsetzung ist nicht hundertprozentig gelungen. So läuft beispielsweise die Radio-App noch nicht im Hintergrund - wechselt man in die Soundeinstellungen oder will man ein Navigationsziel eingeben, verstummt das Radio. Beim Navigieren mit Kartendarstellung Radio hören ist ebenfalls nicht möglich. Auch muss man die automatische Bildschirm-Sperre ausschalten, weil der Bildschirm des iPhones sonst nach der voreingestellten Zeit deaktiviert wird.

Noch dazu sind die Funktionen der arg rudimentär gestalteten Apps sehr gering. Sender suchen und auf dreimal sechs Stationstasten abspeichern, kein automatischer Senderspeicher, wenige Einstellungen - da wünscht man sich nicht nur als verwöhnter iPhone-Nutzer mehr. Auch bei den Soundeinstellungen herrscht Tristesse: Bass, Mitten, Höhen, Balance und Fader, das war's. Immerhin ist ein Subwoofer-Ausgang dabei, Aktivweichen oder einen vollwertigen Equalizer gibt es nicht.
Könnte man diese Kritikpunkte noch durch verbesserte Apps aus der Welt bringen, so wird es beim Radioempfang schlimmer: Der Sendersuchlauf ist quälend langsam und die Empfangsqualität mit deutlich hörbaren RDS-Umschaltpausen beim Frequenzwechsel und sekundenweisen Verspringern auf andere Sender indiskutabel. Da kann auch der bei starken Sendern durchaus fein aufgelöste Klang nichts mehr retten.
Fehlt das iPhone und damit die entsprechende App - man ahnt es schon - bleibt das Radio mucksmäuschenstill. Und auch die Verarbeitungsqualität hält nicht das, was der Preis von 279 Euro erwarten lässt - die Softlack-Oberfläche fasst sich zwar gut an, doch der Schwenkmechanismus wirkt beängstigend fragil.
Ungenutztes Potenzial

Schade - das Konzept hätte so viel Potenzial, doch mit der mickrigen Ausstattung, dem schlechten UKW-Empfänger und den Problemen beim Handling ist das Oxygen O-Car derzeit nicht mehr als ein nerdiges Statussymbol für Hardcore-Fans des Apfels. Ein Autoradio mit Bluetooth und iPhone-Steuerung vom Schlage eines Kenwood KDC-BT41U (169 Euro) oder Pioneer DEH-7300BT (159 Euro) plus iPhone-Halterung bietet deutlich mehr Ausstattung sowie klar bessere Empfangsleistungen und ist damit die eindeutig bessere Wahl - selbst wenn man sie mit dem iPhone nur als Lautstärkeregler nutzt.
Aber ganz so cool wie das O-Car sind sie dennoch nicht. Deswegen hoffen wir, dass Oxygen oder ein anderer Hersteller nachlegt und das wirklich interessante Autoradio konsequent weiterentwickelt. Auf der Wunschliste haben wir notiert, was wir uns für das O-Car wünschen. Vielleicht findet sich auch ein App-Entwickler, der hier in die Bresche springt. Zu hoffen wäre es.
Das fehlt noch (Wunschliste)
- Notprogramm für Betrieb ohne iPhone
- automatischer Senderspeicher mit Katalogfunktion und Listenansicht
- Radiowiedergabe im Hintergrund
- Soundeinstellungen mit parametrischem Equalizer und Eingabe der Kurve mit einem Fingerstrich
- Aktivweiche für Subwoofer
- dauernde Beleuchtung für das iPhone-Display
- zusätzlicher USB-Anschluss oder Line-In