Alles über Glasfaser: Ein Überblick
Im Prinzip sind sich alle einig: Deutschland braucht mehr Glasfaseranschlüsse. Viel mehr. Doch der Weg an dieses Ziel ist steinig – und wenn es endlich so weit ist, müssen sich Nutzer mit einer Menge noch ungewohnter Technik vertraut machen.

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Zahlen und Statistiken zum Glasfaserausbau in Deutschland gibt es jede Menge. Eine der neueren kommt von der OECD: Demnach sind hierzulande gerade mal 8,1 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse in Glasfasertechnik ausgeführt. Zum Vergleich: In Südkorea sind es 87,3 Prozent, in Spanien 81,...
Zahlen und Statistiken zum Glasfaserausbau in Deutschland gibt es jede Menge. Eine der neueren kommt von der OECD: Demnach sind hierzulande gerade mal 8,1 Prozent aller stationären Breitbandanschlüsse in Glasfasertechnik ausgeführt. Zum Vergleich: In Südkorea sind es 87,3 Prozent, in Spanien 81,2 Prozent und in Frankreich 51,4 Prozent. Selbst im Flächenstaat USA liegt der Wert bei 19,9 Prozent – und der OECD-Durchschnitt bei 35,9 Prozent. Nur in drei OECD-Ländern ist der Anteil noch niedriger als bei uns: Österreich, Belgien und Griechenland.
Die Gründe für dieses Hinterherhinken sind hausgemacht. Denn es hätte hierzulande auch ganz anders laufen können: Schon 1981 startete die Deutsche Bundespost Pilotversuche mit – allerdings noch sehr begrenzten – Glasfaser-Ortsnetzen in West-Berlin, Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Stuttgart, Nürnberg und München.
Seinerzeit empfahl die Enquetekommission Neue Informations- und Kommunikationstechniken den Aufbau eines bundesweiten Glasfasernetzes. Nach damaligen Schätzungen hätte dieser Ausbau 200 bis 300 Milliarden D-Mark gekostet und 30 bis 40 Jahre gebraucht.

Zugegebenermaßen berücksichtigt diese Hochrechnung weder die 1995 vollzogene Privatisierung auf dem Telekommunikationsmarkt noch die 1990 erfolgte Wiedervereinigung. Doch wären die damaligen Pläne umgesetzt worden, läge die Glasfaserverbreitung in Deutschland heute wohl mindestens auf dem Niveau des Weltranglistenersten Südkorea.
Dass es stattdessen deutlich anders lief, ist hinlänglich bekannt. Ein wesentlicher Hemmschuh war die Entscheidung der Regierung Helmut Kohl, statt Glasfaser lieber auf den Ausbau von Kabelfernnetzen zu setzen – um dem vermeintlich links eingestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk konservativer ausgerichtetes Privat-TV entgegenzusetzen.
Schneller Vorlauf nach heute: Laut der Marktanalyse des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, VATM, wurden Ende 2022 in Deutschland rund 12,3 Millionen Haushalte mit „echten“ Glasfaseranschlüssen (FTTH oder FTTB) erreicht – von denen 3,4 Millionen diese Anschlüsse tatsächlich nutzen. Bezogen auf knapp 41 Millionen Haushalte ergibt sich die auch von der OECD berechnete Marktdurchdringung von rund 8,1 Prozent.
Jetzt geht es doch voran, wenn auch langsam
Immerhin, die Erkenntnis, dass die Entscheidung kontra Glasfaser und pro Koax-Kabel folgenschwer war, ist längst überall angekommen. Als Teil ihrer Digitalstrategie will die aktuelle Bundesregierung bis Ende 2025 rund die Hälfte und bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaseranschlüssen versorgen.
Der Weg dahin ist zwar noch weit, aber erste Erfolge sind zu erkennen: Allein die Telekom will ab jetzt pro Jahr weitere 2,5 Millionen Haushalte ans Glasfasernetz bringen. O2 plant 2,2 Millionen Haushalte zu versorgen, Vodafone will gemeinsam mit der Deutschen Glasfaser eine weitere Million Haushalte erreichen – allerdings sind letztere Ziele ohne Angabe eines Jahres formuliert.
Die Deutsche Glasfaser plant, ihren eigenen Ausbau von aktuell rund 400.000 Haushalten pro Jahr auf rund 800.000 pro Jahr ab 2025 hochzufahren. Hinzu kommt eine beträchtliche Anzahl regional tätiger Anbieter von lokalen Telcos bis hin zu Stadtwerken & Co.
Die Konsequenz all dessen in der Praxis: Während sich von den Haushalten, die bereits mit Glasfaseranschlüssen erschlossen sind, nur rund ein Drittel auch für einen solchen leistungsstarken Internetanschluss entscheidet, warten andere händeringend darauf, dass ihre Adresse endlich von einem Anbieter versorgt wird.
Aber dieser Effekt ist bei einem Ausbau, der zwangsläufig Straße für Straße und Wohnhaus für Wohnhaus erfolgen muss, kaum zu vermeiden. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang nur die vor allem von kleineren Anbietern kritisierte Praxis des „Überbauens“: Da, wo ein Anbieter Glasfaser verlegt, folgen auch bald weitere und machen dem lokalen Pionier Kunden abspenstig.
Sinnvoller erscheint da das von den kleinen Anbietern in die Diskussion gebrachte Open-Access-Modell, das alternativen Anbietern erlauben würde, auf einer schon verlegten Glasfaser eigene Angebote bereitzustellen.
Große regionale Unterschiede
Im Übrigen gibt es auch innerhalb der Bundesrepublik deutliche Unterschiede bei der Glasfaserverfügbarkeit. Während im Stadtstaat Hamburg 80,3 Prozent der Einwohner einen Glasfaseranschluss bekommen könnten, sind es im Saarland nur 3,3 Prozent. Recht gut sieht es noch in Schleswig-Holstein (31,3 Prozent), Bayern (17,7 Prozent) und Sachsen (17.6 Prozent) aus.
NRW, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Bremen, Hessen und Sachsen-Anhalt liegen mit 10 bis 15 Prozent im Mittelfeld. Im unteren Drittel der Liste finden sich Brandenburg, Berlin, Rheinland-Pfalz, Baden- Württemberg, Thüringen und eben das Saarland. Grundsätzlich herrscht auch nach wie vor ein starkes Gefälle zwischen städtischen und ländlichen Regionen.
Warten auf die Faser
Gerade connect-Lesern dürfte klar sein, dass „echte“ Glasfaseranschlüsse nach FTTH-Prinzip (siehe Grafik unten) den kupferbasierten Alternativen DSL und Koax haushoch überlegen sind. Wer auf diese Königklasse in Sachen Internetanbindung wartet, bislang vom Ausbau aber noch nicht erreicht wurde, hat sich vermutlich schon längst auf einer entsprechenden Interessentenliste eingetragen.
Diese frühe Erklärung der Bereitschaft, einen entsprechenden Anschluss zu buchen, ist dabei auch eine wichtige Planungsgrundlage für die Anbieter. Deshalb lautet ihr Angebot häufig: Wer sich vor dem Ausbau in einer Region verbindlich für einen Anschluss entscheidet, zahlt für die Erschließung seines Heims weniger oder gar nichts.
Wer später kommt, trägt höhere Erschließungsgebühren. Damit sind im Übrigen nicht die einmaligen Einrichtungsgebühren in den Tariftabellen gemeint, sondern Hausanschlussgebühren, die schnell in einer Größenordnung von 1000 oder mehr Euro liegen können. Hier lohnt es sich, die Angebote genau zu studieren.

In unserer Tarifübersicht (siehe pdf-Download unten) geben wir die monatlichen Grundgebühren übrigens ohne Werbenachlässe, Gutschriften und Ähnliches an. Da die Anzahl der an einer Adresse verfügbaren Glasfaseranbieter in der Regel begrenzt ist, ist das bei Sparfüchsen beliebte Hin - und Herspringen zwischen Tarifschnäppchen in diesem Bereich ohnehin nur eingeschränkt möglich.
Während es etwa im Nachbarland Schweiz auch schon Glasfaserleitungen bis zu 10 Gigabit/s (Standard „XGS-PON“) gibt, enden die Angebote für Endverbraucher in Deutschland bei 1 Gigabit/s. Die hierzulande tätigen Anbieter erklären, dass sie dem schnellen Ausbau in der Breite bis auf Weiteres den Vorzug gegenüber solchen Hochleistungsangeboten geben wollen.
Bei GPON-Anschlüssen wäre ein Zwischenschritt mit Datenraten bis 2,5 Gbit/s denkbar, während AON aktuell auf 1 Gbit/s limitiert ist. Dennoch bieten zumindest die Glasfasern an sich so hohe Kapazitätsreserven, dass sie bei denkbaren künftigen Upgrades der Datenraten auf jeden Fall weiter genutzt werden können.
Ersetzt werden müsste dann lediglich die Technik in den Kopfstationen. In jedem Fall profitieren Fiber-Kunden aber schon heute davon, dass sie zumindest bei höheren Anschlussgeschwindigkeiten deutlich höhere Uplink-Bandbreiten erhalten als es etwa bei DSL oder Coax-Kabel möglich ist.
Wenn es endlich so weit ist
Hat das Warten schließlich ein Ende, gilt es für angehende Glasfasernutzer, sich mit der im Vergleich zu DSL und Koax durchaus speziellen und variantenreichen Fibertechnik zu befassen. Denn im Detail nutzen die Anbieter unterschiedliche Technikvarianten – angefangen bei der Frage, ob es sich um eine aktive oder passive Glasfaser-Infrastruktur handelt bis hin zu der genauen Ausführung von Anschlussdose und Übergabepunkt.
Die Deutsche Telekom und die meisten überregionalen Anbieter setzen übrigens auf GPON, einige lokale Anbieter sowie Glasfaser-Provider auch in Österreich oder der Schweiz nutzen hingegen AON. Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt und einen FTTB-Anschluss bekommt, könnte übrigens weiterhin einen kupferbasierten Teilnehmeranschluss erhalten – der die Glasfaser aus dem Keller dann per VDSL2 oder G.fast in die Wohnungen weiterleitet.
Je nach Leitungsführung und auf den Strängen zusätzlich übertragenen Signalen kann in solchen Fällen trotz „Glasfaser-Anschluss“ schon bei 100 bis 300 Mbit/s Schluss sein. In der Regel bieten Glasfaser-Provider zu der von ihnen verlegten Technik passende ONTs (Glasfasermodems) oder Router an. Wer einen vorhandenen WLAN-Router weiter nutzen möchte, kann dies häufig mit einem passenden, separaten Glasfasermodem tun.

Info: GPON - AON
GPON – Gigabit Passive Optical Network
Bei der Verlegungsvariante PON oder GPON führt eine Glasfaser zu einem optischen Splitter, der die darauf übertragenen Signale auf typischerweise bis zu 32 ONTs aufteilt. Die Glasfaser wird somit zum „Shared Medium“ – aus prinzipieller Sicht nicht anders als beim Breitbandkabel, allerdings zumindest schneller und zuverlässiger.
AON – Active Optical Network
Bei AON führt eine eigene Glasfaser vom Netzverteiler zu jedem einzelnen Endkunden beziehungsweise Abschlusspunkt (APL). Der Begriff „aktiv“ verdeutlicht, dass auf dem Weg dorthin aktive Komponenten wie Switches oder Multiplexer eingesetzt werden. Daher lassen sich mit AON auch längere Strecken (bis rund 50 km) überwinden.

Die Deutsche Telekom bietet für ihre eigenen Glasfaserkunden mittlerweile die Sondervariante „Speedport Smart 4 Plus“ (hier unser Test) ihres Haus-und-Hof-Routers mit integriertem ONT an. Doch grundsätzlich gilt an Glasfaseranschlüssen dieselbe Routerfreiheit wie auch an DSL- und Kabelanschlüssen.
Auf diese Tatsache setzt beispielsweise AVM mit ihrem im Frühjahr angekündigten neuen Topmodell Fritzbox 5690 Pro. Dieses Gerät, das im zweiten Halbjahr erscheinen soll, ist auch schon für den neuen WLAN-Standard Wi-Fi 7 vorbereitet. Es enthält sowohl ein Modem für VDSL2 als auch einen SFP-plus-Steckplatz, für den die Berliner Adapter für die hierzulande üblichen Anschlussvarianten AON und GPON beilegen.
Mit dem Schwestermodell Fritzbox 5690 XGS hat AVM zudem eine eigene Variante für den 10-Gigabit-Glasfaserstandard XGS-PON in der Pipeline. Auch von weiteren Routeranbietern könnten in absehbarer Zeit eigene Glasfaserversionen ihrer Modelle folgen.

Details zum Anschluss
Für den Anschluss eines eigenen Glasfasermodems beziehungsweise Routers mit integriertem ONT an die Teilnehmeranschlussdose brauchen Sie zudem das passende Glasfaserkabel. Hier kommt es auf die Kombination aus den auf dieser Seite abgebildeten Steckerformen und Faserschliffvarianten an.

Typisch, aber nicht zwingend, ist bei AON und GPON die Variante LC/ APC – häufig zu erkennen an einem grünen Stecker. XGS-PON nutzt im Gegenzug häufig die Steckervariante SC/UPC mit einem blauen Stecker. Auch an der Anschlussdose sind APC-Buchsen überlicherweise grün und UPC-Buchsen meistens blau ausgeführt.
Statt der Schiffvariante UPC kann man immer auch PC verwenden, ohne Übertragungsnachteile zu riskieren. Ist eine Adaptierung nötig, finden sich im Zubehörhandel Kabel, die an ihren beiden Enden alle erforderlichen Stecker- und Schliffvarianten aufweisen. Auch Aufsteckadapter zum Beispiel von LC/APC auf SC/APC sind auf diesem Weg erhältlich.

Übrigens: Glasfaserkabel sind recht stabil. Übel nehmen sie ihrem Besitzer aber, wenn sie scharf geknickt werden. Sofern Sie selbst Glasfaserleitungen in ihrem Haus verlegen, führen Sie Richtungsänderungen deshalb immer mit einem großzügigen Biegeradius aus. Ist der physische Anschluss hergestellt, bleibt als letzte Hürde noch die Konfiguration der Anmeldedaten.
Viele Anbieter stellen ihren Kunden einen Einrichtungslink zur Verfügung, der die Endgerätekonfiguration anstößt. Für ältere Anschlusstypen benötigen Sie möglicherweise eine „ONT-Installationskennung“, die zum Beispiel auf dem „Modempass“ eines bereits genutzten Glasfasermodems zu finden ist.

Im Zweifel sollte auch die Hotline oder der Support-Chat des Anbieters weiterhelfen können. Will man Sie bei dieser Gelegenheit auf die selbst bereitgestellte Hardware festnageln, weisen Sie darauf hin, dass Sie qua Gesetz zur Nutzung eines eigenen Routers berechtigt sind. Sind die nötigen Konfigurationsdaten eingegeben, erbitten Sie beim Anbieter ein „Rediscovery“. Anschließend dürfen Sie sich hoffentlich über einen Internetzugang in annähernd Lichtgeschwindigkeit freuen.