Marantz Model 60n im Test: Bewährte Class A/B-Technik trifft auf Hi-Res Streaming
Streaming ist angesagt. Musikdienste sind angesagt. Musik wird gemietet. Wer noch Musik besitzt, ist ein Freak. Oder schlimmer: ein HiFi-Freak. Am besten, man hat Equipment, das sich für beides eignet. Wie der Marantz Model 60n.

Die Zeiten ändern sich. HiFi ändert sich. Neue Geräte, neue Verfahren, neue Bedürfnisse. Neue Bedienung. Wer gern noch an einem satt laufenden Lautstärkesteller drehen will, ist hoffnungslos altmodisch. Tippen ist angesagt, Tippen auf Displays. Letztere sterben (an den Geräten) gerade auch w...
Die Zeiten ändern sich. HiFi ändert sich. Neue Geräte, neue Verfahren, neue Bedürfnisse. Neue Bedienung. Wer gern noch an einem satt laufenden Lautstärkesteller drehen will, ist hoffnungslos altmodisch. Tippen ist angesagt, Tippen auf Displays. Letztere sterben (an den Geräten) gerade auch wieder aus. Man tippt nicht mehr auf Tasten. Man tippt auf das Handy. Oder auf ein Pad.

Die ersten vollständigen (Verstärker-)Black Boxes tauchen auch schon auf. Zusammen mit drahtlos angesteuerten Aktivlautsprechern sind nicht einmal mehr Anschlüsse nötig. Oder doch: ein Netzkabel. Dennoch, der Wunsch nach einem schön anzusehenden Verstärker ist (noch) nicht totzukriegen. Zugegeben: Eine schöne HiFi-Anlage ist Technikspielzeug und Statussymbol zugleich. Sie unsichtbar werden zu lassen, mag im Sinne manches Erfinders sein, aber nicht im Sinne des Nutzers.
Marantz hat das verstanden. Und was dabei herauskam, ist faszinierend, weil es voller Widersprüche ist: zeitgeistig und anachronistisch zugleich, hochmodern, superdigital und vollanalog, hie und da „alt“ bis auf die dicken Metallknochen, und überdies so gereift und intuitiv bedienbar, dass es eine reine Freude ist.

Was dem Tester sehr zugute kam, der einfach keine Chance auf eine Bedienungsanleitung entdecken konnte, weder online noch auf Papier. Vielleicht ist der Vollverstärker Model 60n einfach noch zu neu. Vielleicht hat dieses kleine Wunder an Integration zwischen guter alter Zeit und gnadenloser Modernität aber auch kein Manual nötig, weil der „User“ auch ohne Hilfe so schnell unter die Häute von Gehäuse und App schlüpfen kann, als wäre er mit Kontaktöl überzogen.
App? Natürlich. Es geht gar nicht anders. Der Vollverstärker des Jahres 2024 ist nämlich ein Vollverstärker mit Streaming-Zusatz, der kein Zusatz mehr ist, weil Streaming im Vollverstärker Standard wird und nun ist. Genau so, wie es Kenner der Materie schon seit einigen Jahren prophezeien.

Musikdienste, Server und 60 Watt
Der Marantz 60n ist ein noch kompakt bauender 15-Kilogramm-Vollverstärker mit einer Konnektivität, die bei näherer Betrachtung völlig ausreichend und für einen HiFi-Fan in sich absolut stimmig ist. Abgesehen von kompletten Streaming-Optionen sind sowohl digitale als auch analoge Eingänge vorhanden, ergänzt durch einen MM-Phonoverstärker, USB-Schnittstelle und Kopfhörerbuchse.
HDMI stellt darüber hinaus den Kontakt zum TV-Gerät her, und zusätzlich gibt es Bluetooth. Dieses durchdachte Gesamtpaket sollte in den allermeisten Installationen völlig ausreichen und vor allem gewährleisten, dass der Vollverstärker auch nach Jahren noch nicht zum alten Eisen zählt.
Sehen wir uns zunächst die Streaming-Ausrüstung an. Sie bietet mit Bluetooth, Airplay, Roon-Vorbereitung, Spotify Connect und Tidal Connect die derzeit üblichen Technologien und stellt damit auch die aktuellen Dienste zur Verfügung. Das zu bedienen gelingt natürlich nicht auf dem runden Display auf der Verstärker-Front, sondern nur über eine App. Die heißt bei Marantz „HEOS“ und steht für iOS und Android zum Download.

Sie ist erfreulich übersichtlich, leicht verständlich und vor allem schnell. Sie findet auch problemlos weitere lokale Ressourcen wie einen Musikserver und lädt Albencovers in kurzer Zeit. Erwähnenswert ist auch die Übersichtlichkeit: Die praxisgerechte Programmierung erlaubt die direkte Wahl der Quellen einschließlich sämtlicher Verstärkereingänge. Sogar die Klangsteller können so bequem betätigt werden.
Übrigens: Die Grafik ist „luftig“ genug ausgeführt, um selbst auf einem Handy zufriedenstellend zu laufen. Wie immer dürfte aber ein Tablet letztlich doch die bessere Wahl sein. Übrigens reicht es völlig aus, die App zu aktivieren, sie schaltet dann auch gleich den Verstärker mit der letzten Lautstärkeeinstellung ein.
Und wer die Bluetooth-Verbindung erstmals benutzen will, bemüht den auf der Model-60n-Rückseite etwas versteckt platzierten „Connect“-Knopf sozusagen als Kennenlern-Schalter. Was uns zum eingebauten DAC bringt, der in Sachen PCM auf maximal 192 kHz/24 Bit ausgelegt ist, aber noch eine DSD-Überraschung bereithält.
DSD? Ja!
Mit DSD/DSF, FLAC, ALAC und WAV zeigen sich Streamer und Wandlertrakt für alle Eventualitäten gerüstet. Dabei ist DSD auf vierfach begrenzt, also auf eine Sampling-Rate von 11,2 Megahertz. Mehr braucht ohnehin kein Mensch, was im Übrigen auch für PCM mit 24/192 gilt. Hier offenbart sich Model 60n also erneut als grundlegend vernünftig und praxisgerecht ausgelegt.
Das unterstreicht auch die Tatsache, dass eine Systemfernbedienung beiliegt und dass die wichtigsten Bedienoptionen auf schon altehrwürdige Art auch auf der Frontplatte zugänglich sind, einschließlich des wichtigen Balance-Stellers. Die Geber-Knöpfchen laufen satt und nicht zu leichtgängig, so wie die ganze Verarbeitung vertrauenerweckend und grundsolide ist. Ach ja: Der Gehäusedeckel klappert nicht.

Diesem ohnehin schon überzeugenden Gesamtpaket sogar noch einen Phono-Eingang zu spendieren, bezeugt den Mut der Designer. Ooder ihre HiFi-Verrücktheit, ganz wie man es sehen will. Zwar ausschließlich für MM-Tonabnehmer geeignet, bringt er gleich wieder eine positive Überraschung: Der Phonozweig ist, genau wie der gesamte Verstärkertrakt, außerordentlich rauscharm.
Das weist auch unsere Messtechnik nach. Und an dieser Phonostufe gibt es zudem klanglich rein gar nichts auszusetzen. Das lässt einen echten Vinylfan durchaus auf die Idee kommen, auf MC-Betrieb hochzurüsten. Und zwar, um die vorbildliche Rauscharmut nicht zu beeinträchtigen, mithilfe eines MC-Übertragers. Und damit ist die etwas hohe Eingangskapazität des MM-Eingangs auch kein Thema mehr.

Alleskönner? Nahe dran.
Und so hätten wir im Model 60n (fast) die berühmte eierlegende Wollmilchsau gefunden: Streaming, Phono, digitale und analoge Eingänge, Bluetooth, perfektes, aber nicht überfrachtetes Bedienkonzept. Nicht zu vergessen: TV-Eingang. Jetzt muss nur noch der Klang stimmen.
Und an dem fallen zuerst zwei Dinge auf: erstens die schon erwähnte vorbildliche Rauscharmut. Da herrscht tiefe Stille. Sie erzeugt einen rabenschwarzen Hintergrund und sorgt damit dafür, dass die Dynamik sich aus dem völligen Nichts heraus entwickelt. Das ist fast schon spektakulär und bewirkt subjektiv ein Klangbild mit enormer Tiefe und Dreidimensionalität.
Zweitens hört sich das alles zwar im Grundcharakter eher schlank, sauber und nicht willentlich geschönt an, aber dennoch weit kräftiger, kontrollierter und antrittsstärker, als die Leistungsdaten auf dem Papier es vermuten lassen. Und er ist im besten Sinne schnell. Sehr schnell.
Um das zu bewahren, sollte man keine Stromfresser an die Klemmen binden. Tonal wirkt der Marantz ausgeglichen und sehr, sehr ehrlich, dennoch harmonisch und vielleicht mit einem winzigen Einschlag von Kühle; „Crispy“ wird das gern genannt, und es sorgt durchaus für mehr Transparenz. Ist das jetzt als Kritik zu verstehen? Nein.

Notizen aus dem Testlabor
Frequenzgänge: Oben, ausgedehnter Übertragungsbereich, keine erkennbare Lastabhängigkeit (8-2 Ω), entsprechend hoher Dämpfungsfaktor. Mitte, Digitalton mit fs 192/96/44,1 kHz. Unten, Phono/mit System etwas früh einsetzender Hochtonabfall bedingt durch die recht hohe Eingangskapazität von 340 pF. Extrem rauscharm: Line 111 dB (10 V, bew.) Phono 85/79 dB (1-kΩ-Abschluss/mit System).
Klirrharmonische 1 kHz über Leistung (4 Ω): verzerrungsarm, THD <0,01 % bei 100 W. Leistung übertrifft Herstellerangaben: Sinus/Musik 8 Ω: 67/76 W („60 W“), 4 Ω: 102/119 W („80 W“). AUDIO-Kennzahl 58

Marantz Model 60n: Fazit
Der Marantz Model 60n macht alles richtig und nichts falsch. Wäre das alles, könnte man lobend zur Tagesordnung übergehen. Doch das trifft es nicht ganz. Dieser Verstärker ist, ja, angenehm. In jeder Beziehung. Deshalb: glasklare Kaufempfehlung, von Herzen.
Technische Daten: Marantz Model 60n
Vollbild an/ausTechnische Daten | Marantz Model 60n |
---|---|
ANSCHLÜSSE | |
Phono MM/MC | ja/nein |
Hochpegel Cinch/XLR | ja/nein |
Digital In (opt., Coax, USB) | ja / ja / ja |
Tape Out | nein |
Pre Out Cinch/XLR | ja/nein |
Kopfhörer | 6,3 mm Klinke |
FUNKTIONEN | |
Fernbedienung | ja |
Klangregler/abschaltbar | ja/ja |
Loudness | nein |
Garantiezeit | 2 Jahre |
Maße (B x H x T) | 44,2 × 13,0 × 43,1 cm |
Gewicht | 15 kg |
Besonderheiten | Streaming, App |
Marantz Model 60n: Angebote und Vergleich
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