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Schallempfindlichkeit bei Plattenspielern

3.8.2010 von Dalibor Beric

Mit erweiterten Messmethoden untersucht stereoplay, wie empfindlich Plattenspieler auf Schall im Raum reagieren. Mit überraschenden Ergebnissen.

ca. 3:45 Min
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Ratgeber Schallempfindlichkeit bei Plattenspielern
Versuchsaufbau
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Dass Plattenspieler sensibel auf Luftschall (Mikrofonie) sowie Trittschall reagieren, ist Kennern wohl bekannt. Und dass sie dabei auch erkennbar auf den Untergrund ansprechen, hatte stereoplay spätestens während der Messungen zum Brinkmann Brado (5/10) festgestellt. Doch wie stark schlagen sich diese Sensibilitäten nieder?

Versuchs-Anordnung

1. Im Lautsprechermessraum von stereoplay nimmt ein Mikrofon den Frequenzgang der Vergleichsbox auf, der dann zur Vorentzerrung verwendet wird.

2. Der Tonabnehmer auf einer ruhenden Schallplatte liefert Signale, die als Folge der Schallbestrahlung entstehen.

3. Die Phonovorstufe entzerrt und verstärkt das Tonabnehmersignal und liefert es an die Messgeräte. Dabei ist das Signal auf 0 DB (entsprechend 8cm/s Schnelle) geeicht.

Dafür ersannen wir einen Aufbau, in dem Plattenspieler einem lauten (100 dB) Sinus-Sweep ausgesetzt werden. Sie stehen dazu im reflexionsarmen Lautsprechermessraum auf dem Naim-Rack Fraim und werden von einem potenten Sub/Sat-System beschallt (Teufel M 1000 TCR THX Ultra 2 plus Subwoofer M 4000).

Zur absoluten Bewertung muss freilich der nicht lineare Frequenzverlauf der Lautsprecher ausgeglichen werden. Dazu nimmt ein Mikrofon den Frequenzgang des Sets auf. Das Mikro ist nahe des Abtasters aufgehängt, um so die Richtwirkungen der Lautsprecher und die Reflexionen an Schallplattenspieler beziehungsweise am Rack mit einzubeziehen.

Den so ermittelten Frequenzgang nutzt Laborleiter Schüller für eine Vorentzerrung des Mess-Signals: Der auf den Plattenspieler auftreffende Schall soll ja absolut linear sein. Die Messung wurde bei 40 Hz nach unten begrenzt, um den Woofer vor subsonischen Frequenzen zu schützen. Dann wurde der Pegel des Tonabnehmers mit DIN-Platte auf 0 dB geeicht, um unterschiedliche Ausgangsspannungen verschiedener Modelle auszugleichen.

Als letzer Schritt wurde der Tonabnehmer auf die ruhende Schallplatte aufgesetzt, der Plattenspieler beschallt und das Signal des Abtasters als Frequenzverlauf aufgenommen.Als erstes machten wir den Vergleich Sub-Chassis (Linn LP 12 Radikal mit dem Abtaster Lyra Titan i, Test: 6/09) gegen Masse-Laufwerk (Brinkmann Bardo mit Brinkmann EMT ti, Test: 5/10) - beide gemessen auf dem Naim-Rack.

Die Unterschiede waren dabei verblüffend groß (Diagramm 1). Der LP 12 verdaute nicht nur den Tieftonbereich zwischen 40 und 200 Hertz deutlich besser (bis zu 25 dB weniger Rückwirkung), sondern verhielt sich auch im Bereich zwischen 700 Hz und 20 KHz weniger empfindlich. Aber wie reagiert der weniger sensible Linn auf Unterschiede des Untergrunds beziehungsweise auf verschiedene Racks?

Bildergalerie

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Messdiagramme des Versuchs

Messdiagramme des Versuchs

Der Brinkmann (blau) reagiert auf dem Naim-Rack bei Schallwellenbeschuss deutlich stärker als der Linn (grün), dessen Reaktionen auf dem TimeTable im…

Erkennbar. Auf einem Time Table zeigte er sich im Bassbereich bis 80 Hz und im Hochton ab 3 kHz weniger empfindlich. Auf dem Naim-Rack war der Bereich zwischen 1 und 3 kHz glatter. Die Messungen korrelieren mit den Hörerfahrungen der Redaktion, in denen der LP 12 auf TimeTable stets konturierter im Bass, feiner im Hochton und lebendiger klangen.

Am Mittelklasse-Laufwerk Rega Planar 3 (Test: 1/08) überprüften wir den Einfluss diverser Filzmatten. Auch hier gab es deutliche Unterschiede: Mit Original-Matte war der Rega im Bereich zwischen 9 und 15 kHz bis zu 10 dB empfindlicher als mit dem Filz von Linn.

Überraschenderweise zeigte sich sogar ein leichter Unterschied zwischen den beiden Seiten der Linn-Matte; der wichtige Bereich zwischen 3 und 8 kHz ist bei einer Seite etwas weniger ausgeprägt. Das bestätigte auch die Meinung vieler Fans, ein Drehen des Filzes hätte klanglichen Einfluß. Der Nachteil hier: Die Seiten sehen völlig identisch aus; der geneigte Plattenspieler-Hörer muss beide ausprobieren.

Die letzten Tests sollten klären, wie unterschiedliche Tonabnehmer in einem Plattenspieler auf den Schallwellenbeschuss reagieren. Dafür stellten wir den Einsteiger-Dreher Pro-Ject Essential (Test: Seite 42) auf den TimeTable und bauten abwechselnd das Ortofon OM 3 E und die stereoplay-Referenz Lyra Titan i ein. Ergebnis: Mit dem Lyra zeigte sich der Essential zwischen 2 bis 5 kHz bis zu 10 dB weniger empfindlich. Noch besser verhielt sich der Pro-Ject allerdings - selbst mit dem günstigen OM 3 E - wenn er auf dem Naim-Rack stand. Für dieses Laufwerk schien das Fraim einfach vorteilhafter zu sein.

Mit diesen Ergebnissen sind wir aber noch nicht am Ende. In einer der nächsten Ausgaben gehen wir der Frage nach, wie schnell Plattenspieler nach der Beschallung zur Ruhe kommen. Die Testfactory ist bereits dabei, eine Wasserfallmessung zu entwickeln und einen Aufbau zu schaffen, der Betrachtungen im Tiefbassbereich ermöglicht.

 

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Technik: Die Messergebnisse

Dass die Messungen solche Unterschiede zu Tage fördern würden, hatten die Tester nicht vermutet. Nicht nur verschiedene Reaktionen der Plattenspieler selbst ließen sich protokollieren, auch der Einfluß der Racks, der Tonabnehmer und sogar der Auflagematten zeigten sich in den Untersuchungen. Da man hier viel Klangeinfluss vermuten kann, bleibt stereoplay am Ball und wird versuchen, auch noch den Tiefbassbereich mit einzubeziehen. Schließlich spielt dieser im Zusammenhang mit Trittschall eine wichtige Rolle.

Ebenfalls auf der Wunschliste: ein Verfahren, das dokumentiert, wie schnell sich Plattenspieler nach der Schallbestrahlung beruhigen - nach Vorbild des so genannten Wasserfall-Diagramms, das bei Lautsprechern das Abklingspektrum zeigt.

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