Dynaudio Evoke 20 im Test
Dynaudio hat eine neue Zweiwege-Box gebaut, die viele Konkurrenten alt aussehen lässt. Die dynamische Ausbeute ist enorm, das Klangbild groß. Und vor allem: Der Preis ist human. Wir jubeln. Lesen Sie unseren Test zur Evoke 20.

Dynaudio ist verliebt: Die Dänen sind euphorisiert von ihrem Jupiter. Nein, es handelt sich nicht um den altrömischen Gott, sondern um einen neumodischen Namensvetter: Dieser Jupiter ist ein hochtechnisierter Messraum für Lautsprecher. Dynaudio spricht hier sogar von einer „Geheimwaffe“....
Dynaudio ist verliebt: Die Dänen sind euphorisiert von ihrem Jupiter. Nein, es handelt sich nicht um den altrömischen Gott, sondern um einen neumodischen Namensvetter: Dieser Jupiter ist ein hochtechnisierter Messraum für Lautsprecher.
Dynaudio spricht hier sogar von einer „Geheimwaffe“. Für die Vorstellungskraft: Jupiter ist ein gewaltiger Würfel mit 13 Metern Seitenlänge. Die Lautsprecher werden vollautomatisch in die Mitte dieses Raumes gehoben – und dann spannt sich ein Ring vor den Membranen aus.
Dieser ist bestückt mit Mikrofonen, 31 an der Zahl. Im Winkel von 360 Grad werden alle Klangdetails aufgezeichnet. In wenigen Minuten verfügt Dynaudio so über ein Rundumbild eines neuen Lautsprechers. Alles gelingt schneller und präziser. Alles wurde von Dynaudio daselbst entwickelt.
Organische Entwicklung
Über die Kosten schweigen sich die Dänen aus. Aber wir sind sicher: Das war teuer, Millionen werden geflossen sein. Früher musste das Entwicklerteam vom Unternehmenssitz in Skanderborg zum schalltoten Raum nach Aalborg trampen. Jetzt ist endlich alles unter einem Dach – die Ohren, die Messinstrumente und die Entscheider.
Auf genau diesem Weg ist auch die neue Evoke-Serie entstanden. Das ist ein Pfund an hochklassischer High-End-Kost, das Beste, was Dynaudio im noch erschwinglichen Bereich zaubern kann. Wir haben die Kompaktbox Evoke 20 in unseren Hörraum bestellt. Immer wieder fällt auf: Dynaudio tickt wie Apple.
Der Lautsprecherhersteller und der Computerprofi haben etwas gemein – sie diskreditieren die Besitzer älterer Komponenten nicht. Das Design folgt keinen revolutionären Sprüngen, sondern entwickelt sich organisch. Nur Kenner sehen, ob es sich um eine ältere oder um die aktuelle Serie handelt.
Und so wirkt auch die Evoke 20 wie ein moderner Klassiker. Zwei Chassis, ein Gehäuse, eine Bassreflexöffnung, ein Single-Wiring-Terminal – das war’s. Der Autor hat vor über 20 Jahren eine Dynaudio-Box gekauft – sie würde rein optisch neben der Evoke 20 als Vorfahr bestehen. Da ist das alte Konzept von Gewebekalotte und Kunststoff-Tieftöner. Dazu ein unfassbar gutes Finish von Holz und Lackierung.
Die Dänen lieben ihre Kinder. Auch innerlich. In der Tiefe etwa arbeitet die optisch ähnliche, aber von Grund auf neu konstruierte Fassung einer 18-Zentimeter-Membran. Dynaudio hat auch dieses Material selbst entwickelt; es ist ein Magnesium-Silikat-Polymer. Leicht soll es sein, steif und schnell.

Schwingspule aus Aluminium
Dahinter hört das Engagement nicht auf. Dynaudio wickelt die Schwingspule nicht aus Kupfer, sondern aus Aluminium. Kombiniert wird das mit einem Magneten aus Strontiumcarbonat und Keramik. Das gibt es nur hier. Ebenso einzigartig wurde auch der Hochtöner entworfen.
Sieht aus wie Gewebe, ist auch Gewebe – aber darauf liegt eine Beschichtung, die punktgenau nach idealen Schwingungsverhältnissen aufgetragen wird. Schon das ein Akt der höchsten Verarbeitungskunst. Aus der weit teureren Confidence-Serie stammt die dahinter liegende Architektur – eine „Hexis“, eine Kuppel, die den Luftstrom optimiert.
Nichts soll Resonanzen aufschaukeln und den Frequenzgang beeinflussen. Was wir im Hörtest fast sofort liebten: Man hört die Chassis nicht als Einzelerlebnisse – die Harmonie ist perfekt. Das könnte fast ein Koax-Chassis oder ein Flächenstrahler sein. Ein Klangbild wie aus einem Guss, harmonisch, stimmig und faszinierend.
Erst kürzlich hat Qobuz ein großes Sonderangebot ausgerufen. Da haben wir uns ein Herz und die Kreditkarte gefasst und all jene Lieblingsalben in HiRes geladen, die wir schon immer haben wollten.
Darunter auch „Grace“ von Jeff Buckley. Keiner hat Leonard Cohens „Hallelujah“ schöner interpretiert. Mancher hält Buckleys Version sogar für das Original … Ein Lautsprecher muss zwei Dinge beherrschen: die Luft und den Raum. Ein Seufzer lässt „Hallelujah“ beginnen, dann ein gebrochener Dreiklang auf der E-Gitarre.
Das muss mit der ganz feinen Feder gezeichnet werden, nichts für den groben Pinsel. Hier faszinierte die Evoke 20 erneut: Diese Leichtigkeit, diese schnelle Präsenz – das war eine neue Dimension in der Welt der Dänen. Bislang klang man eher erdgebunden, nun geht der Blick nach oben.

Doch wir wollten auch die vollen Breitseite. Als Klassik-Testhappen legten wir Karajans legendäre „Tosca“ auf – von der Decca aufgenommen und recht frisch in 24 Bit erschienen. Im Finale des ersten Akts beben die Membranen. Der Bösewicht Scarpia verkündet seine Leidenschaft für die schöne Sängerin und seine Brutalität gegenüber politisch Ungetreuen.
Dazu noch ein fettes „Te Deum“ des Chores im Hintergrund. Als ob dies noch nicht genug Feuer wäre, donnern in der Ferne noch Kanonenschüsse. Unfassbar, wie die Decca-Tontechniker dieses anspruchsvolle Klangfest auf klassischem Magnettonband inszeniert haben.
Die Dynaudio Evoke 20 vermittelte das ultimativ. So ein Lautsprecher würde auch die Regiekabine eines Aufnahmestudios schmücken. Dieser Mix aus Analyse und Hochenergie – großartig. Unter den gehobenen Kompaktboxen ist dies unser neuer Held.
Fazit
Die Dänen sind Füchse: Sie bauen gute Lautsprecher und kalkulieren schlau. Die Dynaudio-Jubiläumsbox Special Forty liegt bei 3000 Euro, die kleine Evoke 10 bei 1400 Euro. Die neue Evoke 20 passt mit ihren 2000 Euro perfekt dazwischen. Und sie hat Format: Die Chassis harmonieren perfekt. Wir lieben diesen Mix aus Reichtum, Ordnung und Spielfreude. Hier stimmt die Balance, hier fasziniert die Weite des Klangbilds.