Burmester 232 im Test: Power Dreh von der Spree
Normalverdienern mag das stählerne Statement in Sachen Berliner Power abgedreht erscheinen. Typisch Hauptstadt eben. Aber Burmester hat beim Verstärker 232 den Dreh wirklich raus. Wer ihn aufdreht, sollte sich anschnallen.

Burmesters Classic-Line bekommt Zuwachs: Der neue Stereo-Vollverstärker mit dem schlichten ÂNamen 232 macht was her. Angesichts der enormen physischen Präsenz des Metallblocks dürfte sein Preis manche High-Ender durchaus positiv überraschen. In der Grundausstattung kostet er „nur“ 17 900Â...
Burmesters Classic-Line bekommt Zuwachs: Der neue Stereo-Vollverstärker mit dem schlichten ÂNamen 232 macht was her. Angesichts der enormen physischen Präsenz des Metallblocks dürfte sein Preis manche High-Ender durchaus positiv überraschen. In der Grundausstattung kostet er „nur“ 17 900 Euro. Allerdings hat die ManuÂfaktur an der Spree offenbar von ihren Âbeiden Stuttgarter Automotive-Partnern Mercedes und Porsche gelernt. Man kann nämlich ein ganzes Bündel aufpreispflichtiger Extras ordern und damit den Preis für die VollÂausstattung auf 26 800 Euro treiben – die mögliche, nach oben offene Design-InÂdividualisierung „Bespoke“ in der Berliner Manufaktur noch nicht mitgerechnet. Doch dann sprechen wir nicht mehr von einem Stereo-Verstärker, sondern von einer Stereo-Anlage, an die man nur noch ein Paar Boxen anschließen muss.
Burmester vergleicht den modular aufgebauten 232 wegen seiner Vielseitigkeit mit einem Schweizer Taschenmesser. Man kann ihn für 3000 Euro Aufpreis zusätzlich mit einem Phono-Modul für Moving-Coil-Tonabnehmer ausstatten. Die Neuentwicklung wurde unmittelÂbar aus der Schaltungsarchitektur des Burmester-Referenz-Vorverstärkers 077 und der Phono-Vorstufe 100 abgeleitet. Es besteht die Möglichkeit, die Impedanz in sechs Stufen von 33 Ohm bis 47 kOhm anzupassen. Außerdem lässt sich ein 12-dB-Boost hinzuschalten und bei verÂwellten Platten auch ein Subsonicfilter aktivieren.
Darüber hinaus ist ein Digital-Analog-Wandlermodul mit vielen nützlichen Funktionen erhältlich. Dieses eigens Âentwickelte Upgrade erweitert für 5 900 Euro den 232 zu einem leistungsstarken digitalen Vollverstärker. Es übernimmt die präzise ÂSignalverarbeitung hochauflösender DatenÂströme von den Streaming-Plattformen ÂTidal Connect und Spotify Connect und stellt dabei eine signalgetreue Wandlung auf höchstem klanglichen Niveau sicher. Außerdem unterstützt das DAC-Modul Apple AirPlay 2 und Internetradio.
Das Digital-Upgrade prägt auch die Rückseite mit zwei S/PDIF-Ausgängen und drei zusätzlichen Digital-Eingängen: Koaxial, Toslink und AES/EBU. Außerdem ermöglicht es die Verwendung jener Digital-Anschlüsse, die standardmäßig eingebaut sind. Dann kann man den ÂBurmester 232 sogar via HDMI mit Audio-Rückkanal (ARC) an ein Fernsehgerät anschließen. Und nach einem angekündigten Software-Update stehen dann auch die drei USB-Buchsen für die MusikÂwiedergabe zur Verfügung, um Soundfiles in den gängigen Formaten über den 32 Bit/768 kHz-D/A-Wandler wiederÂzugeben. Bei einem späteren Software-Update kommt auch die Roon-Ready-Funktion Âan Bord.
Unabhängig von der Modulbestückung wartet der Burmester 232 mit drahtloser WLAN-Konnektivität, Ethernet-Schnittstelle und Steuerungsanschlüssen für die Einbindung in Audio-Installationen auf. Schließlich haben sich die Berliner mit dem Bedienkonzept des vielseitigen Vollverstärkers viel Mühe gegeben. Man kann ihn nicht nur über die mitgelieferte kleine Fernbedienung, sondern auch in der App Burmester Conduct für Android- und ÂiOS-Geräte steuern.

Drehfreude ohne Ende
Besonders stolz sind die Berliner auf ihre auf dem zentralen Bedienelement namens HaptiControl basierende Bedienung direkt am Gerät. Die Fernbedienung in ihrem Metallgehäuse liegt zwar gut in der Hand; doch der neu entwickelte Dreh- und Drücksteller macht die hohe Güteklasse des Technik-Monuments schon beim kurzen Druck zum ÂEinschalten spürbar. Die HaptiÂControl aus poliertem Vollmetall liegt unnachahmlich satt in der Hand. Zugegeben, das grundlegende Konzept von einem zentralen Knopf zum Drehen und Drücken mit einigen zusätzlichen Funktionstasten kennt man bereits aus zahlreichen Autos – doch so edel wie Burmester hat es bisher noch keiner umgesetzt.
Deshalb kann man schon mal ein Auge zudrücken, wenn man sich bei der iniÂtialen Begegnung mit der HaptiControl erst einmal an kleine Eigenheiten gewöhnen muss. Sicher: Die Quellendirektanwahl mit Âseparaten Tasten wäre intuitiver und schneller, aber nicht sinnlicher und genussvoller. Schließlich nimmt man in einem AMG-Mercedes oder Porsche mit Burmester-Sound auch nicht unbedingt den kürzesten Weg zum Ziel, nicht wahr?
Am 232 muss man erst die Taste links unten neben dem verspiegelten Display drücken, um die Liste der verfügbaren Tonquellen aufzurufen, und dann durch Drehen und Drücken eine Wahl treffen. Beim Drehen rastet die HaptiControl (nomen est omen) satt und schenkt damit ein haptisches Vergnügen, während die Software ihren Teil zum Gesamtkunstwerk beiträgt. Je nachdem, wie schnell man den Lautstärkeregler bewegt, bewegt sich auch die Pegelanzeige, allerdings mit einer simulierten Trägheit. Sie läuft dann etwas nach und federt noch, wenn man aufhört zu drehen. Schon daran ist zu spüren, dass sich die Manufaktur jedem Detail mit gleicher Sorgfalt gewidmet hat.


Den HiFi-Turm tiefergelegt
Die Berliner haben an ihrem Kunstgriff offenbar so viel Gefallen gefunden, dass sie das grundlegende Konzept auf der Fernbedienung übernommen haben. Soll heißen: Eine Taste im zentralen BedienÂelement ruft das Menü auf dem FrontÂdisplay auf, damit man mit den Pfeiltasten durch die Eingänge scrollen kann. Den Direktzugriff auf die Quellen gewährt die schnörkellos umgesetzte, fast puristisch anmutende App Burmester Conduct. Mit ihr lassen sich auch die Einstellungen am Phono-Modul besonders schnell und bequem bewerkstelligen.
Über die mechanischen Freuden gibt es an diesem Gerät weit mehr zu erzählen als über manch mehrstöckigen HiFi-Turm. Das einzige, das aus meiner Sicht eine zu designverliebte Lösung darstellt, ist die Tieferlegung des kompletten Geräts. Sein stattliches Gewicht ist beim Heben nicht das einzige Problem, das man auch durchaus als Luxusproblem abtun könnte. Aber wegen des schmalen Spalts unter dem Gerät passen beim Anheben die ÂFinger nicht darunter. Zudem sind dabei auch noch die Kanten der stilprägenden Kühlrippen hinderlich. Eigentlich muss man den 232 zu zweit aufstellen und sich eine Taktik überlegen. Immerhin steht die ausgesprochen dicke AluÂminium-Deckplatte mit eingeprägtem Burmester-Schriftzug auf der Rückseite ein Stück über. Das ist die einzige ÂChance, das Gerät anzuheben, um dann die Finger unter das Gehäuse zu schieben. Soll mal noch einer sagen, HiFi sei ein einsames Vergnügen.
Mit Cinch im Clinch
Cinch-Buchsen sucht man auf der mit Anschlüssen übersäten Rückseite vergeblich. Vom koaxialen Digital-Eingang abgesehen, gibt es nichts in dieser Richtung. Die analogen Ein- und Ausgänge verÂtrauen auf XLR-Buchsen. Selbst der Phono-Eingang ist ein symmetrischer, mit XLR- Anschlüssen. Es liegen aber zwei Adapter für Cinch-Stecker bei.
Beim Innenleben des modularen Vollverstärkers setzt Burmester auf bewährte Zutaten, die Audiophilen Appetit machen: Der großzügig dimensionierte Netztransformator stellt selbst im „Vollgasbetrieb“ eine stabile Leistungsversorgung sicher – unabhängig von der angeschlossenen Lautsprecherlast. Die Class-A/B-Endstufen sind ab den Sekundärwicklungen in Âkonsequenter Doppel-Mono-Architektur ausgeführt. Die separaten Versorgungsspannungen sind aufwendig stabilisiert. Das neuentwickelte Kühlkonzept soll die Betriebstemperatur um 10 °C senken, um damit Bauteilealterung entgegenzuwirken und einen stabilen Langzeitbetrieb mit hoher Leistung zu ermöglichen.


Wie gut sind die Messwerte des Burmester 232?
Der Burmester 232 arbeitet verzerrungsarm und überdurchschnittlich rauscharm. Im Signal sind fast nur k2-Anteile enthalten, der Klirrfaktor (THD+N) beträgt 0,006 % der bewertete Signal-Rauschabstand (SNR, A-bewertet) 107 dB bei 10 V Ausgangsspannung.
Der hinten (!) am Gerät platzierte Kopfhörerausgang versorgt praktisch alle KopfÂhörerÂtypen optimal. Sein Ausgangswiderstand beträgt 30 Ω, die gelieferte Spannung an 32/300 Ω beträgt 4,8/8,8 V, das entspricht 720/260 mW.

Messwerte
Vollbild an/ausTestmuster | Burmester 232 |
---|---|
Ausgangsleitung (8/4 Ω) | 92/153 W |
Musikleistung (8/4/2 Ω) | 102/181/269 W |
Klirrfaktor (THD+N, 1 W) | 0,006 % |
Signal-Rauschabstand (A-bewertet, 2->10 V, 8 Ω) | 107 dB |
Stromverbrauch (Standby/Leerlauf/max.) | 0,4/43/530 W |
Bässe-Ausweis vorzeigen
Der mit Spannung erwartete Hörtest des 232 hat uns regelrecht weggeblasen. Das Streaming-Modul ließ seine hohe AufÂlösung plakativ ähnlich heraushängen wie ein AMG-Mercedes seine Leistung zur Schau stellt. Der Klang wirkte zum Beispiel bei „Swimming Pools“ (Trevor Horn „Echoes“) wie unter einer akustischen Lupe. Man hörte jeden feinen Lufthauch der Sängerin Tori Amos und bekam, wie auf vielen anderen guten Aufnahmen, jedes noch so feine Detail mit. Die Sängerin tauchte vor dem geistigen Auge im Spotlicht auf. So klar klingt selbst die in Sachen Höhenwiedergabe keineswegs zimperliche B&W 802 D3 wirklich nicht alle Tage. Wehe, wenn die über den 232 wiedergegebenen Aufnahmen nicht dem höchsten ÂNiveau entsprechen – oder wenn man eher Âwarme Klangfarben bevorzugt. Dann kann es einem gerade über AirPlay schon mal etwas zu frisch werden.
Bei Depeche Mode „My Cosmos Is Mine“ (vom Album Memento Mori) glänzte der Burmester 232 dann so richtig mit seinem Ehrfurcht gebietenden Powerplay im Bass. Der StreaÂming-Vollverstärker schien von hinten kräftig gegen die vier Carbon-Membranen zu treten. Es gibt Verstärker, die Kick haben, und es gibt Verstärker, die ein sehr tiefes Fundament haben. Beim Burmester 232 kommt beides zusammen – und das in einer Güte, die man nur ganz, ganz selten zu hören bekommt.
Die Trompete von Till Brönner machte bei „Till Tomorrow“ von Yello (vom Album Yello 40 Years) mit ihrer Intensität und dem Detailreichtum richtig Gänsehaut. Die Soundeffekte der schweizerischen Klangtüftler mit der Trompete ließen sich bei Bewegungen im Raum messerscharf abgebildet nachvollziehen. Zudem zeigte sich, dass diesem Kraftwerk so schnell kein Verstärker etwas vormacht, wenn es um Kontrolle, Tiefgang und Punch im Bass geht.
Klanglich war Phono natürlich die am wärmsten klingende Tonquelle für den Burmester 232, sie aber hatte gleichzeitig unglaublichen Punch. Während der Mittel-Hochton-Bereich ein wenig gefälliger klang – ich vermeide bewusst den Gebrauch des Wortes „wärmer“ –, kickte Vinyl im Bass ganz besonders stark. Wer Dynamik und Drive liebt, wird von diesem Vollverstärker wirklich geflasht sein und sich mitten in einem Live-Konzert wähnen – zumal die XXL-Bühnendarstellung mit ultraÂpräziser RaumÂauslotung in Âallen Dimensionen zu diesem Eindruck beiträgt. Es wäre sicher etwas vereinfacht zu sagen, dass dieser anspringende Amp weniger auf Feingeister zielt als auf jene, die einmal so richtig ihren Spaß haben wollen. Was ich jedoch angloÂphil geprägten Hörern auf jeden Fall Âempfehlen würde, wäre zu versuchen, die arg frische und freche Mittel-Hochton-Wiedergabe durch einen etwas wärmer abgestimmten Lautsprecher auszugleichen.
Fazit
Mit dem 232 schuf Porsche-Ausrüster Burmester das Gegenstück zum 911 GT3: ein akustisches Dynamikwunder, das Emotionen weckt. Ob Sinfonieorchester oder Rockkonzert, stets gilt im Sessel: Bitte anschnallen!
Technische Daten
Vollbild an/ausTestmuster | Burmester 232 |
---|---|
Listenpreis (UVP) | ab 17.900 Euro |
Garantie | 3 Jahre |
KONTAKT | |
Support | Burmester Audiosysteme GmbH |
Internet | www.burmester.de |
via Kontakformular | |
Telefon | +49 30 7879 680 |
Abmessungen (B×H×T) | 45 × 17 × 28 cm |
Gewicht | 29 kg |
Farben | Silber/Chrom, Schwarz (Nocturnal Noir") |
ANSCHLÜSSE | |
opt. Laufwerk / anschließbar | ✘ / ✘ |
Analog-Eingänge | 2×Hochpegel, Phono (XLR) |
Speicher USB / SD / intern | ✔ (A und C) / ✘ / ✘ |
Digital in AES / koax / opt. / HDMI | ✔ / ✔ / ✔ / ✔ |
Digital out AES / koax / optisch | ✘ / ✔ / ✔ |
Netzwerk | LAN, WLAN |
FUNKTIONEN | |
Display / Coveranzeige | ✔ / ✘ |
Gerätetasten | ✔ |
vollständige App-Steuerung | ✔ |
Bluetooth send / receive | ✘ / ✘ |
Gapless / Klangstel. / Balance | ✔ / ✘ / ✘ |
Internetradio | ✔ |
Netzwerkprotokolle | HTTP |
Streamingdienste | Tidal Connect, Qobuz Connect, Spotify Connect |
Sprachsteuerung / Multiroom | ✔ / ✘ (via AirPlay) |
Musikformate | WAV, AIFF, FLAC, ALAC, MP3, AAC, OGG, DSD |
maximale Auflösung / Abtastrate | PCM: 32 bit/768 kHz, DSD: 1024 MHz |
Besonderheiten | HaptiControl |
Wer wir sind und wie wir testen
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