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Neuer Mobilfunkstandard

So bereiten sich Telekom & Co. auf 5G vor

Die Mobilfunker sind jetzt schon dabei, den nächsten Mobilfunkstandard 5G zu testen. Die Zeit drängt: Die digitale Gesellschaft fordert intelligente Netze.

Autor: Josefine Milosevic • 11.4.2016 • ca. 3:40 Min

5G - MWC Pressekonferenz
Premiere auf dem MWC: Tim Höttges, Vorstandsvorsitzender, und Claudia Nemat, Vorstandsmitglied Europa und Technik der Deutschen Telekom, zeigen das weltweit erste komplette 5G-System.
© MWC

Ein treibender Faktor bei der Entwicklung von 5G ist die zunehmende Digitalisierung der Bevölkerung weltweit: Die schnelle Verbreitung des Internets stellt ganze Branchen vor große Herausforderungen und ruft vor allem die Telcos auf den Plan. Schließlich sollen sie in erster Linie f...

Ein treibender Faktor bei der Entwicklung von 5G ist die zunehmende Digitalisierung der Bevölkerung weltweit: Die schnelle Verbreitung des Internets stellt ganze Branchen vor große Herausforderungen und ruft vor allem die Telcos auf den Plan. Schließlich sollen sie in erster Linie für die schnellen Datennetze sorgen, die die Lebensader der digitalen Welt sind. Daher beeilen sich die Netzbetreiber nicht nur mit dem LTE-Ausbau, sondern treiben auch den nächsten Mobilfunkstandard 5G voran.

Telekom mit dem weltweit ersten 5G-System

Dass die Deutsche Telekom hier Vorreiter ist, demonstrierte Claudia Nemat, Vorstand Europa und Technik, mit einer Premiere auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Sie verkündete gemeinsam mit Technikchef Bruno Jacobfeuerborn den Start des ersten funktionstüchtigen 5G-Systems mit einer Latenzzeit von weniger als einer Millisekunde. "Wir sind bei 5G voll im Plan und treiben die Standardisierung und Entwicklung weiter voran, damit wir 2020 oder sogar früher starten können", so Nemat.

Damit es nicht bei vollmundigen Versprechungen bleibt, forschen die Bonner schon seit einem Jahr in ihrem eigens dafür gegründeten Labor 5G:haus, in dem sie mit Partnern wie Huawei und Samsung unterschiedliche Technologien prüfen und bewerten. Und genau dort erreichte die Telekom noch vor dem MWC bei einem Versuch mit einer neuartigen Millimeter-Wellentechnologie Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 70 Gbit/s.

Die Multi-Lichtstrahltechnologie, die für ihren Einsatz sehr kleine Miniatur-Antennen mit hohem Richtstrahl nutzt, steigert selbst in Gebäuden und dicht bevölkerten Orten das Datentempo und die Kapazität in den Mobilfunknetzen enorm: Damit kann jeder eingebuchte Nutzer Datenraten von bis zu 20 Gbit/s erreichen, was rund 60 Mal so schnell ist wie die derzeit schnellsten Breitbandzugänge. So wird etwa ein hochauflösendes Video mit 100 GB blitzschnell in gerade mal 40 Sekunden heruntergeladen.

Handys im Wandel
Mobiltelefone im Wandel
© TU Dresden

Vodafone wird zur Gigabit-Company

Dass die Zukunft eine neue Netzqualität fordert, ist auch Vodafone bewusst, die auf der Barcelona-Messe eine 5G-Partnerschaft mit den Netzausrüstern Huawei, Nokia und Ericsson sowie den Chipherstellern Intel und Qualcomm sowie einigen Forschungsinstituten verkündete. Interessant dabei ist, dass der Mobilfunker mit allen drei konkurrierenden Netzwerkanbietern gemeinsam arbeitet, was bislang nicht der Fall war. Schließlich treiben die Netzausrüster das Thema 5G agressiv voran und stehen auch zu den Providern im Wettbewerb. Neben Software- und Hardware-Tests im hauseigenen 5G-Lab Germany sind Testläufe in ausgewählten Märkten geplant, bei denen 5G im Radio- und im Core-Netz von Vodafone getestet wird.

Doch auch zeitnah schreitet der integrierte TK-Anbieter ambitioniert voran: Noch in diesem Jahr wollen die Düsseldorfer ihr LTE-Netz mit 750 Mbit/s ausrollen und via Kabel an ausgewählten Standorten gar 1 Gigabit/s anbieten. 2017 will die Deutschland-Tochter des britischen Mobilfunkers mit 4,5G einen Vorläufer der nächsten Mobilfunkgeneration einführen, mit dem bis zu 1,2 Gbit/s möglich sind und der schon letztes Jahr als Prototyp gezeigt wurde.

Telcos müssen sich neu positionieren

Dass Umdenken bei den Telcos gefragt ist, die bislang ihre Netze hauptsächlich auf Menschen ausgerichtet haben, dafür sorgt die Industrie. Schon in vier Jahren soll es laut Markus Böhlen, Director Devices, SIM & Logistic von Telefónica Deutschland "über 35 Milliarden vernetzte Geräte auf der Erde geben". Dabei werden Smartphones nicht den Hauptanteil ausmachen, die derzeit noch den Mobilfunkmarkt beherrschen. Vor allem die Anforderungen der Echtzeit-Anwendungen im M2M-Bereich, etwa bei Fern-Operationen und auch in der Autoindustrie, die fleißig am Connected Car und selbstfahrenden Fahrzeugen bastelt, treiben das Internet der Dinge voran.

Die neue Mobilfunk-Ära fordert nicht nur einen zügigen Ausbau von leistungsfähigen und schnellen 5G-Netzen, sondern auch den Wandel der TK-Betreiber zu breit aufgestellten Lösungsanbietern - da sind sich Experten wie Ansgar Schlautmann, Associate Director bei Arthur D. Little, sicher: "Das Internet-of-Things-Umfeld ist ein stark Ökosystem-getriebenes Modell: Man holt sich die Partner ins Netz, die für die jeweilige Funktion notwendig sind." Denn wenn sich die Mobilfunknetzbetreiber allein auf die Rolle des Netzlieferanten beschränken sollten, sieht er schwarz, "dass sie die Kosten für den Ausbau des schnellen Datennetzes stemmen können". So werden "die Kosten für mobile Internetverbindungen für die Verbraucher immer günstiger: Im Endkundenbereich gibt es immer mehr Wettbewerb, die Preise fallen. Somit macht Konnektivität nur einen geringen Teil in der Wertschöpfung aus. Die Anbieter sollten sich eher als Service Enabler positionieren, die neben Konnektivität auch Managed Services offerieren, um mit Gesamtlösungen die künftigen IoT-Nutzer bedienen zu können", so Schlautmann.