Vergleichstest

Standlautsprecher JBL K2 S 9900, Tannoy Kingdom Royal

15.3.2011 von Wolfram Eifert

Es gibt noch Schallwandler, die üppige Membranflächen besitzen, schon mit kleinen Verstärkern in Fahrt kommen und richtig erwachsen klingen. JBL und Tannoy fertigen solche Kraftpakete - mit einem hochmodernen Innenleben.

ca. 2:20 Min
Vergleich
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Standlautsprecher JBL K2 S 9900, Tannoy Kingdom Royal
Standlautsprecher JBL K2 S 9900, Tannoy Kingdom Royal
© Julian Bauer
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Der JBL-Tieftöner baut extrem tief, ist vielfach belüftet und wird von einem sündhaft teuren Alnico-Magneten befeuert.
© Archiv

Kleiner heißt vielfach feiner, doch wer bei technischen Produkten das Platzsparen allzu sehr auf die Spitze treibt, muss mit schmerzhaften Abstrichen bei der Qualität rechnen. Sicher ist es reizvoll, wenn eine Digitalkamera in die Hemdentasche passt, doch werden Objektive mal so winzig, dass kaum noch Licht durch die Linsen dringt, stößt auch der beste Bildprozessor an seine Grenzen.

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Boxen. Hier haben sich die Verkaufszahlen über die Jahre zum Vorteil filigran geformter Produkte verschoben, dennoch ist die Miniaturisierung nicht beliebig steigerungsfähig. Um einen gewissen Schalldruck zu erzielen, muss ein Wandler ein bestimmtes Volumen verschieben, definiert als Fläche mal Auslenkung.

Wenn Boxen und Membran- flächen schrumpfen, müssen die Auslenkungen zwangsläufig wachsen. Das funktioniert innerhalb gewisser Grenzen, denn moderne Magnetsysteme und Aufhängungen arbeiten ungleich linearer als noch vor wenigen Jahren. Doch das Ende der Fahnenstange im Wettlauf "Immer kleiner und trotzdem nicht schlechter" dürfte bald erreicht sein, weil die Systeme an Grenzen stoßen, die nicht mehr verrückbar sind.

Klanglich besonders anspruchsvolle Hörer, denen die Schalldruckfähigkeiten marktüblicher HiFi-Lautsprecher nicht genügen, weil sie gerne sehr laut hören oder große und energiehungrige Räume bespielen, werden daher auch in Zukunft auf großformatige Boxen angewiesen sein.

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Der Kompressionstreiber der JBL und sein ultrastarker Antrieb residieren in einem stabilen Metallgehäuse.
© Archiv

Käufer einer JBL K2 S 9900 oder der noch etwas größeren Kingdom Royal von Tannoy erwerben aber keineswegs nur eine Garantie für souveräne Pegel, sondern ein ganzes Bündel klanglicher Vorzüge, die erst im Zusammenspiel ihren vollen Reiz entfalten.

Ein oft verkannter Vorzug großer Membranen ist die bessere Kopplung zwischen der schwingenden Fläche und der Luft im Raum. Ähnlich ergeht es einem Taucher, der mit breiten Schwimmflossen sehr viel schneller durchs Wasser kommt als mit schmalen. Größere Lautsprecher-Schwingflächen bei sonst unveränderten Parametern reduzieren folglich den Bedarf an Antriebsenergie. Das erleichtert Verstärkern die Arbeit, ganz im Sinn eines audiophilen Klangs.

Besonders gut zum Tragen kommt dieser Aspekt, wenn sich zum kleinen Leistungshunger ein gutmütiger Lastverlauf gesellt. Speziell Röhrenverstärker bevorzugen Boxen mit eher hoher Impedanz und geringen Schwankungen. Eine pflegeleichte, hochohmige Last attestieren beide Hersteller ihren Boliden, doch nur die JBL löst diesen Anspruch auch ein.

Wie stand es um die audiophilen Talente? Das Etikett "tonal sehr ausgewogen" dürfen beide Lautsprecher für sich beanspruchen, wobei die Tannoy stets eine Spur wärmer und grundtonhaltiger klang als die eher monitorhaft-trocken abgestimmte JBL, die ohne weiteres auch als Profiwandler durchgehen würde.

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Die hartverdrahtete Weiche der Tannoy besteht aus zwei Gruppen für hohe (oben) und tiefe (Mitte) Anteile. Das Netzwerk als Ganzes schwimmt in dämpfenden Puffern (unten) aus Gummi.
© Archiv

Wie grundverschieden beide Modelle musikalische Feinheiten behandeln, wurde deutlich, als die taiwanesische Pianistin und Sängerin Vienna Teng ihren "Grandmother Song" aus dem Album "Inland Territory" zum Besten gab.

Korrektheit oder Gefühle

Die JBL schien trotz maximaler Präzision und Sauberkeit vor allem um Nichteinmischung bemüht. Die Tannoy rückte der zierlichen Sängerin ungleich dichter zu Leibe und wirkte erheblich beseelter und teilnahmsvoller. Tengs rhythmisches Klatschen kam bei der JBL, als wäre es nachträglich zugemischt, bei der Tannoy hingegen gehörte es wie selbstverständlich zur Darbietung.

Am Ende gilt es abzuwägen. Die JBL punktet mit der etwas größeren Neutralität und liegt in Sachen Pegel uneinholbar vorn, was ihr in der Teilwertung "Grenzdynamik" einen deutlichen Vorsprung verschafft. Doch die Kingdom Royal beweist mehr Feingefühl und eine genauere Raumdarstellung, was ihr auf den letzten Metern noch zum Sieg verhilft.

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