Plattenspieler
Technics SL-1200GR im Test
Leichter Teller, starker Motor, direkt verbunden. Mit dem SL-1200GR bringt Technics eine Legende zurück in bezahlbare Regionen. Wir haben den Plattenspieler getestet.

Zugegeben: Einigen gestandenen High-Endern schienen die berühmten Technics-Direkttriebler immer etwas suspekt. Galt doch alles, was mit DJs zu tun hatte, als Blasphemie. „Die drehen den Teller rückwärts!“, hieß es da entrüstet, ganz zu schweigen von wildem Herumgefuhrwerke mit Tonabnehmern, die dem Analog-Fanatiker als (teures) Heiligtum gelten.
Der arme Technics SL1210 fiel, obwohl völlig unschuldig, dieser Einstellung gleich mit zum Opfer und fand deshalb kaum Eingang in die Wohnzimmer und „Hörräume“ der HiFi-Freaks. Zumal japanische Direkttriebler Ende der 80er-Jahre schnell die Gunst des Publikums verloren und riemengetriebene Laufwerke, Subchassis-Spieler und Massekonzepte ihren Siegeszug antraten.
Aber eine kleine Fraktion beharrte doch auf dem Direktantrieb oder seinen Varianten. Dort stand nämlich Profitechnik auf dem Programm, etwa die EMT-Studiolaufwerke oder die englischen Reibrad-Konstruktionen von Garrard. Ihre Benutzer schwärmten vom schieren Drehmoment und, daraus resultierend, von einem ganz besonderen Klang. Dem verfielen übrigens auch zahlreiche japanische HiFi-Freaks, die sich freilich gerne an europäischer Traditionstechnik – etwa dem besagten EMT – orientierten.
Mit dem Aufkommen der Retrowelle und angesichts des Hypes um die Schallplatte erlebt der Direktantrieb, der schon immer ein durchaus einleuchtendes Konzept darstellte, nun wieder ein Comeback, gekrönt vom letztjährigen Relaunch des Technics SL-1200GAE, dessen limitierte Stückzahlen angesichts der Nachfrage allerdings regelrecht verdampften. Und das nicht nur in den Transportkoffern der DJ-Fraktion; tatsächlich dürften nun auch zahlreiche Audiophile zugeschlagen haben, die den rechtsseitigen Pitchregler wahrscheinlich verschämt mit ihrem Mikrofaser-Staubtuch zudecken...

Doch nun gibt es höchst erfreuliche Nachrichten in puncto Direktantrieb: Die Japaner lassen ihrem Statement SL-1200GAE eine wesentlich preisgünstigere Version namens SL-1200GR folgen. Für 1500 Euro Listenpreis ist jetzt eine Version der Plattenspieler-Legende erhältlich, angesichts derer man das Wörtchen „abgespeckt“ nicht in den Mund nehmen sollte, so viel gleich mal vorweg.
Dieselbe Maschine?
Natürlich steht sofort die Frage im Raum, wo denn nun die Unterschiede zu den beiden „großen“ Modellen liegen. Fündig wird man diesbezüglich sofort am Motor und beim 9-Zoll-Tonarm. Letzterer blieb technisch gleich, besitzt aber kein Magnesiumrohr mehr, sondern eines aus Aluminium. Kein Beinbruch, wenn Sie uns fragen. Der eisenlose Direktantriebsmotor inklusive Steuerung wurde dagegen hier völlig neu konstruiert und besitzt jetzt nur noch einen einteiligen Rotor, der das Polruckeln ebenfalls zuverlässig minimieren soll.
Der Plattenteller, beim Topmodell eine 3,5-Kilogramm-Angelegenheit mit einer Dreifach-Zapfenverbindung zum Motor, ist beim SL-1200GR nur noch zweieinhalb Kilo schwer und besteht aus Alu-Druckguss mit einer Gummischicht auf der Unterseite. Er sitzt mit einer Konusverbindung auf der Motorwelle und trägt den fest angeschraubten Ringmagneten (Rotormagneten) des Motors auf seiner Unterseite.

Das Gesamtgewicht des Laufwerks beträgt nun gute elf Kilogramm. Das bedeutet, dass auch das Chassis Federn lassen musste. Eine Alu-Druckgussplatte sowie ein Unterbau aus Verbundwerkstoffen machen dennoch einen „mausetoten“ Eindruck: An diesem Aufbau vibriert rein gar nichts, wozu auch die vier schwingungsdämpfenden, fein höhenverstellbaren Füße beitragen. Hier wurden die Technik aus dem Topmodell übernommen und lediglich die Dämpfungseigenschaften an das verringerte Gewicht angepasst.
Gott sei Dank blieb es auch bei dem feinen Tonarm, dessen drehbare Höhenverstellung unten am Schaft hervorragend funktioniert. Das kann man von dem diffus arbeitenden Lift leider nicht behaupten: Hier ist Vorsicht angesagt, um den Tonabnehmer (der womöglich kaum sichtbar schon abgesenkt ist) nicht zu beschädigen. Außerdem tendiert die leidige, so gar nicht zu der Qualität des Tonarms passende Geschichte dazu, auf der Auflagefläche des Lifts zu springen.
Hörtest: Entschlossen und lautlos
Zum Hörtest haben wir dem Technics ein Ortofon Quintet Blue spendiert, das sich in dem flexiblen, präzisen Tonarm mit seinen korrekten Skalierungen leicht justieren ließ. Die simpel entfernbare Haube (hübsch mit ihrer runden Kuppel über der kardanischen Aufhängung) blieb dazu unten, der Pitchregler in „Reset“-Position. Wer noch nichts mit einem Profiteil zu tun hatte, freut sich dann über das blitzartige Hochlaufen des Tellers und die präzise Geschwindigkeitsregelung. Und natürlich über den lautlosen Lauf des Schönlings. Wussten Sie, dass Antriebs-Gummiriemen eigentlich nie so unhörbar arbeiten?
Der Technics lässt von Anfang an keine Zweifel daran aufkommen, dass hier ein Direktantrieb arbeitet: Er „marschiert“ druckvoll und fulminant durchs Geschehen. Dabei könnte man sein Timing als „entschlossen“ charakterisieren, während sein perliger, frischer Tonfall nie schwermütig oder gar langsam wird.

Die dem Antriebsprinzip inhärente Energie setzt sich klar auf das Klangbild durch, verleiht ihm Wucht und Fülle, jedoch auch etwas weniger Zartheit, als man das von den vielleicht etwas gefühlvoller agierenden Subchassis-Spielern gewohnt sein mag. Der begeisterte Zuhörer dürfte schnell erkennen, dass beide Mütter schöne Töchter haben, und schreibt den Technics als Zweitlaufwerk auf die Wunschliste – wohl wissend, dass sich die Rangordnung womöglich nicht halten wird...
Eine klare Alternative
Zum 3500 Euro teureren Technics SL-1200G stellt der Newcomer eine klare Alternative dar. Von der wir jetzt frech behaupten, dass sie selbst für notorische Erbsenzähler nur so viel schlechter ist, dass sich keine Diskussion über das Thema lohnt. Ein größeres Lob kann man dem Newcomer kaum ausstellen. Oder doch? DJs sollten jetzt weghören: Für die ist das Gerät nämlich viel zu schade!