Smartphones im Härtetest

Galaxy S8: So läuft Samsungs Akku-Sicherheitscheck

24.5.2017 von Joachim Bley

Die Note-7-Vergangenheit ist aufgearbeitet. Jetzt blickt Samsung mit dem Galaxy S8 wieder nach vorne: Maßnahmen wie ein umfassender 8-Punkte-Akku-Sicherheitscheck versprechen, die Smartphones zuverlässiger denn je zu machen.

ca. 3:05 Min
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Samsung SIcherheitscheck
Das Samsung Galaxy S8 muss vor der Auslieferung mehrere Sicherheitschecks bestehen.
© Samsung

Die Geschichte des Galaxy Note 7 hat fast schon tragische Züge. Im August letzten Jahres stellte Samsung dieses Phablet der Superlative vor. Die Erwartungen im Vorfeld waren riesig und wurden noch deutlich übertroffen. Die Testergebnisse? Eine Klasse für sich. Das Note 7 verdiente sich den Titel des besten Smartphones derart souverän, dass sich daran - zumindest bis zur Vorstellung des Galaxy S8 - nichts geändert hätte.

Lesetipp: Samsung Galaxy S8 + im Test

Wären da nicht die bekannten, auf die Schnelle nicht zu behebenden Ausfälle gewesen. Von heute auf morgen stand Samsung vor einer internationalen Rückrufaktion gewaltigen Ausmaßes. Etwa drei Millionen Note-7-Modelle wurden mittlerweile wieder vom Markt genommen. Zur Tagesordnung sind die Koreaner nicht übergegangen. Im Gegenteil: Sie haben in den letzten Monaten intensive Ursachenforschung betrieben und Verbesserungen wie einen acht Punkte umfassenden Akku-Sicherheitscheck umgesetzt.

Samsung Sicherheitscheck
Ein Blick auf den Monitor zeigt, ob alle Smartphones inklusive Akku den diversen Dauerbelastungstests standhalten.
© Hersteller

Aufwendige Ursachenforschung 

Samsung zufolge waren an der mehrmonatigen Aufarbeitung 700 hauseigene Experten beteiligt. Darüber hinaus hat der Konzern auch externe Prüfinstitute wie die amerikanischen Underwriters Laboratories (UL), Exponent und den TÜV Rheinland hinzugezogen.

200.000 Geräte und noch einmal 30.000 Akkus landeten dabei auf den Seziertischen der Labors. Doch nicht nur Hard- und Software standen im Mittelpunkt der Untersuchungen. Ebenfalls durchleuchtet wurden alle Phasen der Fertigung, Qualitätssicherung und Prüfverfahren. Selbst die Transportbedingungen der zugelieferten Komponenten waren Gegenstand der Ermittlungen.

Dass die Akkus als Fehlerquelle ausgemacht wurden, ist bekannt. Grund der Note-7-Ausfälle waren wohl Fertigungsmängel, die zu den fatalen internen Kurzschlüssen zwischen Kathode und Anode führten. Zunächst waren im Bereich der rechten oberen Ecke der Batterien die Leitungen der Elektroden zu stark gekrümmt und lagen zu eng nebeneinander. Bei der zweiten Akku-Charge haben unter anderem überstehende Schweißnähte punktuell die Isoliermaterialien zwischen den Elektroden zerstört.

Umfassendes Maßnahmenpaket 

Damit solche Probleme nie wieder auftreten, hat Samsung, basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen, einen umfassenden Maßnahmenkatalog ausgearbeitet und größtenteils auch schon in die Abläufe integriert. Bereits in der Planungsphase der Akku-Entwicklung werden Sicherheitsaspekte in Bezug auf die verwendeten Materialien und den komplexen internen Aufbau stärker berücksichtigt.

Ein weiteres Beispiel: Ein zusätzlicher Rahmen soll den Akku bei mechanischen Beanspruchungen, etwa beim Herunterfallen des Smartphones, besser schützen. Darüber hinaus haben die Softwareentwickler die Steuerung der Ladevorgänge mit Blick auf die Temperaturen, die Ladeströme und die Ladedauer optimiert.

Als zweiten wesentlichen Punkt des Sicherheitspakets hat Samsung ein externes Beratergremium ins Leben gerufen. Zu den Mitgliedern des "Battery Advisory Boards" zählen unter anderem drei Professoren der renommierten Universitäten Berkley, Cambridge und Stanford. Die neuesten, unternehmensunabhängigen Erkenntnisse aus der Lehre, Forschung und Wissenschaft dürften helfen, die Komponenten selbst, aber auch deren Fertigung kontinuierlich zu verbessern.

Unboxing: Samsung Galaxy S8+

Quelle: connect
Packungsinhalt und Ausstattung des Samsung Galaxy S8+ im Unboxing-Video.

Ambitioniertes Akku-Testprogramm 

Prüfen, prüfen, nochmals prüfen: Einer intensiven Überwachung der Fertigungsprozesse kommt ebenfalls eine zentrale Bedeutung zu. Der Aufwand beim "8-Punkte-Akku-Sicherheitscheck" scheint enorm: In den Belastungshärtetests, bei denen die Überladung, extreme Temperaturen und punktueller mechanischer Druck auf dem Programm stehen, wurde die Anzahl der Stichproben erhöht. Damit die Qualitätssicherung auch Probleme wie bei den Note-7-Akkus rechtzeitig entdeckt, fahnden die Mitarbeiter gezielt nach Fertigungs- und Materialfehlern im Batterieinnern. Dazu durchleuchten und zerlegen Samsung wie auch deren Zulieferer ausgewählte Akkus.

Entladungstests
In riesigen Hallen müssen die Smartphones unter anderem ausgiebige Lade- und Entladungstests absolvieren.
© Samsung

Während der Produktion werden bei jeder verbauten Batterie die Stabilität der Spannung gemessen, die Ummantelung und die Zellen auf undichte Stellen untersucht und zudem einer erweiterten Sichtprüfung unterzogen. Am Ende des Produktionsprozesses müssen die Smartphones ausgiebige Lade- und Entladungstests sowie einen praxisorientierten Nutzungstest überstehen. Bei Letzterem werden in schneller Abfolge Alltagssituationen simuliert, was Rückschlüsse in Bezug auf die Alterung erlaubt. Die neu in das Prüfprozedere aufgenommenen Nutzungs- und die Lade-/Entladungstests führt Samsung mit vergleichsweise vielen Smartphones durch.

Samsungs 8-Punkte-Akku-Sicherheitscheck in der Übersicht

Was Samsung mit seinem neuen 8-Punkte-Akku-Sicherheitscheck alles für die Qualität und Zuverlässigkeit seiner Smartphones unternimmt, zeigt die folgende Tabelle:

Vollbildansicht
Maßnahme Beschreibung
Dauerbelastungstests Samsung hat hier die Häufigkeit der Akkutests erhöht. Die Prüflinge werden unter anderem mit Überspannungen konfrontiert und extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt.
Sichtprüfung Während des Produktionsprozesses wird jeder Akku nach festgelegten, erweiterten Kriterien unter die Lupe genommen. Zuvor erfolgen erste Sichtprüfungen bei den zugelieferten Komponenten.
Röntgenprüfung Samsung und die Akku-Zulieferer wählen aus den Chargen immer wieder Testmuster aus und durchleuchten deren Innenleben. Das Ziel: Unregelmäßigkeiten im Batterieaufbau früher entdecken.
Lade-/Entladungstests Bei einem Teil der gefertigten Phones müssen sich die eingebauten Akkus in unterschiedlichen Lade- und Entladeszenarien bewähren. Diese Überprüfung hat Samsung neu eingeführt.
TVOC-Prüfung Flüchtige organische Verbindungen (Total Volatile Organic Compound) weisen in höherer Luftkonzentration auf undichte Batterien hin. Neuerdings wird jeder Akku dahingehend überwacht.
Dekonstruktionstests Auf der Seite der Zulieferer und im Wareneingang werden ausgewählte Akkus zerlegt. So können Mängel an den Schweißnähten und der Isolierung zwischen den Schichten aufgespürt werden.
Extremer Nutzungstest Bei dieser neu eingeführten Prüfung werden in den Labors praxisnahe Alltagssituationen in sehr schneller Abfolge simuliert. Diese Tests müssen zahlreiche frisch produzierte Geräte durchlaufen.
DeltaOCV-Messung Auf Komponentenebene und während der Produktion wird die Leerlaufspannung (Delta Open Circuit Voltage) aller Akkus gemessen und im Hinblick auf deren Stabilität überwacht.
Spannende Sache Die Überwachung der Leerlaufspannung aller Akkus ist ein fester Teil des Produktionsprozesses.
Spannende Sache: Die Überwachung der Leerlaufspannung aller Akkus ist ein fester Teil des Produktionsprozesses.
© Samsung

Die Krise als Chance begriffen 

Ob Samsungs Aktionsplan samt der bereits eingeleiteten Maßnahmen greift und kritische Akkufehler in Mobilgeräten dauerhaft vermeiden kann, muss letztlich die Zukunft zeigen. Einen Härtetest haben die Koreaner aber bereits bestanden: Die Art und Weise, wie die weltweite Nummer 1 unter den Smartphone-Herstellern die schwierige Herausforderung angenommen und auch als Chance zur Verbesserung begriffen hat, verdient Respekt. Im Idealfall kann Samsung aus der Krise sogar gestärkt hervorgehen.

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