KEF LS50 Wireless im Test
Die KEF LS50 Wireless setzt Maßstäbe: Die Aktivbox präsentiert sich im Test als erstaunlich vollwertig und spielt hervorragend im Netzwerk - aber auch ohne.

Für die meisten HiFi-Fans blieb die KEF LS50 eher eine Randerscheinung, kam sie doch 2012 als Sondermodell zum 50-jährigen Firmenjubiläum heraus und blieb im Portfolio der Briten ein Unikum. Dabei war die kleine koaxiale Kompaktbox technologisch führend und nahm ein Niveau der Chassis-Technologi...
Für die meisten HiFi-Fans blieb die KEF LS50 eher eine Randerscheinung, kam sie doch 2012 als Sondermodell zum 50-jährigen Firmenjubiläum heraus und blieb im Portfolio der Briten ein Unikum. Dabei war die kleine koaxiale Kompaktbox technologisch führend und nahm ein Niveau der Chassis-Technologie vorweg, das erst Jahre später bei anderen Modellen zu erstehen war, aktiv überhaupt nicht.
Überhaupt wundern sich nicht wenige Marktbeobachter, warum man in Maidstone, England, nur so spärlich mit vollaktiven Lautsprechern auf den mittlerweile boomenden Markt kommt, und wenn, dann eher im Einsteigerbereich.
Die Antwort könnte die neue LS50 Wireless liefern: Obwohl sie äußerlich dem passiven Modell zum Verwechseln ähnlich sieht, steckt in Elektronik und Software so viel Köpfchen, dass man die längere Entwicklungszeit als gerechtfertigt ansieht. Mit dem einfacheren Modell XA-300 Wireless hat die LS50 absolut nichts mehr gemein außer der Verwirrung bei der Namensgebung „Wireless“. Denn in Wahrheit handelt es sich bei der LS50 Wireless um eine vollwertige Aktivbox mit nicht weniger als fünf kabelgebundenen Eingängen (einer analog, vier digital) und einem eingebauten Streaming-Client nebst proprietärer Software.
Ein bisschen Wireless
Dass dieser das Streaming in normaler Auflösung auch drahtlos über WLAN beherrscht sowie von mobilen Geräten Signale per Bluetooth (Version 4.0 mit aptX) entgegennimmt, mag die Bezeichnung „Wireless“ rechtfertigen, ist aber sowohl für den (semi-)professionellen Anwender als auch für den HiRes-begeisterten HiFi-Fan eher eine Randnotiz.
Denn für die Wiedergabe hochauflösender Formate oder den Anschluss an vorhandene Quellen und HiFi-Komponenten ist eine klassische Verkabelung vonnöten, ein getrenntes Sendermodul wie bei anderen Wireless-Konzeptlautsprechern gibt es nicht. Dabei zeigt sich die KEF aber erstaunlich vollwertig, ihr Anschlussfeld ersetzt locker nebenbei einen kleinen DAC/Vorverstärker bzw. damit die gesamte Anlage. Was gar nicht so unrealistisch ist, denn mit dem Bedienfeld auf der rechten Master-Box plus der Infrarot-Fernbedienung plus der enorm vielseitigen und funktionsstarken App für Smartphone oder Tablet lässt die KEF tatsächlich wenig Bedienungswünsche offen.
Über USB oder Ethernet-Verkabelung akzeptiert diese kleine Kompaktanlage der Zukunft dann HiRes-Signale bis 192/24, über klassische Digitalkabel bis zu 96 kHz, allerdings verweigert sie sich der nativen Verarbeitung von DSD-Files, denn die Signale werden verlustfrei und ohne Transcoding der internen Weichenelektronik zugeführt, die auf PCM basiert. Dafür arbeitet diese eben auch verlustfrei, der interne DSP rechnet in deutlich höherer Auflösung als akustisch notwendig, um Rundungsfehler zu vermeiden.

Mehr klassische Technik
Das koaxiale UniQ-Chassis wurde direkt der passiven Version entlehnt: Der ringförmige Tiefmittelton-Konus aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung im 13er-Format beherbergt innerhalb seiner Schwingspule noch einen Hochtöner und stellt zugleich dessen Schallführung dar. Damit sich beide akustisch nicht in die Quere kommen, sorgt eine Kombination aus Waveguide und kronenförmiger Schalllinse vor dem Hochtöner für homogene Abstrahlverhältnisse, und auch die Sicke des Konus ist wellenförmig geformt und stellt für hohe Frequenzen daher kein Hindernis dar.
Diese Philosophie, die der hauseigenen Superbox Blade entlehnt ist, findet sich auch in der Schallwand wieder: Ihre Beugung entspricht dem Ausschnitt aus einer virtuellen riesigen Kugel und minimiert rechtwinklig zu der Membran abgestrahlte Schallanteile und damit Kantenreflexionen deutlich.
Getrieben werden die beiden von zwei unterschiedlichen Endstufen: einem 200 Watt starken Schaltverstärker für den Konus und einer 30 Watt kräftigen, rein analogen MOSFETEndstufe für den Hochton. Was auch den kräftigen Kühlkörper auf der Rückseite erklärt, die zugleich Bassreflexrohr und die umfangreiche digitale Elektronik beherbergt. Diese vollführt sämtliche Weichen- und Entzerrer-Funktionen per digitalem DSP und stellt sogar eine perfekte Zeitrichtigkeit für alle Frequenzen her, was mit einer passiven Weiche völlig unmöglich wäre.
Sehr viel Musik
War das der Grund, warum sich das aktive Modell gleich vom ersten Takt an so weit vom passiven Counterpart absetzte? Das lässt sich nicht mit letzter Gewissheit sagen. Doch schienen vor allem die zeitliche Homogenität und die hervorragende Einbindung des nicht übermäßig voluminösen, aber satt tiefen Basses bei Stanley Clarkes „Justice Grooves“ die Vorteile der DSP-basierten Filterung und Zeitrichtigkeit zu bestätigen. Da schnalzten die E-Bass-Saiten und knallten die Bassdrums, dass es eine Freude war, wo die Passive im Germurmel etwas den Überblick verlor. Wobei die aktive LS50 charakterlich sonst eher zu sanfteren, ruhigeren Tönen neigte: Tonal bildete sie die Lyoner Kirche in Cesar Francks „Messe für drei Stimmen“ (Bernard Tetu, Aeolus) eine Spur dunkler ab, gerade wenn nicht genau auf den Hörer gerichtet, was sich aber in den akustischen Einstellungen per „Treble Trim“ gut korrigieren ließ. Dann strahlten die Klangfarben mit einer Pracht, die High-End-Boxen würdig ist; dabei blieb die Darstellung bis in gehobene, wenn auch nicht übertriebene Pegeldimensionen flüssig und erwachsen.
Mit der Wireless-Version der LS50 setzt KEF doppelt Maßstäbe: beim realistischen Klangaus einer so kleinen Aktivbox, und beim multifunktionalen Streaming-und Bedienkonzept.

Am besten selbst machen: Die KEF-App
Während andere Hersteller von Streaming-fähigen Boxen auf UPNP-fähige Standard-Player-Software setzen, hat KEF für die LS50 Wireless eine komplett eigene Oberfläche (für Android oder iOS) programmiert. Insbesondere die Möglichkeiten zur Beherrschung verschiedener kabelgebundener Eingänge oder auch des parallel verfügbaren Bluetooth machen einen eigenen Controller auch schlicht notwendig. Der sich im Praxistext hervorragend schlug: So war die Schritt-für-Schritt- Anleitung mit genauer Anzeige, was Display und Bedienung anzeigen sollen, besonders beim Verbinden der Box mit dem heimischen WLAN ein echter, nervenschonender Gewinn. Durchsuchen der eigenen Musiksammlung und Abspielen einzelner Tracks oder ganzer Alben klappte im Test problemlos, aber nicht ganz so schnell wie bei anderen Apps. Streaming- Dienste wie Tidal und Deezer sollen in einem der nächsten Updates eingebunden werden. Aus Sicht des Audiophilen praktisch sind die Anzeige von Formaten und Auflösungen sowie das vorbildliche Einstellungsmenü für die Raumkorrektur.