Dynaudio Contour 20 im Test
Dynaudio hat für die dritte Generation der Contour-Serie einen komplett neuen Lautsprecher entwickelt. Wir haben die kompakte Contour 20 getestet.

Kein Stein sollte auf dem anderen bleiben. Nicht, dass die alte Contour irgendwie schlecht gewesen wäre, ganz im Gegenteil, aber das Bessere ist ja bekanntlich des Guten Feind, und besser werden sollte die neue Contour-Serie auf jeden Fall. Man kann jedoch nicht einfach alle Mauern einreißen und h...
Kein Stein sollte auf dem anderen bleiben. Nicht, dass die alte Contour irgendwie schlecht gewesen wäre, ganz im Gegenteil, aber das Bessere ist ja bekanntlich des Guten Feind, und besser werden sollte die neue Contour-Serie auf jeden Fall. Man kann jedoch nicht einfach alle Mauern einreißen und hoffen, dass das neue Haus von selbst schöner wird. Also holten sich die Dänen frisches Blut in Form von neuen Ingenieuren in ihr Entwicklerteam – der Blick von außen kann viel bewirken. Die Fachleute nahmen jedes Detail unter die Lupe. Vieles war gut, einiges wurde in Frage gestellt. „Warum macht ihr das so?“ oder „Habt ihr schon mal das probiert?“, hieß es. Es wurde viel diskutiert in Skanderborg, gefeilt, gebastelt, ausprobiert.
Herausgekommen ist ein komplett neuer Lautsprecher. Neues Gehäuse, neuer Tiefmitteltöner, neuer Hochtöner. Halt, neu ist der doch gar nicht. Der Esotar 2 war bisher nur den Flaggschiffen von Dynaudio vorbehalten und darf jetzt erstmals in der Contour-Serie segensreich wirken. Er ist so gut, dass es an ihm nichts zu verbessern gab.
Beide Treiber sitzen fest verschraubt in der massiven Frontplatte aus Aluminium. Es gab Überlegungen, die Schrauben unsichtbar zu machen und die Platte eben mit dem Gehäuse abschließen zu lassen. Doch der Lautsprecher sollte nicht nur technisch, sondern auch optisch die Dynaudio-DNA in sich tragen. Deshalb gibt es Schrauben zu sehen; die Frontplatte scheint einen Millimeter über dem Holz zu schweben. Das sieht in Verbindung mit dem Finish in weißer Eiche hübsch und modern aus. Auch das abgerundete Gehäuse führt den modernen Look fort, der für Dynaudio vollkommen neu ist – bis auf die Schrauben! Das Gehäuse sollte aber auch gut klingen. Da der Antrieb des Tiefmitteltöners kräftig zugelegt hat, mussten Gehäuse und Frontplatte deutlich massiver werden. Jetzt sollte nichts mehr mitschwingen.

Hörtest
Selten waren wir auf die Hörprobe so gespannt wie bei der Contour 20. Theorie ist ja schön und gut, aber wie würde die komplette Neuentwicklung klingen? Als erstes kam uns der Soundtrack zu „Höllentour“ von Till Brönner in die Finger. Schnell in den Player und „Wanna Be Free“ angespielt. Als der Bass einsetzte, entfuhr uns unwillkürlich ein „Boah“. Massiv und knochentrocken schob die Contour 20 den Bass in Richtung Sofa, und das bei 100 Prozent Kontrolle. Die tieffrequenten Schwingungen zerstäubten buchstäblich unsere Bedenken, ob die Neue besser klingen würde als die Alte. Das war der Hammer, Danish Dynamite im wahrsten Sinne des Wortes. Till Brönners sagenhaft guter Soundtrack wurde hier zum ganz großen Kino. Weite Bühne, tiefe Staffelung und eine Ortbarkeit, dass man meinte, ins musikalische Geschehen hineingreifen zu können. Und die feine Dänin garnierte das Ganze noch mit der richtigen Portion Gefühl, sodass uns schon der erste Titel vollkommen von den neuen Qualitäten dieser kompakten Box überzeugte. Der Schlussakkord vom Flügel waberte noch ein paar Sekunden durch den Hörraum, da kehrte Stille ein.
Zum Glück nur kurz, denn wir sprangen vor zu Titel 17 „Souffrance dans la montagne“. Der Glanz auf den Gitarrenseiten gepaart mit Till Brönners luftigem und zartem Hauch aus seiner Trompete ließen diesen Moment nahezu magisch wirken. Wieder fiel die Breite der Bühne auf, die Dynaudio positionierte die Musiker gerne links oder rechts von sich, als wollte sie sagen: „Die Musik kommt nicht von meinen Membranen.“
Brönner raus, Audiophile Pearls Vol. 15 rein. Erster Titel: Grammy-Gewinner Jon Cleary mit „Pump It Up“. Das kam der Contour gerade recht, hat sie doch ein neues Bass-Chassis, dass sie uns gerne vorführen wollte. Das tat sie auch und pumpte ordentlich was in den Hörraum. Aber so ausgewogen, kontrolliert und trocken, dass es eine Freude war und wir aufpassen mussten, dass es uns nicht vom Sofa hochriss, schließlich waren wir hier zum Arbeiten und nicht zum Tanzen. Also schalteten wir mit Rachelle Garniez und „New York Minute“ einen Gang runter. Ja, man konnte förmlich spüren, wie sich Pianist und Bassist gegenseitig ansahen und ihnen die Freude am Zusammenspiel ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Bei uns war das jedenfalls so. Und die Stimme von Frau Garniez klang so klar und tief, dass wir an einen Gebirgssee an einem schönen Oktobertag denken mussten.

Frau Garniez hatte fertig, The Franklin Electric mit „Strongest Man Alive“ kam an der Reihe. Sie merken vielleicht, dass wir nicht wie wild (und üblich) zwischen den Tracks hin und her sprangen, sondern ganz in Ruhe die Scheibe laufen ließen. Das ruhige Gitarrenspiel trug zur Entspannung bei. Besonders fiel uns das Geräusch auf, das durch auf dem Griffbrett rutschende Gitarristenfinger entsteht. Manchmal kann es nerven, aber die Contour 20 machte es zum plastischen Bestandteil des Stücks und verlieh damit der Vorstellung noch mehr Authentizität. Da fiel uns der Titel des Blödelbarden Otto ein: „Dänen lügen nicht“.
Ein Freund der Klassik
Wir legten bedächtig die Gustav Mahlers 6. Sinfonie in a-moll ein, in der Einspielung mit dem Sinfonia Orchestra unter Benjamin Zander als SACD. Der erste Satz beginnt mit dem stampfen Rhythmus der Streicher, allegro energico, düster, marschartig, aber mitreißend. Das heroische Schmettern der Blechbläser, das bald wieder von der Wärme der Holzbläser eingefangen wurde, das hatte was. Bei diesem Stück ist von der Triangel über die kleine Trommel bis zur Pauke alle vertreten. Die lauten Passagen hatten Durchsetzungskraft, die leisen gingen trotzdem nicht unter, der Lautsprecher behielt immer den Überblick. So macht Klassik Spaß.
Fazit
Die Dynaudio Contour 20 ist ein ganz großer Wurf der Dänen. Die Esotar 2 ist eine der besten Gewebekalotten, die wir kennen; sie hamoniert perfekt mit dem neu entwickelten Tiefmitteltöner. Die Wiedergabe ist so präzise wie von einem Studiomonitor, ohne aber analytisch zu werden. Vielmehr stehen hier die Emotion und der Spaß an der Musik im Vordergrund. Hut ab!