Testbericht
Nokia N95
Als >>Computer 2.0<< angepriesen, hat Nokias N95 die Erwartungen bei den Handyfans mächtig angeheizt. Ob das Topmodell der Serie 60 hält, was die Werbung verspricht, klärt der connect-Test.

Endlich hat das Warten ein Ende: Das von vielen Handy-fans heiß ersehnte Nokia N95 liegt seit kurzem in den Shops - und wurde in einschlägigen Foren bereits vor dem Marktstart über den grünen Klee gelobt. Doch ist das Objekt der Begierde die Vorschusslorbeeren wirklich wert - oder war die Vorfreude mal wieder die schönste Freude? Höchste Zeit, dass connect das N95 durch den Testparcours in Redaktion und verlagseigenem Messlabor schickte und die harten Fakten zum neuen Topmodell der Serie 60 auf den Tisch legt.
Wackeliger Slider

Unbestritten heiß ist der Preis: Satte 799 Euro ruft Nokia für seinen >>Computer 2.0<< auf, selbst mit einem Business-Vertrag dürfte das gute Stück momentan kaum für unter 300 Euro zu bekommen sein. Viel Geld, zumal der Slider optisch wenig spektakulär daherkommt und auch keine Maßstäbe in Sachen Verarbeitungsqualität setzt. So hat die Slidermechanik reichlich Spiel und wirkt lange nicht so solide, wie wir das von anderen Nokias oder ähnlich teuren Geräten gewohnt sind. Die im Alltag oft genutzte Steuerkreuztaste nervte bei beiden Testgeräten obendrein mit mechanischem Klicken - beim einen lauter, beim anderen nicht ganz so ausgeprägt. Nahezu perfekt in Form, Beschriftung und Druckpunkt präsentiert sich dagegen die blau beleuchtete Zifferntastatur und macht so die Slider-Scharte fast wieder wett.
Wie von einem anderen Stern

Jede Menge Boden gut macht das N95 beim Blick auf die nicht enden wollende Featureliste, die jeden Tekkie vor Ehrfurcht auf die Knie sinken lässt - denn was die Nokia-Ingenieure alles in dieses Handy gepackt haben, ist schlicht phänomenal. So ist man mit dem Quadband-Gerät überall auf der Welt erreichbar, für schnelle Datentransfers sorgt in UMTS-Netzen HSDPA mit bis zu 3,6 MBit/s, im GSM-Netz springt EDGE mit immerhin bis zu 384 KBit/s in die Bresche. Im Nahbereich ermöglichen die Funkschnittstellen Infrarot und Bluetooth inklusive SIM-Access- und A2D-Profil die drahtlose Verbindung zu Zubehör wie Stereoheadsets oder professionellen Carkits und zu Computern. Letztere nehmen das N95 alternativ auch über ein Mini-USB-Kabel an die Leine. Dank Wireless LAN kann man zudem zu Hause oder in Reichweite von Hotspots E-mailen, dank HTML-Browser komfortabel im Internet surfen oder günstig über selbiges voipen, also telefonieren.
Das Handy kennt den Weg
Absolutes Highlight ist aber der integrierte GPS-Empfänger. In Verbindung mit der bereits installierten Navigations-Software kann man sich damit von seinem >>Computer 2.0<< bequem zum nächsten Termin leiten lassen. Allerdings kostet dieses Unterfangen extra, während die schlichte Routenplanung, wie man sie von PC-Software kennt, kostenlos ist. Nettes Spielzeug für Läufer: Mit dem Gratis-Zusatzprogramm >>Sport Tracking<< kann man die gelaufene Route, Geschwindigkeit und Zeit aufzeichnen. Das Thema Multimedia wird beim N95 ebenfalls ganz groß geschrieben: 5-Megapixel-Kamera, Videotelefonie, Musik- und Videoplayer, Spiele, Radio und die aktuellen Web-2.0-Trends Foto- und Video-Blogging - das ist ein Wort. Gespeichert werden die vielfältigen Daten entweder auf den internen 160 MB oder auf einer MicroSD-Karte. Der entsprechende Slot findet sich seitlich am Gerät und ist somit problemlos zugänglich; passendes Futter in Form einer 512 MB großen Speicherkarte liefern die Finnen gleich mit. Natürlich fehlen auch die bewährten Serie-60-Goodies wie der Viewer für Office- und PDF-Dokumente, Sprachwahl und -steuerung sowie das umfangreiche Kalender-und Aufgabenmanagement nicht. Damit holt sich das N95 beeindruckende 141 von 150 möglichen Ausstattungspunkten - mehr Features kann bis dato kein anderes Handy vorweisen.
Gute Handhabung

In der Praxis konnte das Nokia von der ersten Sekunde an überzeugen. Speziell der in beide Richtungen verschiebbare Slider, der entweder unten die Zifferntastatur freigibt oder oben vier Tasten für die Steuerung des Music- und Videoplayer offenbart, ist ein cleverer Schachzug. Beim Mediaeinsatz dreht übrigens das Menü in die Horizontale, sodass bei der Ansicht von Fotos und Musiklisten die volle Breite des guten Displays zur Geltung kommt. Die Bedienung klappt trotz des riesigen Ausstattungspakets ohne große Probleme, auch wenn für einzelne Funktionen wie die Navigation eine gewisse Einarbeitungszeit nötig ist. Kein Wunder, schließlich verstecken sich hinter den zwölf Einträgen im Hauptmenü bis zu 26 weitere Funktionen - da sucht man das ein oder andere Feature schon mal etwas länger. Nicht akzeptabel sind dagegen die vereinzelten, nicht nachvollziehbaren Abstürze und Neustarts, die das Testgerät produzierte - da erscheint der Marketingslogan >>Computer 2.0<< in ganz anderem Licht... Hier sollte ein Software-Update schnellstens für Abhilfe sorgen; dass Nokia dran ist, zeigt das erste Update, das nach Testende bereits verfügbar war.
Platz eins im Labor verspielt
Konnte sich das N95 nach den hervorragenden Leistungen in den Disziplinen Ausstattung und Handhabung bereits wie die neue Nummer eins der connect-Bestenliste fühlen, vermasselten die durchschnittlichen Ergebnisse in der technischen Prüfung im connect-Labor den absoluten Triumpf: Die Sende- und Empfangsqualität ist im UMTS-Netz wie bei so vielen 3G-Modellen mau, auch reißt der Akku keine Bäume aus: Fünf Tage Standby-Zeit im UMTS- und weniger als neun Tage in den GSM-Netzen ist unteres Mittelmaß - und der Tribut, den man für die vielen Funktionen zahlen muss, die am Stromspender nuckeln. Keine Schuld am Konditionsengpass hat das stromsparende Display, das seine 240 x 320 Pixel trotzdem sehr hell ausleuchtet. Ebenfalls gut sind die Ergebnisse bei der Sende- und Empfangsqualität in den beiden GSM-Netzen.