Überblick und Historie

Android überall: Wie Googles Betriebssystem die Welt erobert

22.9.2015 von Rainer Müller

Mit Android ist Google dick im Betriebssystem-Geschäft: Das mobile OS dient nicht mehr nur als Plattform für Smartphones und Tablets, sondern auch für Wearables, Fernseher und vernetzte Autos. Als Nächstes hat Google das Internet der Dinge im Visier. Wir geben einen Überblick.

ca. 8:25 Min
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Android überall
Android überall: Das Smartphone-Betriebssystem von Google stößt in immer mehr Lebensbereiche vor.
© Androidify / Montage: connect

Googles anhaltender Erfolg gründet nicht zuletzt auf der Experimentierfreude des Internetkonzerns. Einige der zahlreichen Projekte wurden zwar mangels Erfolg bald wieder eingestellt (man erinnere sich etwa an Dienste wie Lively, Checkout, Wave oder Buzz), andere sichern jedoch das Wachstum des Unternehmens – oder revolutionieren gleich komplette Märkte.

Als im Herbst 2008 die erste Version des mobilen Betriebssystems Android veröffentlicht wurde, war kaum abzusehen, welche Auswirkungen das haben würde. Bereits drei Jahre später lief bereits jedes zweite Smartphone mit Android, heute liegt der weltweite Marktanteil im Smartphone-Segment bei etwa 80 Prozent, in Deutschland bei rund 75 Prozent. Ohne Android müsste die Geschichte der Mobiltelefonie komplett umgeschrieben werden.

T-Mobile G1
T-Mobile G1: das allererste Android-Phone.
© T-Mobile

Bekanntlich gab sich der Internetkonzern nicht damit zufrieden, mit seiner Benutzeroberfläche den Smartphone-Markt zu dominieren. Der in dieser Form zunächst unerwartete Erfolg des iPads im Frühjahr 2010 führte dazu, dass Samsung und andere Hersteller ebenfalls Tablets entwickelten. Da Microsoft Windows zum damaligen Zeitpunkt für diese Gerätekategorie schlicht ungeeignet war, konnte sich Android auch hier etablieren. Inzwischen laufen zwei von drei Tablets auf der Google-Plattform.

Die Android-Erfolgsgeschichte geht weiter

Falls sich Smartwatches durchsetzen sollten, wird der IT-Riese mit Android Wear auch in diesem Segment eine wichtige Rolle spielen. Im Fernsehmarkt hat sich Google mit Android-TV ebenfalls aussichtsreich positioniert. Derzeit beginnt sich das mobile Betriebssystem auch im Auto breitzumachen. Und den nächsten Streich hat Google bereits vorgestellt: Brillo, ein abgespecktes Android für das sogenannte Internet der Dinge, soll künftig vernetzte Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Lampen oder Heizungssysteme steuern und zum Standard im Smart-Home-Bereich werden.

Im Folgenden gebe wir einen Überblick über die verschiedenen Plattformen, auf denen Android zum Einsatz kommt:

1. Android-Smartphones

Entwickelt wurde Android in erster Linie für Mobiltelefone, und auch die Updates adressieren vor allem Smartphones.

Das erste Gerät, das mit dem Betriebssystem Android auf den Markt kam, hat weder optisch noch funktional große Ähnlichkeiten mit der heutigen Smartphone-Generation. Dennoch war es ein Meilenstein, als im Herbst 2008 das „Google-Handy“ in Form des von HTC gefertigten T-Mobile G1 – zunächst nur in den USA, später auch in Deutschland – in den Handel kam.

Viele Produkt- und Softwarezyklen später folgt in diesem Herbst die zunächst als „Android M“ angekündigte Betriebssystem-Version 6.0 mit dem Codenamen Marshmallow. Der Lollipop-Nachfolger wird zwar keine optischen Veränderungen mit sich bringen, unter der Oberfläche hat er aber einige interessante Neuerungen im Gepäck.

Android 6.0 bringt Verbesserungen bei der RAM-Auslastung und bei der Ausdauer der Endgeräte. Die neue Funktion „App-Permission“ räumt den Nutzern wieder mehr Kontrolle über die Zugriffe ein, die Apps auf das Endgerät ausüben. Bislang beanspruchten installierte Apps automatisch Zugriffsrechte etwa auf Kontakte, GPS-Ortung, Kalender, Kamera, Mikrofon, Sensoren und vieles mehr. Mit App-Permission können diese Zugriffe vor jeder Anwendung gezielt erlaubt oder verhindert werden.

Darüber hinaus hilft Marshmallow dabei, die Ausdauer von Smartphones und Tablets zu verlängern. Etwa durch den neuen Tiefschlafmodus „Doze“, der die Standby-Zeit deutlich verlängern soll. Außerdem wird laut Google dank Unterstützung der neuen USB-Typ-C-Schnittstelle das Aufladen der Akkus drei bis fünf Mal schneller erfolgen als bislang üblich. Weitere Neuerungen sind unter anderem eine lernfähige Foto-App, Erweiterungen im persönlichen Assistenten Google Now, die native Unterstützung von Fingerabdrucksensoren und verbesserte Sicherheitsfeatures.

Samsung Tab
Das Samsung Galaxy Tab war das erste Android-Tablet. Seitdem hat sich viel getan.
© Samsung

2. Android-Tablets

Der Erfolg des iPads inspirierte Wettbewerber, ebenfalls Tablets zu bauen. Heute ist Android auch hier Marktführer.

Kaum war das erste iPad von Apple auf dem Markt, begann auch die Konkurrenz mit der Entwicklung von Tablet-Computern. Erster Hersteller eines alternativen Geräts war Samsung. Das 7 Zoll große Galaxy Tab erschien im Herbst 2010. Als Plattform dafür wählten die Koreaner zunächst Android in der Version 2.2 (Froyo), obwohl das Betriebssystem damals noch gar nicht dafür ausgelegt war. Erst mit Honeycomb (3.x) veröffentlichte Google Anfang 2011 parallel zur nächsten Smartphone-Oberfläche (Android 2.3 alias Gingerbread) eine speziell für Tablets optimierte Android-Version. Mit der darauf folgenden Generation 4.0 (Ice Cream Sandwich) wurden Ende des Jahres 2011 beide Entwicklungslinien wieder zusammengeführt, woran sich bis heute nichts geändert hat.

Die Marktentwicklung im Tablet-Segment gleicht – mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung – jener des Smartphone-Bereichs. Im Jahr 2010 waren Flachrechner auf Android-Basis bestenfalls Nischenprodukte, nur rund jedes siebte Tablet hatte damals Googles Betriebssystem an Bord. Doch bereits zwei Jahre später wurden mehr Android-Tablets als iPads verkauft. Derzeit beziffern Analysten den Marktanteil von Android in dieser Gerätekategorie auf etwa zwei Drittel, ein Viertel entfällt auf iOS und Windows hält rund 7,5 Prozent.

Laut Prognosen von Marktforschern wird sich an dieser Aufteilung in den nächsten Jahren wenig ändern. Demnach soll Apples Marktanteil relativ konstant bleiben, lediglich die Microsoft-Plattform dürfte deutliche Zugewinne verzeichnen und ihren Part bis 2019 auf etwa 14 Prozent nahezu verdoppeln. Das geht zwar auf Kosten von Android, das aber mit über 60 Prozent das eindeutig dominierende Betriebssystem für Tablets bleiben wird.

Moto 360
Mit Android Wear ausgerüstete Smartwatches sind bislang noch keine großen Kassenschlager.
© Motorola

3. Wearables mit Android Wear

Auch für Smartwatches gibt es eine Android-Variante, die sich wie die Geräte noch nicht durchsetzen konnte.

Der Hype ist verflogen, die zunächst euphorische Berichterstattung einem eher negativen Tenor gewichen. Beim Thema Smartwatches ist derzeit Skepsis angesagt – nicht zuletzt, da sich die anfangs frenetisch gefeierte Apple Watch angeblich doch nicht so gut verkauft wie angenommen. Ob sich die vernetzten Uhren langfristig durchsetzen werden, ist noch nicht absehbar, für einen Abgesang ist es aber wohl noch zu früh.

Google ist jedenfalls zeitig auf den Zug aufgesprungen und hat 2014 mit Android Wear eine spezielle Variante seines Betriebssystems veröffentlicht, die für den Einsatz in kleinen Endgeräten mit entsprechend mickrigen Displays optimiert ist und auf absehbare Zeit vor allem Smartwatches adressiert.

Android Wear erlaubt die Steuerung per Touchscreen, ist jedoch für die Sprachsteuerung optimiert. So kommt in Android Wear der Infodienst Google Now zum Einsatz. Per Sprachbefehl kann man damit etwa ankommende Mails beantworten oder Musik suchen. Das abgespeckte Betriebssystem liefert Nachrichten, Verkehrs- oder Wetterinfos ans Handgelenk. Zudem wertet Android Wear die Daten diverser Sensoren aus. Passende Smartwatches gibt es von Googles Hardwarepartnern Asus, LG, Motorola, Samsung und Sony.

Für die Kommunikation mit Android Wear benötigt der Träger der vernetzten Uhr derzeit ein Smartphone oder ein Tablet mit Android 4.3 oder höher. Gerüchten zufolge arbeitet Google aber daran, Android-Wear iOS-kompatibel und damit auch für iPhone-Besitzer interessant zu machen. Die Verbindung zwischen Smartwatch und Smartphone war ursprünglich nur per Bluetooth möglich, mit der neuesten Version von Android Wear klappt die Kommunikation aber auch im WLAN – was eine deutlich höhere Reichweite ermöglicht.

Sony Android TV
Android-TV hat durchaus Ähnlichkeiten mit der mobilen Oberfläche, konzentriert sich aber komplett auf Videoangebote, Musikdienste und Spiele.
© Sony

4. Android auf dem Fernseher

Nach dem Flop mit Google-TV schickt der Internetkonzern im Kampf ums Wohnzimmer nun Android-TV ins Rennen.

Vor einem Jahr stellte Google Android-TV vor. Jetzt stehen die ersten Android-Fernseher im Testlabor und die Software-Ausstattung hat sofort einige Überraschungen parat – von Gleichschaltung keine Spur. Als erste Hersteller haben Sony und Philips (produziert von TP-Vision) lauffähige Modelle veröffentlicht. Die Bedienmenüs und unterstützten Apps unterscheiden sich dabei stärker voneinander als erwartet. Philips hat zudem einen Webbrowser an Bord, Sony verzichtet (noch) darauf.

Die Basis von Android-TV ist Lollipop. Während Smart-TV-Funktionen bisher in einem Portal liefen, das von einem herstellereigenen Betriebssystem aus gestartet wurde, sind Dinge wie Sendersuchlauf, Programmführer, AV-Auswahl, Bildmenü, HbbTV oder Mediaplayer nun erst einmal Android- Apps. So gestaltet sich die Installation ähnlich wie man sie vom Smartphone her kennt. Gut, wenn man bereits einen Google-Account hat, denn der lässt sich auf dem TV nicht anlegen. Der Fernseher lässt sich aber auch komplett ohne Internetzugang nutzen.

Wer nun allerdings denkt, er hätte mit Android- TV ein gigantisch großes Smartphone mit all seinen Möglichkeiten im Wohnzimmer stehen, wird enttäuscht sein. Google setzt hier ganz gezielt auf Video- und Musikdienste sowie Spiele. Es gibt weder den Google Kalender noch Kontakte oder Mails. Auch soziale Netzwerke, wie sie in fast allen Smart-TVs integriert sind, fehlen noch. Die Bedienung erfolgt nicht per Maus, sondern über Richtungsbefehle.

Ein entscheidender Vorteil des Systems ist die Suchfunktion und die damit verbundenen Empfehlungen – das ist Googles Kerngeschäft und hier konsequent umgesetzt. Insgesamt orientiert sich Android-TV vor allem an „normalen“ TV-Ansprüchen. Es vereinheitlicht den Smart-TV-Part, das erleichtert die langfristige Pflege von Apps.

Android Auto Google Maps
Android Auto macht zentrale Smartphone-Funktionen im Fahrzeug auf sichere Weise nutzbar.
© Weka/ Archiv

5. Android Auto

In vernetzten Fahrzeugen steht ein neues Plattformduell zwischen Google und Apple vor der Tür. Wohin es mit dem Auto auch geht, das Smartphone fährt mit. Die Bedienung während der Fahrt ist schwierig, lenkt erheblich vom Fahren ab und erhöht damit die Unfallgefahr. Erlaubt ist sie ohnehin nicht. Doch künftig gibt es eine sichere Alternative: Android-Smartphones docken einfach an ein mit Android Auto kompatibles Infotainment- System an, und schon startet der speziell auf die Bedienung während der Fahrt angepasste Google- Auto-Modus.

Bei Android Auto arbeiten Android-Smartphones und Bordelektronik zusammen. Das Handy wird über ein USB-Kabel mit dem Fahrzeug gekoppelt und nutzt einen dort eingebauten Bildschirm. Der Smartphone-Bildschirm deaktiviert sich, damit der Fahrer das Mobiltelefon nicht benutzt. Auf dem Fahrzeug-Monitor werden alle Apps dargestellt, die von der Open Automotive Alliance zertifiziert wurden. Zunächst sind neben Google Maps und der Suchfunktion die Musiksammlung, Kontakte, Nachrichten sowie rund 30 weitere Apps für Android Auto verfügbar; weitere werden folgen. Die Nutzereingaben lassen sich wahlweise über das Display oder per Sprachbefehl erledigen. Mit dem System kompatibel sind laut Google die meisten Smartphones mit Android 5.0 (Lollipop).

Angekündigt wurde das System bereits auf Googles letztjähriger Entwicklerkonferenz. Ein Jahr später kommen nun peu à peu Neufahrzeuge auf den Markt, in denen Android Auto tatsächlich genutzt werden kann. Insgesamt haben 38 Autohersteller angekündigt, in Kürze entsprechende Modelle anzubieten, darunter Audi, Ford, Opel und VW. Exklusiv ist der Service allerdings nicht, denn in der Regel unterstützen die Autofirmen gleichzeitig auch Apples Konkurrenzsystem Carplay. So startet beispielsweise Opel im Spätsommer mit der Einbindung beider Systeme in die gesamte Modellpalette, beginnend mit dem neuen Astra, der auf der Automesse IAA vorgestellt wird.

Android Lolipop Forest
Android-Version 5 erhielt den Beinamen Lollipop.
© Google

Android-Versionen: Von C bis M

Seit der Version 1.5 bekommt jede Android-Generation einen süßen Spitznamen in alphabetischer Reihenfolge – von Cupcake bis Marshmallow.

Im April 2009 begann Google damit, die Varianten seines mobilen Betriebssystems mit eigenwilligen Codenamen zu versehen. Seither ist die Zeitreise durch die Android-Versionen gleichzeitig eine kulinarische Reise durchs Süßwaren-Alphabet, beginnend mit der Android-Version 1.5 alias Cupcake (zuvor gab es bereits die Versionen 1.0 und 1.1, die „Base“ genannt wurden). Im September 2009 kam Donut (1.6) heraus, einen Monat später folgte Éclair (2.0 bis 2.1). Jede neue Variante brachte zum Teil deutliche Verbesserungen mit sich, die Feature- Liste wurde immer länger. Beispielsweise konnte man mit Éclair erstmals digitalen Zoom und Blitzlicht verwenden. Der Nachfolger Froyo (2.2 bis 2.2.2), veröffentlicht im Mai 2010, ermöglichte Android- Smartphones, mehr als 256 MB Arbeitsspeicher (RAM) zu nutzen. Mit Gingerbread (2.3 bis 2.3.7) hielt im Dezember 2010 die Near-Field-Communication- Technologie (NFC) Einzug in die Android- Welt. Honeycomb (3.x) kam ab Februar 2011 und ausschließlich auf Tablets zum Einsatz. Ice Cream Sandwich (4.0 bis 4.0.4), veröffentlicht im Oktober 2011, war die erste Android-Version, die für Smartphones und Tablets gleichermaßen konzipiert wurde. Im Sommer 2012 ging es weiter mit Jelly Bean (4.1 bis 4.3.1) und vielen Detailverbesserungen.

Seinen Sinn fürs Geschäft dokumentierte Google im Herbst 2013, als die Version 4.4 im Rahmen einer Markenkooperation mit dem Lebensmittelkonzern Nestlé nach dessen Produkt Kitkat benannt wurde – zum gegenseitigen Nutzen, versteht sich. In Kitkat wurde unter anderem die Druckfunktion über Google Cloud Print eingeführt. Die (noch) aktuelle Version Lollipop (5.0 bis 5.1) brachte Ende 2014 das neue Material Design und damit vor allem optische Veränderungen mit sich. Die nächste Version namens Marshmallow (6.0) hat dagegen vor allem unter der Haube viel Neues zu bieten.

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