Smartphone
HTC U11+ im Test
Beim U11+ hat HTC nicht nur das Display modernisiert. Die Kamera knipst jetzt mit einer überragenden Qualität auf dem Niveau von Googles Pixel-Serie. Leider hapert es an anderer Stelle.
- HTC U11+ im Test
- HTC U11+: Kamera im Test

Endlich! Als einer der letzten großen Markenhersteller (nur Sony ist noch später dran) springt nun auch HTC auf den Trendzug auf und bringt mit dem U11+ ein Smartphone mit einem Display im frontfüllenden 18:9-Format auf den Markt.
Das Timing ist nicht gut, schließlich haben alle anderen von Apple bis Samsung ihre 18:9er längst in Stellung gebracht. Aber letztendlich ist das nur ein weiteres Symptom der Krise, in der der einstige Smartphone-Pionier seit einiger Zeit steckt – wäre man immer vorne dabei gewesen, dann wäre der aktuelle Marktanteil ein anderer.
Elegant und wasserdicht
Das Plus-Modell macht auf den ersten Blick klar, wo die Vorteile des 18:9-Formats liegen. Denn obwohl das Display im Vergleich zum HTC U11 von 5,5 auf 6 Zoll anwächst, ist das Gehäuse nicht größer geworden; die breiten Streifen oben und unten fallen einfach weg. Damit bleibt auch kein Platz mehr für den Fingerabdrucksensor, der von der Front auf die Rückseite wechselt, wo er sich gut erfühlen lässt.
Davon abgesehen bleibt alles beim Alten, auch beim U11+ überzeugt der Mix aus Metallrahmen und Glasrückseite haptisch auf der ganzen Linie. Das Smartphone liegt satt in der Hand und macht einen sehr stabilen Eindruck, die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben. Das Gehäuse ist, wie es sich für diese Preisklasse gehört, nach IP-Norm zertifiziert: Schutzklasse 68 garantiert Wasserdichtigkeit für maximal 30 Minuten in 1,5 Metern Tiefe – allerdings wie üblich nur in Frischwasser, also weder im Pool noch im Meer.
In Deutschland wird das U11+ in zwei Varianten verkauft: Mit glänzender schwarzer Rückseite (ceramic black) und mit halbtransparenter schwarzer Rückseite (translucent black). Wir empfehlen letztere, weil die Oberfläche weniger spiegelt und Fingerabdrücke nicht so stark sichtbar sind. Außerdem schimmert das Innenleben durch, was das U11+ zu einem besonders attraktiven Blickfang macht, den jeder mal in die Hand nehmen will.

Dem Display fehlt die Kraft
Das Display im 18:9-Format erstreckt sich über 6 Zoll und zeigt Inhalte knackscharf mit 2880 x 1440 Pixeln, irritiert aber mit einem leichten Blaustich in der Standardeinstellung. Das ist allerdings kein großes Problem, weil man das Farbprofil in den Einstellungen anpassen kann.
Nicht korrigieren lässt sich dagegen die schwache Leuchtkraft: Wir haben 282 cd/m2 ge messen – für ein LCD auf diesem Preisniveau ein indiskutabler Wert, den man im Alltag spürt, sobald man sich mit dem U11+ in einer hellen Umgebung aufhält. Diese Tatsache wird auch in anderen Tests kritisiert, es handelt sich also nicht um einen Einzelfall.
Dieser Patzer überlagert leider die Tatsache, dass HTC bei allen anderen Ausstattungsdetails auf ganzer Linie überzeugt: Die Fotoqualität ist herausragend, die Speicherausstattung mit 128 GB ROM und 6 GB RAM üppig und statt einer Micro-SD-Karte kann eine zweite SIM eingelegt werden. Eine Erwähnung verdient auch die USB-C-Buchse, die nicht nur den 3.1-Standard für schnelle Datenübertragungen unterstützt, sondern auch DisplayPort, sodass das Smartphone unkompliziert mit einem Monitor oder TV verbunden werden kann. Über diese Buchse werden auch die mitgelieferten Kopfhörer angeschlossen, die klanglich überzeugen und zudem aktive Geräuschunterdrückung beherrschen. Alles Premium also – bis auf die Leuchtkraft.
Diese Oberfläche kann was
Die HTC-Benutzeroberfläche Sense sieht gut aus und überzeugt zudem mit einer Vielzahl von Extras und Einstellungsmöglichkeiten. Zum Umfang gehören ein ausgereifter Aggregator von Nachrichten und Meldungen aus sozialen Netzwerken (Blink Feed) sowie ein persönlicher Assistent. Der analysiert mithilfe der auf dem Smartphone vorhandenen Sensorik das Profil des Nutzers und gibt darauf aufbauend Tipps zum Akkusparen oder zu guten Restaurants in der Umgebung (Sense Companion).
Und: Der mit dem U11 eingeführte druckempfindliche Rahmen kann jetzt noch mehr. In Abhängigkeit von der gerade geöffneten App führt das System unterschiedliche Aktionen aus: Bei eingeblendeter Tastatur aktiviert das kurze Zusammendrücken des Telefons die Sprache-zu-Text-Funktion, in Google Maps den Zoom. Am besten gefallen hat uns aber der neue Edge Sense Launcher, der Apps und Einstellungen kreisförmig um den Daumen herum einblendet, sodass man trotz 6-Zoll-Display alles mit einer Hand erreicht. Natürlich aktiviert man ihn bequem, indem man das Telefon kurz zusammendrückt.

Der nächste Schnitzer
Die Funkeigenschaften bewegen sich durchgehend im grünen Bereich. Diese Tatsache und die vielen weiteren Stärken des U11+ helfen dabei, über das Display hinwegzusehen, aber leider ist das nicht der einzige Patzer. Im Laufzeittest erreicht das Smartphone 6:55 Stunden, was für die Oberklasse zu wenig ist. Dieser Wert ist uns auch ein Rätsel, weil HTC einen mächtigen Energieriegel einbaut, der knapp 4000 mAh aufnimmt.
Trotz einer überragenden Kamera reicht es daher nicht für eine Empfehlung. Im heiß umkämpften High-End-Segment gibt es genügend Alternativen, etwa von Samsung oder Huawei. Deren Kamera mag um Nuancen schlechter sein, aber das Gesamtbild ist augewogener und zeigt keine nennenswerten Schwächen.