Smartphone
Nothing Phone 1 im Test
Die Inflation zwingt viele Menschen, ihr Geld stärker zusammenzuhalten und Ausgaben zu hinterfragen: Muss es unbedingt das Top-Smartphone sein, oder genügt auch ein Mittelklasse-Modell? Wir haben das Nothing Phone 1 ins Testlab geschickt.

Carl Pei gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten in der Smartphone-Industrie. Der in China geborene und in Schweden aufgewachsene Unternehmer hat Oneplus nicht nur mitgegründet, sondern mit großspurig-genialen Marketing-Aktionen („Flagship Killer“) zur großen Smartphone-Marke gemacht. 2020 verließ er Oneplus, um mit Nothing eine neue Marke aufzubauen.
Schon der Blick auf die Website genügt, um seine Handschrift zu erkennen. Nothing hat eine „Mission“, ist dort zu lesen: „Keine unsinnigen Produktnamen. Nur Kunst, Leidenschaft und Vertrauen.“ An Selbstbewusstsein mangelt es Pei also weiterhin nicht.
Aber sind seine Produkte genauso professionell wie sein Marketing? Die Antwort lautet ganz klar: Ja! Die Innovation heißt Nothing Phone 1 Transparent Schwarz „Glyph Interface“ und besteht aus 900 LEDs, die auf der Rückseite des Phones ein abstraktes Muster aus Strichen und Halbkreisen bilden.
Die Rückseite wiederum ist durchscheinend (Gorilla Glass 5) und ermöglicht so den Blick auf technische Komponenten wie die Qi-Ladespule. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen aber die weiß leuchtenden LED-Streifen, die viele Funktionen erfüllen: Sie dienen als Anzeige für den Ladestand, als Kameralicht, und natürlich informieren sie über eingehende Nachrichten und Anrufe.
Nothing reizt die Möglichkeiten clever aus, etwa, indem Ton- und Lichtsignale kombiniert werden. Man kann den Ton auch deaktivieren und sich nur per Lichtmuster anrufen lassen, dabei lassen sich spezifische Lichtmuster einzelnen Kontakten zuweisen, sodass man schon am Blinken erkennt, wer anruft.
Man muss die Selbstbeweihräucherung von Nothing, die von einer neuen Art zu kommunizieren sprechen, nicht gut finden, um anzuerkennen, dass die Newcomer hier einen Treffer gelandet haben.

Haptik & Ausstattung des Nothing Phone 1
Das Design mit dem breiten Aluminiumrahmen ist so stark von Apple inspiriert, dass man glaubt, ein iPhone 12 in der Hand zu halten. Das ist dreist, aber auch ziemlich gelungen. Genauso übrigens wie die tadellose Verarbeitung und die elegante Haptik.
Das Display schließt hier nahtlos an, es bietet nicht nur eine gute Darstellung, sondern gehört mit 6,55 Zoll auch zu den größten in diesem Vergleich. Es zeigt ein schlankes Android-System ohne Schnickschnack und Bloatware. Nothing OS überzeugt mit einer geradlinigen und durchdachten Oberfläche.
Ein Beispiel dafür ist das Schnellzugriffsmenü, das eingeblendet wird, wenn man zweimal von oben nach unten streicht. Es soll auch anderen Herstellern offenstehen. Derzeit ist eine Kooperation mit Tesla in Arbeit (und unter „Experimentelle Merkmale“ bereits als Beta auf dem Phone installiert).
In der finalen Version lassen sich dann wichtige Autofunktionen wie Akkuinfos oder die Klimaanlage direkt per Schnellzugriffsmenü ansteuern, der Umweg über die Tesla-App ist nicht nötig. Auch der Software-Support gefällt, Nothing verspricht drei Jahre lang Systemupdates und vier Jahre Sicherheitspatches.
Testergebnisse: Nothing Phone 1
Kategorie | Wertung |
---|---|
Ausdauer max. 125 | Überragend (125) |
Ausstattung max. 210 | gut (158) |
Handhabung max. 40 | gut (31) |
Messwerte max. 125 | gut (102) |
connect-Urteil (max. 500) | gut (416) |
Unter dem Display werkelt mit dem Snapdragon 778G+ ein solides Mittelklasse-SoC von Qualcomm, das kabelloses Laden unterstützt, was in dieser Preisklasse eine Ausnahme markiert. Die Performance ist in Kombination mit 8 GB RAM preisgerecht, das bedeutetet, dass immer eine flüssige Bedienung gewährleistet ist und auch anspruchsvolle 3D-Spiele ruckelfrei laufen.
Das Nothing Phone 1 ist in der Einstiegsvariante mit 128 GB und 8 GB RAM für 469 Euro erhältlich, wegen des geringen Aufpreises für die Ausbaustufe 256 GB (499 Euro) empfehlen wird diese, denn eine Speichererweiterung ist nicht möglich.

Das Phone kann mit zwei SIM-Karten betrieben werden, eine eSIM-Option fehlt. Auch beim Blick in den ultraflachen Lieferkarton haben wir einiges vermisst, Nothing klebt zwar eine Schutzfolie auf, verzichtet aber auf ein Netzteil. Ein 45-Watt-Schnelllader kostet 35 Euro extra.
Mit der Akkulaufzeit überzeugt das Nothing Phone 1 dagegen genauso wie mit den Funkeigenschaften und der Akustik, sodass der Newcomer in diesem Vergleich ganz vorne liegt.
Carl Pei hat es also nicht verlernt. Mit einem überzeugenden Ausstattungspaket, innovativen Extras und sehr guten Testergebnissen bei Basics wie Akku und Funk verdient sich das Nothing Phone 1 eine dicke Empfehlung.
Nothing Phone 1 im Kameratest
Newcomer Nothing bietet eine Kombination aus Superweitwinkel- und Weitwinkelkamera, beide mit 50-MP-QUAD-Sensor.
Die Weitwinkelkamera
Die Hauptkamera im Nothing Phone 1 hat einen QUAD-Sensor und lässt somit Fotografen die Wahl zwischen 50 und 12 Megapixeln (Pixel-Binning). Im Schnitt über alle drei Helligkeitsstufen schneiden die 12-MP-Aufnahmen besser ab und verfehlen die Gesamtwertung „sehr gut“ nur um einen Punkt. Bei viel und bei nachlassendem Licht sind die Fotos sehr gut. Die Signalverarbeitung verstärkt ihre Eingriffe mit nachlassendem Licht für knackigeres Aussehen. Im Dunkeln bricht die Performance für einen QUAD-Sensor ungewöhnlich stark ein. Zwar liegen die Aufnahmen mit 50 Megapixeln nun knapp vorne, doch beide Einstellungen sind fotografisch wenig interessant.

Das Zweifachzoom
Mit dem Weitwinkelmodul zu zoomen, ist beim Nothing keine gute Option. Die Bildqualität fällt bei viel und wenig Licht auf „befriedigend“ ab. In der Dunkelheit sind die Fotos aus diesem Modul noch schwächer.
Das Superweitwinkelmodul
Die Superweitwinkelkamera hinterlässt einen besseren Eindruck. Die 12-MP-Einstellung erweist sich für alle Helligkeitsstufen als die bessere Wahl – in Summe kommt das Modul damit auf die Wertung „gut“. Bei viel Licht erreicht die Kamera auch „sehr gut“. Anlass zur Kritik ist erneut der Elan der Signalverarbeitung: Die Superweitwinkelbilder wirken noch plakativer und überzeichneter als die des Weitwinkelmoduls. Prinzipiell ist das Modul auch noch bei wenig Licht einsetzbar, im Dunkeln aber nicht mehr.

Fazit Kameratest
Wenn die Hauptkamera mit vollem Bildwinkel verwendet wird, ist sie bei viel und wenig Licht sehr gut, im Dunkeln aber recht schwach. Das Zoomen mit dem Weitwinkelmodul sollte man lieber lassen. Auch die Superweitwinkelkamera kann außer bei Dunkelheit gut überzeugen. Die Signalverarbeitung könnte insgesamt zurückhaltender vorgehen.