Smarter Verstärker
Harman / Kardon Citation Amp im Test
Die smarte Citation-Serie von Harman/ Kardon ist um den neuen Verstärker Citation Amp gewachsen, mit ihm lassen sich nun Passivlautsprecher einbinden.

Harman/Kardon hat sich mit den Citation-Verstärkern einen Namen gemacht. In den Siebzigern sorgten die Amerikaner bei Technikfans und Fachzeitschriften für Aufsehen, weil sie Erkenntnisse eines gewissen Matti Otala in ihre Überlegungen einfließen ließen. Der Finne hatte die „TIM“-Verzerrungen entdeckt; das Kürzel steht für „Transient Intermodulation“ und beschreibt die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Frequenzen in der Endstufe.
Mit solch weltbewegenden Entdeckungen wartet Harman beim neuen Citation Amp nicht auf, aber immerhin mit einer praxisgerechten Lösung für ein lästiges Problem, das üblichen Class-D-Endstufen anhaftet: Sie reagieren kritisch auf Impedanzen.
Die Kompaktheit und die perfekte Einbautauglichkeit basieren auf der Digitalverstärkertechnik, die von einem externen Infrarotauge als IR-Extender mit langem Kabel unterstrichen wird. Diese Technik produziert wenig Verlustwärme, vergeudet also kaum Energie und ermöglicht somit leistungsfähige Verstärker in kleinen Gehäusen. Der Nachteil: Sie reagiert meist sensibel auf unterschiedliche Lautsprecherlasten, was auch die Frequenzgangmessungen aus dem Messlabor an verschiedenen Impedanzen zeigen.

Laststabil
Dieser Effekt äußert sich in teils erheblichen Pegelunterschieden bei hohen Frequenzen. Das liegt an einer Wechselwirkung zwischen dem bei Digital-Endstufen nötigen Tiefpassfilter und der Lautsprecher-Impedanz. Ähnlich, wie man es von Hypex-Verstärkermodulen kennt, hat Harman eine Lösung ausgetüftelt, die das verhindert. Die Amerikaner binden dazu mit ihrem „Digital Loop Amplifier“ (DLA) den Lautsprecherausgang in die Feedback-Schleife der Class-D-Ausgangsstufe ein. Ein hochwertiger Highspeed-A/D-Wandler speist dafür das analoge Endergebnis ein, wodurch detektierte Abweichungen vom Ursprungssignal in die digitale Gegenkopplungsschleife einbezogen und korrigiert werden können.
Sehr smart, denn so maßen wir für 2, 4 und 8 Ohm auch am oberen Ende des Hörbereichs jeweils denselben Frequenzgang. Damit unterstreicht Harman den Anspruch des zierlichen, lifestyligen Verstärkers, der sich auch beim Anfassen des mattschwarzen Gehäuses äußert, das entfernt an den Mac Mini erinnert: Es besteht aus Leichtmetall mit satter Materialstärke. Die Schlichtheit der Gestaltung äußert sich auch in der Fernbedienung, die wie die glattflächige Gerätefront mit wenigen Tasten auskommt.
Viele dürften den Citation Amp, der als Ergänzung einer Serie von Aktivboxen im Sonos-Stil gedacht ist, allerdings per Smartphone oder Tablet steuern. Dazu muss der Nutzer ohne Ausnahme auf die Google Home App zurückgreifen, was eine Registrierung beim Suchmaschinen-Giganten einschließt, sofern man dort noch kein Konto führt.

Keiner bleibt zurück
Innerhalb der Citation-Serie bildet der Amp eine Brücke für alle klassischen HiFi-Fans, die im Wohnzimmer auf Quellen wie CD-Spieler oder DVD-Player ebenso wenig verzichten wollen wie auf ihre passiven Boxen – obwohl in der Küche oder im Arbeitszimmer aktive One-Box-Systeme oder Stereo-Aktivboxen der Citation-Serie für Unterhaltung sorgen. Dafür stellt der Amp einen Analog-Eingang und drei Digital-Ins bereit. Außer einem koaxialen und einem optischen S/PDIF-Eingang gibt es eine HDMI-Buchse mit Audio-Rückkanal (ARC) zum Anschluss an den Fernseher.
Der Harman/ Kardon Citation Amp ermöglicht zudem Musikstreaming via Google Chromecast oder Bluetooth. Bei dieser zeitgemäßen Verwendung muss der Amp wie auch beim Streamen über LAN oder WLAN nicht in einem Rack untergebracht werden, wenn keine konventionellen HiFi-Kompenten mit ihm verbunden werden müssen. Warum den Amp nicht einfach an die Wand hängen? Diese Überlegung hat Harman offensichtlich angestellt und das Gerät so gestaltet, das er sich auch so montieren lässt.
Klingt wie ein Großer
Der Citation Amp spielte klanglich ganz groß im Hörraum auf. Ohne Berührungsängste selbst mit großkalibrigen Boxen wie den B&W 802 D3 – als Extrembeispiel – lieferte der kleine Vollverstärker eine rundum gelungene Vorstellung ab. Tonal erwies sich der Class-D-Amp als ungeheuer neutral, ohne dabei etwa nüchtern zu wirken. Männliche und weibliche Stimmen wurden gleichberechtigt, ausgewogen und sehr authentisch wiedergegeben – wir hatten keine Beanstandungen vorzubringen. Den Bassbereich beackerte der Kleine sehr wacker.
Drums besaßen Kontur und guten Tiefgang. Auch Impulsivität und Timing wirkten keinesfalls kompromissbehaftet. Dieser kompakte Zonen-Vollverstärker zeigte sehr ordentliche Kraftreserven, die mit einer ganzen Reihe von Lautsprecherboxen für ein normales Wohnzimmer mehr als ausreichend dimensioniert sind. Und wer ein 360-Grad- Konzert- oder Kino-Feeling sucht, kann den Citation Amp drahtlos mit dem Citation Subwoofer und den Citation Surround-Boxen koppeln.
Fazit
Je länger man sich mit diesem Amp befasst, desto größer wird der Respekt vor dem kleinen Kästchen. Beim Anfassen registriert man die solide Bauweise, beim Anschließen freut man sich über die praxisgerechte Konnektivität. Und beim Anhören stellt man erstaunt fest: Der mattschwarze Mini macht dem Namen Citation alle Ehre.