Canton Karat 3 Jubilée im Test
Was macht einen HiFi-Klassiker aus? Die Technik? Die Qualität? Das Design? Im Falle der Canton-Karat-Serie wohl alle drei Punkte. Kann die Neuauflage Canton Karat 3 Jubilée an alte Zeiten anknüpfen?

Es war still um die Karat-Serie aus dem Hause Canton geworden. Drei Jahre lang lag sie auf Eis - auch wegen der Konkurrenz aus dem eigenen Lager durch die Serien Chrono und Vento. Nun steht sie wieder im stereoplay-Hörraum, die neue Karat 3 Jubilée für 7000 Euro das Paar.Vorerst hält sie die Kar...
Es war still um die Karat-Serie aus dem Hause Canton geworden. Drei Jahre lang lag sie auf Eis - auch wegen der Konkurrenz aus dem eigenen Lager durch die Serien Chrono und Vento. Nun steht sie wieder im stereoplay-Hörraum, die neue Karat 3 Jubilée für 7000 Euro das Paar.
Vorerst hält sie die Karat-Fahne allein hoch: Zwar sollen weitere Modelle folgen, Genaues ist aber noch nicht bekannt. Es könnte sogar sein, dass die Karat-Reihe vorübergehend wieder verschwindet, denn die Jubilée ist auf je 100 schwarze und weiße Paare limitiert. Damit will Canton die Exklusivität der Erstbox unterstreichen, was wohl gelingen dürfte. Die folgenden Boxen werden auf der Technik der Jubilée aufbauen, aber nicht komplett identisch sein. Vielmehr versteht sich die Karat 3 Jubilée als Patin für alles, was folgt.
Das Design der Ahnin
Das Design der Neuauflage ist an das der Karat Reference angelehnt. Wie diese verfügt die 3 Jubilée über ein trapezförmiges Gehäuse, das auch hier für einen reinen, unverfälschten Klang sorgen soll. Das Gehäuseprinzip erfuhr natürlich eine Überarbeitung, um gehäuseinterne, stehende Wellen noch besser zu eliminieren. Dazu wurde die Geometrie am Computer optimiert. Aufwendige Verstrebungen im Inneren sollen das Gehäuse aus 22-mm-HDF-Platten mechanisch ruhigstellen, damit sich Resonanzen nicht schädigend auswirken können. Das Ganze resultiert in einem Gewicht von 46 kg pro Box.
Apropos mechanische Stabilität: Ebenfalls neu ist, dass die Karat 3 Jubilée nun über vier Basstreiber pro Lautsprecher verfügt. Auf jeder Seite beider Boxen sitzen zwei Bässe: ein aktiver und ein passiver. Dies sorgt zum einen dafür, dass der Bass homogener abstrahlt. Zum anderen werden so aber auch die Eigenbewegungen des Gehäuses, die durch die Auslenkungen der Bass-Membranen zustande kommen, besser kontrollierbar. Für den aktiven Part kommen Acht-Zoll-Bässe aus Titanium zum Einsatz, für den passiven Siebenzöller aus einem Zellulose-Graphit-Gemisch.

Bereits ab etwa 130 Hz übergeben die Bässe an die Titanium-Mitteltöner. Diese nehmen den Keramik-Hochtöner in die Zange, der identisch ist mit dem Hochtöner der Canton-Top-Baureihe Reference: Um die Keramik-Oberfläche zu erhalten, wird eine Aluminiumkalotte in einem Elektrolysebad keramisiert. Dabei werden dem Elektrolysebad Säuren zugegeben. Durch Stromzufuhr werden die Sauerstoffanteile des Wassers in das Aluminium eingebrannt. Auf diese Weise entsteht eine Kalotte, die zu 40 Prozent aus Keramik besteht, sozusagen Aluminium-Keramik. Dadurch wird die Oberfläche der Kalotte ein wenig rau und zugleich ultrahart. Der Hochtöner ist von einem Waveguide umgeben, der das Abstrahlverhalten des Systems optimieren soll.
Frequenzdirigent
Die aufwendige Frequenzweiche verwendet ein Linkwitz-Riley-Filter vierter Ordnung, um die Chassis in den ihnen zugewiesenen Arbeitsbereichen zu halten. Das bedeutet, dass die Flankensteilheit 24 dB pro Oktave beträgt. Die Chassis werden also am Ende ihres Frequenzspektrums recht schnell ausgeblendet.
Obwohl die Anordnung von Mitteltönern und Hochtöner an eine D'Appolito-Anordnung erinnert, liegt die Sache hier anders. Während bei einer D'Appolito-Box beide Mitteltöner parallel spielen, spielen die Mitteltöner der Karat 3 nur im Bereich von 130 bis 600 Hz parallel. Darüber (und bis etwa 3100 Hz) spielt nur noch der untere Mitteltöner, da in diesem Frequenzbereich weniger Membranfläche benötigt wird. Dies soll ein optimales Abstrahlverhalten mit toller Räumlichkeit ergeben und die Box gleichzeitig weniger aufstellungskritisch machen.
Displacement Control
Auch die von vielen Canton-Lautsprechern bekannte DC-Technologie (Displacement Control) trägt zum Klang der Karat 3 bei: Sie sorgt dafür, dass der Bass sauber und akkurat bleibt, indem sie die Membranen von der Aufgabe befreit, allzu tiefe Bässe wiedergeben zu müssen, die das menschliche Ohr sowieso nicht wahrnehmen würde. Die Schaltung ist also ein Subsonic-Filter, wie man es etwa aus Phonovorstufen kennt.

Hörtest: In der Tiefe des Raums
Der erste Eindruck, den die Jubilée hinterlässt, ist der einer sehr glaubwürdigen Räumlichkeit, die insbesondere in der Tiefe erstaunlich ist. Bei "Little Bruk" von Tonbruket zeigte sich diese genau so deutlich wie bei Phil Collins: Dessen Klassiker "In The Air Tonight" vom Album "Face Value" baut über dreieinhalb Minuten Spannung auf und entlädt sich dann mit einem legendären Schlagzeug-Einsatz. Und genau hier öffnet sich plötzlich der Raum in die Tiefe, sodass sich die Tester einen erstaunten Blick zuwarfen. Ein cooler Effekt einer Box, die komplett auf Effekte verzichtet.
Stimmen und Instrumente gibt die Karat Jubilée sehr körperhaft und plastisch wieder; dazu bietet sie einen kräftigen, genauen Bass, der viel Spaß macht. Sie legt eine entspannte Gangart an den Tag, die auch längere Musik-Sessions zum Vergnügen macht und es den Testern erlaubt, den Lautstärkesteller auch mal weiter nach rechts zu drehen. Eine sehr gelungene Abstimmung, die nicht zu sanft ist und Details nicht unterschlägt, sondern diese harmonisch einbindet, ohne sie je aufzudrängen.
Interessant war der Vergleich der Karat 3 mit der B&W 804 D3 mit Diamanthochtöner. Dass Lautsprecher in der HiFi-Anlage den größten Anteil am Klang haben, ist nichts Neues. Dass zwei Lautsprecher aber so unterschiedlich klingen, kommt auch nicht alle Tage vor: Hier die homogene, druckvolle und harmonische Canton, da die anspringende B&W mit ihrer forschen Auflösung. Man darf sich aber nicht täuschen lassen: Beim A/B-Vergleich wirkt die Karat neben der 804 zwar ein klein wenig verhalten und abgedunkelt. Für sich genommen oder im Vergleich etwa mit der Dynaudio Excite X44 klingt sie jedoch natürlich und bis auf ihre leichte Bassbetonung ausgewogen. Klare Sache: Mit der neuen Jubilée ist Canton ein schönes Karat-Comeback gelungen.